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Merkel in Island: Gemeinsam das Klima schützen

20. August 2019

Deutschland und die nordischen Staaten wollen in Fragen der Klimapolitik enger zusammenarbeiten. Merkel trifft die Regierungsspitzen der skandinavischen Länder, die beim Thema Klima höchst ambitioniert vorangehen wollen.

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Bundeskanzlerin Merkel in Island
Bundeskanzlerin Angela Merkel (vorne) mit skandinavische Regierungsvertreter nahe ReykjavikBild: picture-alliance/E. Bjarnason

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich in Island ein Bild von den Naturgewalten des Landes gemacht und mit den Regierungschefs Skandinaviens über drängende Klimafragen gesprochen. Die skandinavischen Regierungsspitzen und sie seien sich darüber einig, dass der Klimawandel inzwischen sichtbar werde, sagte die CDU-Politikerin im Anschluss an ein Arbeitsmittagessen auf der Insel Videy bei Reykjavik.

Dies gelte besonders in den nordischen Ländern, aber auch in Deutschland, sagte Merkel. In Island habe man dies erst kürzlich dadurch gesehen, dass man sich von dem Gletscher Okjökull habe verabschieden müssen. Wissenschaftler hatten den Okjökull auf einer Abschiedszeremonie für tot erklärt, nachdem er bereits vor gut fünf Jahren seinen Status als Gletscher verloren hatte. "Der Preis des Nichtstuns wird mit Sicherheit höher sein als der Preis des Handelns", sagte die Kanzlerin.

Nachhaltige Energieerzeugung

Merkel zeigte sich beeindruckt von dem Geothermie-Kraftwerk Hellisheidi, das sie kurz vor dem Treffen mit den Regierungschefs besichtigt hatte. Es sei ein wichtiger Punkt ihrer Reise gewesen, dort die nachhaltige Art der Energieerzeugung gezeigt zu bekommen. In Hellisheidi denke man konsequent in Kreisläufen. "Das Denken in Kreisläufen ist der Schlüssel, den wir uns ganz klar vornehmen müssen, um die globalen Herausforderungen zu bewerkstelligen."

Bundeskanzlerin Merkel in Island
Die Kanzlerin mitten im Wasserdampf eines Geothermie-Kraftwerks in IslandBild: picture-alliance/G. Bergmann

Hellisheidi ist das größte Kraftwerk seiner Art in Island. Dort produzieren die Isländer aus heißem Wasser und Dampf Heizenergie und Strom. Im Rahmen eines Projektes wird auf dem Gelände des Kraftwerks zudem klimaschädliches CO2 aus der Luft eingefangen und in Gestein gespeichert. Ein Video von Regierungssprecher Steffen Seibert zeigte, wie Merkel durch den dichten Dampf ging und sich die Funktionsweisen eines Bohrlochs erklären ließ.

Die Kanzlerin nahm als Gast am informellen Sommertreffen der skandinavischen Regierungschefs teil. Die Länder im hohen Norden wollen großteils deutlich früher als die Bundesregierung das Ziel der Klimaneutralität schaffen, Island beispielsweise bereits 2040 und damit zehn Jahre vor Deutschland. Deutschland bekenne sich zum Zieljahr 2050, sagte Merkel.

Kritik an Merkel

Die Bundeskanzlerin hatte sich einst den Beinamen "Klimakanzlerin" erworben, unter anderem wegen einer Reise im Jahr 2007 mit ihrem damaligen Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD), mit dem sie in roter Outdoor-Jacke vor einem grönländischen Gletscher posiert hatte. Aus Sicht von Umweltverbänden hat Merkel diesen Namen aber längst nicht mehr verdient. Aktivisten werfen Merkel unter anderem vor, in Brüssel strengere Klimaschutzvorgaben für die Autoindustrie verhindert zu haben.

Das Klimaschutzziel für 2020, den Treibhausgas-Ausstoß um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken, wird Deutschland klar verpassen, das 2020-Ziel von einer Million Elektroautos auf deutschen Straßen auch. Umweltschützer hoffen dennoch, dass Merkel auf den letzten Metern ihrer Amtszeit - spätestens 2021 soll Schluss sein - noch einmal richtig Dampf macht im Kampf gegen die Erderhitzung.

Merkel erinnert sich an Vulkanausbruch

Bereits nach ihrer Ankunft hatte Merkel auf die Kräfte der Natur hingewiesen, die man in Island besonders stark wahrnehmen könne. Ihre bisherige Bekanntschaft mit dem Land sei gewesen, dass sie wegen des Ausbruchs des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull 2010 nur über Umwege aus Amerika nach Deutschland habe zurückreisen können, sagte sie in der Sommerresidenz von Islands Ministerpräsidentin Katrín Jakobsdóttir im Thingvellir-Nationalpark bei Reykjavik.

Island Angela Merkel und Katrin Jakobsdottir
Angela Merkel mit der isländischen Ministerpräsidentin Katrin Jakobsdottir im Thingvellir-Nationalpark am Rande des Treffens der skandinavischen RegierungschefsBild: picture-alliance/dpa/AP/E. Bjarnason

Die Aschewolke des Vulkans hatte damals den Flugverkehr in weiten Teilen Europas lahmgelegt. "Ich erwähne das deshalb, weil wir am Beispiel von Island noch einmal stärker lernen können, dass der Mensch mit der Natur pfleglich umgehen muss und dass er ein Stück Demut zeigen muss auch gegenüber der Natur", sagte Merkel. Es tue der Menschheit gut, ab und zu daran erinnert zu werden, welche Kraft, aber auch welche Schönheit die Natur habe, fügte sie hinzu.

Der Greenpeace-Energieexperte Niklas Schinerl forderte konkrete Taten Merkels. "So wichtig der Respekt vor diesem Planeten ist, so klar ist auch, dass nur entschlossene Schritte weg von Kohle, Öl und Gas ihn retten werden", erklärte er. Merkel müsse den Erhalt unserer Lebensgrundlage zur Chefsache erklären und den  klimaverträglichen Wandel in Deutschland beschleunigen.

Klima-Plattform

Sechs Staaten gaben dafür die Gründung einer Plattform bekannt. Der Auftritt beim UN-Klima-Gipfel in New York im September soll eng abgesprochen werden. Norwegens Ministerpräsidentin Erna Solberg kündigte an, dass die nordischen Länder Island, Norwegen, Schweden, Dänemark und Finnland dazu auch über neue Klimaschutzziele nachdächten, damit die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad begrenzt werden könne. Nötig sei auch eine Abstimmung etwa über den Schutz des Regenwaldes. Sowohl Deutschland als auch Norwegen als größter Geldgeber für den Erhalt des Amazonas-Waldes haben Mittel zurückgezogen, weil der brasilianischen Regierung eine verstärkte Abholzungs-Politik vorgeworfen wird.

Bundeskanzlerin Merkel in Island
Angela Merkel mit nordischen Premierministern: Stefan Lofven (Schweden), Katrin Jakobsdottir (Island) und Erna Solberg (Norwegen) in ReykjavikBild: picture-alliance/E. Bjarnason

Merkel sagte, in Fragen des Klimawandels, einer multilateralen Weltordnung und den Vorstellungen der Rechtsstaatlichkeit sei man sehr eng beieinander. Sie kündigte ein verstärktes deutsches Arktis-Engagement an und forderte, dass die EU als Beobachter im Arktis-Rat ernstgenommen werden müsse. Diesem gehören Kanada, die USA, Russland, Island, Finnland, Norwegen, Schweden und Dänemark an. Deutschland hat einen Beobachterstatus.

ni/st (dpa, rtr)