Anwaltsmord löst Entsetzen aus
30. Januar 2017Menschenrechtler und Politiker haben eine zügige Aufklärung des Mordes an dem Juristen Ko Ni gefordert. Ko Ni war langjähriger Berater der inzwischen regierenden Nationalen Liga für Demokratie (NLD) der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi.
Ko Ni war am Sonntag vor dem internationalen Flughafen in Rangun erschossen worden, nachdem er von einer Auslandsreise zurückgekehrt war. Sein kleiner Enkelsohn stand neben ihm, als der Täter das Feuer eröffnete. Ein Taxifahrer, der den Schützen stoppen wollte, wurde ebenfalls erschossen. Die Polizei nahm den 53-jährigen Schützen fest, äußerte sich zunächst aber nicht zu seinen möglichen Motiven.
Familie und Freunde mutmaßten, dass der Anwalt und Aktivist wegen seines Einsatzes für die in Myanmar verfolgten muslimischen Rohingya angegriffen wurde. Ko Ni war ein prominenter muslimischer Kritiker der Diskriminierung von Rohingya in Myanmar. Er trat buddhistischen Hardlinern entgegen, denen er vorwarf, gezielt Stimmung gegen Muslime in dem mehrheitlich buddhistischen Land zu machen. "Viele Leute haben das nicht gemocht, sie haben es gehasst", sagte seine Tochter Yin Nwe Khaing dem Sender DVB TV. "Das könnte ein Grund für den Mord gewesen sein." Von buddhistischen Nationalisten hatte er nach Angaben seines Umfeldes Morddrohungen erhalten. Zudem hatte er wiederholt die anhaltende Macht des Militärs in dem mittlerweile von einer zivilen Regierung geführten Land kritisiert.
Suu Kyis NLD bezeichnete den Anschlag "terroristischen Akt", der sich gegen die Politik der Regierung wende. Zugleich kündigte ein Parteisprecher an, dass die Schutzmaßnahmen für Suu Kyi erhöht würden. In dem Land, das lange Zeit eine Militärdiktatur war, gab es bislang kaum politisch motivierte Morde.
Die NLD würdigte Ko Ni als "unersetzlichen" Berater von Suu Kyi, die als Außenministerin und Leiterin des Präsidialamts de facto die Regierungsgeschäfte in Myanmar führt. Der NLD-Spitzenvertreter Tin Oo sprach von einem "großen Verlust für unser Land". In Myanmar gehörte Ko Ni zu den wenigen Muslimen, die in der Politik Karriere gemacht haben. Vor seinem Haus versammelte sich am Montag eine große Trauergemeinde.
Amnesty International sprach von "Schockwellen", die der Mord innerhalb der Gemeinschaft der Menschenrechtler verursache. Die "Gesellschaft für bedrohte Völker" in Göttingen erklärte, der gewaltsame Tod eines so gewichtigen Fürsprechers der religiösen Minderheiten bedeute eine Zäsur für das Land. Die für die Menschenrechtslage in Myanmar zuständige UN-Sonderberichterstatterin Yanghee Lee betonte, die Verantwortlichen müssten umgehend zur Rechenschaft gezogen werden.
Weite Teile der buddhistischen Mehrheit im Land betrachten die Rohingya als illegale, staatenlose Einwanderer aus Bangladesch, obwohl viele von ihnen schon seit Generationen in Myanmar leben. Die in bitterer Armut lebenden Rohingya gelten als eine der meistverfolgten Minderheiten der Welt. Kritiker haben Suu Kyi wiederholt vorgeworfen, sich nicht klar genug gegen diese Diskriminierung zu wenden.
Stu/uh (afp, dpa, epd)