Merkel sichert Tunesien weitere Unterstützung zu
14. März 2012
Berlin ist die erste Station auf seiner Europa-Reise, und das sei kein Zufall, betonte Tunesiens Regierungschef Hamadi Jebali nach seinem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Deutschland habe im Arabischen Frühling eine wichtige Rolle gespielt und die Revolution ohne jeden Vorbehalt unterstützt, sagte Jebali, dessen als gemäßigt konservativ-islamisch geltende Partei Ennahda bei den ersten freien Wahlen 2011 als klarer Sieger hervorgegangen war. Unter dem Regime des gestürzten Präsidenten Ben Ali saß Jebali 16 Jahre in Haft.
Merkel kündigte an, sich bei der Partnerschaft mit Tunesien nicht nur auf die wirtschaftliche Entwicklung zu konzentrieren, sondern auch den demokratischen Entwicklungsprozess fördern zu wollen. Die deutsche Regierungschefin stellte ihrem Gast Hilfe bei der Ausarbeitung einer Verfassung in Aussicht, aber auch im Bildungsbereich und bei der Aufarbeitung der Vergangenheit. Deutschland verfüge da vor dem Hintergrund der langen Teilung des Landes "über viel Erfahrung".
Kommissionen sollen sich regelmäßig treffen
Beide Politiker betonten, wie wichtig die Umwandlung von tunesischen Schulden in Höhe von 60 Millionen Euro sei. Frei werdende Mittel sollen in neue Projekte fließen. In diesem Zusammenhang verständigte man sich darauf, Kommissionen einzusetzen, denen Experten aus dem Wirtschaftsministerium, dem Auswärtigen Amt und dem Entwicklungsministerium angehören sollen. Es seien regelmäßigen Treffen geplant, sagte Merkel, die selbst noch nie in Tunesien war. Das könnte sich in absehbarer Zeit aber ändern, Jebali hat sie jedenfalls zu einem Besuch in seinem Land eingeladen.
Dann könnte sich die Kanzlerin ein Bild vom Engagement deutscher Unternehmen in Tunesien machen, von denen es ihren Angaben zufolge etwa 280 gibt. Sie bildeten den Kern für Ausbildung und Beschäftigung, sagte Merkel. Chancen sieht sie im Energie-Sektor, insbesondere bei den erneuerbaren Energien. Vor allem junge Menschen erwarteten von der neuen Regierung eine Zukunftsperspektive für sich und ihre Familien.
Jebali sieht sein Land als "verlässlichen Partner"
Der tunesische Ministerpräsident machte deutlich, dass die weitere Entwicklung entscheidend davon abhänge, Arbeitsplätze für seine Landsleute zu schaffen. Tunesien benötige wirtschaftliche und soziale Unterstützung, nur so sei Stabilität möglich. Er hoffe, Deutschland und Europa wüssten es zu schätzen, einen "verlässlichen Partner in Nordafrika zu haben", sagte Jebali unmissverständlich.
Einig war er sich mit seiner Gastgeberin in der Bewertung des syrischen Bürgerkriegs. Ohne Russland und China beim Namen zu nennen, appellierte Jebali an die beiden Staaten, nicht länger Beschlüsse des Weltsicherheitsrates der Vereinten Nationen mit ihrem Veto zu blockieren. Die Welt habe sich verändert, die Völker forderten ihre Rechte. Der tunesische Regierungschef ließ durchblicken, dass er die Kräfteverhältnisse im Sicherheitsrat für unzeitgemäß hält. "Warum ist Deutschland nicht dauerhaft vertreten?", fragte Jebali.
Warnung vor militärischer Intervention in Syrien
In einem Gespräch mit internationalen Medienvertretern hatte Jebali vor seinem Treffen mit der Bundeskanzlerin vor einem militärischen Eingreifen von außerhalb gewarnt. Syriens Präsident Baschar al-Assad würde ein solches Vorgehen dazu nutzen, sich als Opfer einer ausländischen Intervention zu inszenieren, befürchtet Jebali. Aber den Revolutionären in Syrien müsse auf jeden Fall geholfen werden. Auf welchem Wege, ließ er offen.
Autor: Marcel Fürstenau
Redaktion: Bernd Gräßler