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Balkanstaaten setzen weiterhin auf die EU

Srecko Matic, z. Zt. Paris5. Juli 2016

Die Staaten des westlichen Balkans haben klare EU-Perspektiven, auch nach dem britischen Referendum, so die Hauptbotschaft des Gipfeltreffens in Paris. Ein neues Jugendwerk soll die Region schon jetzt enger verbinden.

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Balkan-Gipfel in Paris (Foto: Getty Images/AFP/S. de Sakutin)
Bild: Getty Images/AFP/S. de Sakutin

Endlich mal eine gute Botschaft für den Westbalkan. Das Brexit-Votum verschlechtert nicht die Chancen der Staaten des westlichen Balkans auf einen EU-Beitritt, verkündeten Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Staatschef François Hollande beim Westbalkan-Gipfel in Paris. Die EU-Beitrittsperspektive bleibe erhalten, auch nach dem britischen "Nein", sagte Merkel im Elysée-Palast. "Es hat sich mit der Entscheidung von Großbritannien nichts geändert."

In Paris berieten die Regierungschefs der sechs Westbalkanstaaten Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Serbien mit Vertretern der EU und der EU-Mitgliedstaaten Deutschland, Frankreich, Italien, Kroatien, Österreich und Slowenien. Es war der dritte Westbalkangipfel nach einem ersten Treffen 2014 in Berlin und einem zweiten 2015 in Wien. Neben den weiteren Integrationsschritten für die sechs Länder aus der Region wurde auch über Wirtschaftsprojekte, den gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus und die Flüchtlingskrise gesprochen.

Konsolidierung vor Erweiterung?

Von der hochkarätig besetzten Konferenz wurde somit ein starkes Signal gesendet. Ja, der Westbalkan habe eine klare europäische Perspektive. Ja, man wolle die sechs Länder aus der Region schneller an die EU heranführen. Nur: Wie soll das gehen? Der Schock nach dem britischen Referendum ist noch frisch.

Westbalkan-Konferenz in Paris (Foto: picture-alliance/dpa/E. Laurent)
Merkel (l.) sieht Brexit nicht als Hindernis für EU-ErweiterungBild: picture-alliance/dpa/E. Laurent

Mit dem Brexit hat die Bereitschaft neue Mitgliedsländer aufzunehmen bei anderen einen herben Dämpfer erlitten. Selbst EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ist der Meinung, man werde auf absehbare Zeit keine neuen Mitglieder mehr aufnehmen. Konsolidierung gehe vor Erweiterung, so die Devise in Brüssel.

Es gehe letztlich darum, die festgelegten Bedingungen zu erfüllen, "um einen Beitrittsprozess voranzubringen", sagte Merkel in Paris. "Und da hat jedes Land einen anderen Stand erreicht." Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini bekräftigte: "Wir sind entschlossen, den Prozess einer EU-Erweiterung fortzusetzen."

Und es geht voran: Auf dem Gipfel wurde verkündet, dass Serbien ab sofort zwei strittige Kapitel (23/24) in den Verhandlungen um den EU-Beitritt eröffnen kann. Regierungschef Aleksander Vučić, sichtlich erfreut ob des Abkommens, erklärte: "Die EU ist der Platz, wo die Zukunft für unsere Völker und unsere Länder am Besten ist." Bis zu einem EU-Beitritt seien aber noch "viel Arbeit und viele Anstrengungen" notwendig.

Westbalkan-Konferenz 2014 (Foto: dpa)
Serbiens Regierungschef Aleksander Vučić (l.) war auch 2014 beim ersten Westbalkangipfel in Berlin dabeiBild: picture-alliance/dpa/T. Brakemeier

Kroatien hat seine Blockadepolitik aufgegeben. "Es ist so gut wie alles geklärt, lassen sie uns an der Zukunft arbeiten", so der kroatische Regierungschef Tihomir Orešković.

Anschluss an die EU gesucht

Die Wirtschaft der ganzen Region leidet schon seit mehreren Jahren. Die Zahl der Arbeitslosen im Westbalkan wuchs laut Medienberichten auf 1,6 Millionen. Wegen mangelnder Perspektiven zu Hause versuchen mittlerweile viele der Jungen und besser Qualifizierten, sich ein neues Leben im Westen aufzubauen. Die politischen Spannungen zwischen den einzelnen Ländern nahmen zuletzt deutlich zu. Unabhängige Medien werden unterdrückt. Die Flüchtlingskrise verschärfte den Ton zwischen den Nachbarn Serbien und Kroatien.

Flüchtlinge harren auf der serbischen Seite der Transitzone zu Ungarn aus (Foto: DW)
Flüchtlinge harren auf der serbischen Seite der Transitzone zu Ungarn ausBild: DW/B. Bardi

Eine gemeinsame, vor allem realistische EU-Perspektive wäre die beste Friedenspolitik in der Region, wo die Kriegswunden immer noch sehr frisch sind. "Manche EU-Länder seien möglicherweise müde von der ganzen Integration, wir sind es nicht“, so der serbische Finanzminister Dusan Vujovic.

Jugendwerk als Friedenspolitik

Zusätzlich zu Verhandlungen und Gesprächen wurde in Paris auch eine Vereinbarung zur Gründung eines Jugendwerks für die Balkanregion unterzeichnet. Es soll den Austausch zwischen Jugendlichen der einstigen Kriegsregion fördern. Vorbild ist das deutsch-französische Jugendwerk. Für die Kanzlerin ist die Unterzeichnung ein "großer Erfolg". Es gehe darum Länder zusammenzuführen, "die noch vor wenigen Jahren Krieg gegeneinander geführt haben".