Merkel wirbt für ihre Flüchtlingspolitik
14. Dezember 2015Die Parteivorsitzende lobte den im Bundesvorstand vor dem Parteitag erarbeiteten Kompromiss, wonach die CDU keine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland festlegen will. "Doch wollen und werden wir die Zahl der Flüchtlinge spürbar reduzieren", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer kämpferischen Parteitagsrede mit Blick auf das im CDU-Bundesvorstand erarbeitete Papier zur Entschärfung der parteiinternen Debatte über die Flüchtlingspolitik. Zugleich stehe sie aber weiterhin zu ihrer Aussage: "Wir schaffen das". Sie könne dies sagen, weil es zur Identität Deutschlands gehöre, "Großes zu leisten". Kritiker warfen Merkel immer wieder vor, mit dieser Aussage im September der unkontrollierten Migration die Tür geöffnet zu haben.
Deutschland könne trotz des Ansturms von Hunderttausenden Schutzsuchenden seine Grenzen nicht schließen, rief Merkel den Delegierten zu. "Abschottung im 21. Jahrhundert ist keine vernünftige Option." Deutschland müsse ein weltoffenes und vielfältiges Land bleiben. Noch nie habe es soviel Bereitschaft zum Mitmachen und zum Anpacken gegeben. "Dieses bürgerschaftliche Engagement ist die beste und überzeugendste Antwort auf all die, die mit Hass und Hetze in ihrem Herzen versuchen, gegen Fremde Stimmung zu machen. Sie haben in unserem Land keine Chance."Die rund 1000 Delegierten feierten ihre Parteichefin. Nach der Grundsatzrede gab es minutenlangen fast euphorischen Applaus.
Historische Bewährungsprobe
In ihrer Rede betonte Merkel: "Wir haben es mit der größten Flüchtlingsbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg zu tun." Das sei eine historische Bewährungsprobe für Europa, bindet sie die europäischen Partner ein. Und sie sei überzeugt, dass Europa sie bestehe. Bislang habe Europa stets seine Prüfungen bestanden, wenn auch manchmal mit "Ach und Krach".
Die CDU-Chefin unterstrich: "Es lohnt sich, den Kampf um ein einheitliches europäisches Vorgehen zu gehen." Notwendig sei Solidarität in der EU ebenso wie eine enge Kooperation mit den Herkunfts- und Transitländern der Flüchtlinge. Dabei handele es sich "um dicke Bretter, aber wir müssen diese dicken Bretter bohren". Wir wollen hin zu einem einheitlichen europäischen Asylsystem mit einheitlichen Standards, um dann den Missbrauch systematisch bekämpfen zu können. Dabei betonte Merkel: "Wir müssen unsere Kräfte auf den humanitären Schutz konzentrieren, deshalb müssen wir abgewiesene Asylbewerber konsequenter zurückführen."
Schlüsselrolle für die Türkei
Die Kanzlerin räumte sie ein, dass Europa noch nicht das passende Rezept gegen Schleuser und zur Sicherung der EU-Außengrenzen gefunden habe. Dabei komme der Türkei eine Schlüsselrolle zu. Gemeinsam mit der Regierung in Ankara müssten die EU-Staaten Menschenhandel und Schleuserkriminalität stoppen.
Auf internationaler Ebene gehe es darum, die Fluchtursachen zu bekämpfen sowie um eine menschenwürdige Versorgung der Menschen in den Lagern in den Herkunftsregionen. Es sei nicht akzeptabel, dass internationalen Hilfsorganisationen wie dem UNHCR das Geld hierfür fehle, sagte Merkel unter Beifall der Delegierten. Die Finanzierungslücke müsse geschlossen werden, verlangte sie und kündigte eine Geberkonferenz an.
"Multikulti ist eine Lebenslüge"
Für Deutschland gehe es darum, die Flüchtlinge, die da seien, zu versorgen und sie in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Auch die Flüchtlinge seien aufgefordert, ihren Teil zur Integration beizutragen. "Unsere Gesetze stehen über Ehrenkodex, Stammes- und Familienregeln", sagt die CDU-Chefin. Gesetze, Werte und Traditionen müssten für ein Leben in Deutschland geachtet und die deutsche Sprache gelernt werden. Dies sei auch im Interesse der Flüchtlinge, denn niemand verlasse leichtfertig seine Heimat, so Merkel. Multikulti sei eine Lebenslüge, warnte Merkel.
Hinter der Skepsis vieler Menschen angesichts der vielen Ankömmlinge stehe derzeit auch Ungewissheit, was die große Zahl an Flüchtlingen an Veränderungen für das Leben in Deutschland bringe. Hier lägen aber auch Chancen.
CDU beschließt gemeinsame Linie zur Flüchtlingskrise
Die Delegierten des Bundespartags stellten sich hinter ihrer Parteichefin und beschlossen mit großer Mehrheit den vom Bundesvorstand erarbeiteten Leitantrag zu gemeinsamen Linien in der Flüchtlingskrise. Darin macht sich die CDU für eine spürbare Verringerung des Zuzugs stark, ohne Obergrenzen zu setzen.
qu/sti (dpa, rtr, afp, epd, phoenix)