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Politik

Merkel rügt rechte Wahlkampfstörer

9. September 2017

Politiker müssen sich nach Ansicht von Bundeskanzlerin Merkel  gegen Störaktionen im Wahlkampf stärker zur Wehr setzen und Präsenz zeigen. Auch die SPD verurteilte die Anfeindungen.

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Deutschland Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin
Bild: picture-alliance/dpa/P. Zinken

Nach erneuten Protesten und Störaktionen bei einer Wahlkampfveranstaltung von Kanzlerin Angela Merkel konzentriert die Union ihre Kritik auf die AfD. "Unter dem Banner der AfD stören Rechtsextreme fast alle unsere Veranstaltungen", sagte CDU-Generalsekretär Peter Tauber der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Diese selbsternannten Patrioten sind in weiten Teilen Rechtsextreme, die mit der einen Hand AfD-Plakate schwenken und die andere zum Hitlergruß heben." 

Merkel war am Freitag bei einem Wahlkampfauftritt in Vorpommern von rechten Demonstranten, darunter NPD- und AfD-Anhänger, mit Pfiffen und Buhrufen begrüßt worden. Ihr Auto wurde bei der Einfahrt mit Tomaten beworfen. Die CDU-Vorsitzende war zuvor bereits in Heidelberg mit Tomaten beworfen worden. Am Mittwoch wurde ihre Rede im sächsischen Torgau mit Buhrufen, Pfiffen und Hupen massiv gestört. 

"Flagge zeigen"

Merkel selbst betonte die Notwendigkeit, auch an Orten mit kritischen Situationen aufzutreten. Politiker müssten "gerade in die Orte gehen, wo Menschen mutig sind und sich dem trotzdem entgegenstellen", sagte Merkel in einer Wahlkampfzentrale der CDU in Berlin. "Da muss die Politik auch Flagge zeigen." 

Demonstranten bei einem Wahlkampfauftritt Merkels in Wolgast
Demonstranten bei einem Wahlkampfauftritt Merkels in Wolgast Bild: Reuters/F. Bensch

Im Augenblick begegneten ihr auf Wahlveranstaltungen viele "von der AfD und der NPD, einfach mit dem Ziel, andere Menschen beim Zuhören zu stören", berichtete Merkel. Das habe mit Toleranz wenig zu tun. "Das ist eine Art von Intoleranz, die sehr, sehr schwierig ist." 

Viele Menschen warteten darauf, dass Politiker kämen, andernfalls fühlten sie sich alleine gelassen, hatte sie zuvor in in Rostock bei einer Feier zum 65. Geburtstag der "Ostsee-Zeitung" gesagt.

Es sei jedoch sehr bedauerlich, dass die AfD nur dadurch Aufmerksamkeit erhalte, dass ihre Anhänger pfiffen und schrieen. "Ich meine, man kann unterschiedlicher Meinung sein, man kann diskutieren. Aber sich nur hinstellen und schreien, das finde ich ist zu wenig." Das habe mit politischer Kultur nicht sehr viel zu tun, sagte die Kanzlerin. 

Tauber sagte: "Aber das halten wir aus. Wir weichen nicht, das sind wir unseren Anhängern schuldig." Die Zahl der Interessierten sei um viel höher als die der "Schreihälse" - auch im Osten. 

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) verurteilte die Störaktionen. Sie sei erschrocken, dass "Krawallmacher von AfD und NPD" so brutal Merkels Veranstaltung gestört hätten, sagte Schwesig bei der Feier in Rostock. Es sei wichtig, dass Politiker die Möglichkeit hätten, auf Kundgebungen für ihre Politik zu werben. "Da darf man friedlich protestieren. (...) Aber was nicht geht, ist diese Grenzüberschreitung, die Krawallmacherei." 

In Nürnberg demonstrierten derweil rund 500 Menschen gegen den Auftritt des AfD-Spitzenkandidaten Alexander Gauland. Wie die Polizei mitteilte, gab es keine besonderen Vorkommnisse. Gauland trat in der Meistersingerhalle auf. 

Demonstration gegen eine AfD-Veranstaltung in Nürnberg
Demonstration gegen eine AfD-Veranstaltung in NürnbergBild: picture-alliance/Geisler-Fotopress/C. Hardt

Die Stadt Nürnberg hatte versucht, den Auftritt zu verhindern, indem sie den Mietvertrag mit der Halle kündigte. Sie reagierte damit auf Äußerungen Gaulands über die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung und SPD-Politikerin Aydan Özoguz. Medienberichten zufolge hatte der AfD-Politiker gesagt, Özoguz "in Anatolien entsorgen" zu wollen. Das Verwaltungsgericht Ansbach befand die Kündigung jedoch am Donnerstag für nicht rechtens. 


Die Richter urteilten, es sei nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erkennen, dass Gauland in Nürnberg Äußerungen abgebe, die die Menschenwürde einzelner Menschen angreife, diese verächtlich mache oder dass er insbesondere Volksverhetzung begehe. Gauland habe zwischenzeitlich öffentlich erklärt, dass er den Begriff "entsorgen" so nicht mehr verwenden werde. Dazu habe die Stadt nicht konkret genug Stellung genommen.

Die AfD-Politiker Meuthen (l.) und Gauland in Nürnberg
Die AfD-Politiker Meuthen (l.) und Gauland in NürnbergBild: picture-alliance/Geisler-Fotopress/C. Hardt

Derweil rechtfertigte der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen die umstrittenen Äußerungen Gaulands – sie seien noch "bescheiden" gewesen. "Er wollte ja nur Frau Özoguz entsorgen", sagte Meuthen bei der Wahlkampfveranstaltung in Nürnberg. "Unser Ziel ist es, die ganze Regierung Merkel rückstandsfrei zu entsorgen." 

In jüngsten Umfragen ist Merkels Union weiterhin klar stärkste Kraft mit 37 bis 39 Prozent - die SPD von Kanzlerkandidat Martin Schulz liegt gut zwei Wochen vor der Bundestagswahl auf dem Niveau ihres historisch schlechtesten Wahlergebnisses von 2009 oder sogar darunter. Befragungen für ARD, ZDF und "Stern"/RTL sehen die Sozialdemokraten bei 21 bis 23 Prozent. Eng ist das Rennen um Platz drei, wobei sich im ARD-"Deutschlandtrend" die AfD mit 11 Prozent vor die Linke (10), FDP (9) und Grüne (8) schiebt. Das ZDF-"Politbarometer" sieht FDP, Linke und AfD gleichauf (je 9) vor den Grünen (8). Im "Stern"/RTL-"Wahltrend ist die Linke mit 10 Prozent Dritte vor FDP und AfD (je 9) und Grünen (8).

stu/ml (afp, dpa)