Merkel log nicht bei No-Spy-Abkommen
30. Mai 2015Bundeskanzlerin Angela Merkel hat erstmals persönlich Vorwürfe zurückgewiesen, wonach die Bundesregierung die Öffentlichkeit über die Aussichten für eine deutsch-amerikanische Vereinbarung zum Verzicht auf gegenseitige Spionage, dem No-Spy-Abkommen, täuschte. Auf eine entsprechende Frage der "Süddeutschen Zeitung" antwortete Merkel: "Natürlich nicht. Es gab zwischen der amerikanischen Seite und uns Gespräche, die es möglich erscheinen ließen, ein solches Abkommen zu vereinbaren." Sie habe von dieser Einschätzung auch gewusst. "Nach bestem Wissen und Gewissen haben wir dazu gesagt, was wir zu dem jeweiligen Zeitpunkt wussten."
Im August 2013, wenige Wochen vor der Bundestagswahl, hatte der damalige Kanzleramtsminister Ronald Pofalla verkündet, die USA hätten nach massiven Spähvorwürfen den Abschluss eines No-Spy-Abkommens angeboten. Die grundsätzliche Bereitschaft zu solchen Verhandlungen sei zuvor von den USA angezeigt worden. Wie ein Rechercheteam des Nord- und Westdeutschen Rundfunks sowie der "Süddeutsche Zeitung" kürzlich berichtete, wusste Merkel aber zu diesem Zeitpunkt, dass die US-Regierung die Bitte nach einem solchen Abkommen lediglich zu prüfen bereit war. Eine Zusage habe es nicht gegeben. Später waren die Verhandlungen nach den Berichten ganz gescheitert.
Vernebelungstaktik vor Wahlkampf?
Laut Medienberichten hatten die USA der Regierung in der NSA-Affäre nie ein sogenanntes No-Spy-Abkommen angeboten. Das würde Aussagen des damaligen Kanzleramtschefs Ronald Pofalla und des früheren Innenministers Hans-Peter Friedrich widersprechen. Die SPD warf daraufhin der Union vor, zum fraglichen Zeitpunkt 2013 gelogen zu haben, um das Thema im Wahlkampf zu "vernebeln".
Zu konkreten Einzelheiten äußerte sich Merkel nun nicht. Sie sagte aber: "Es war im Interesse des Gedankens, dass Abhören unter Freunden nicht geht. Wir hätten nicht verantwortlich gehandelt, wenn wir die Möglichkeit nicht aufgegriffen hätten."
pab/stu (dpa, afp, rtr)