Problem auch in Deutschland
26. November 2009Das Bild von mehreren Männern in schwarzen Gehröcken und mit schwarzen Melonen, die mit Geigenkästen unter dem Arm im Gänsemarsch die nächste Untat ansteuern, ist zwar irgendwie schön, doch organisierte Kriminalität sieht heute anders aus. Allerdings sieht man von der nicht viel, und das nicht nur, weil sich viel davon online abspielt.
Kriminalität - oft virtuell und stets real
Zwar sind Autoknacker, Hütchen-Spieler oder Taschendiebe weniger virtuell, doch auch wenn sie kriminell und meist auch irgendwie organisiert sind, zur organisierten Kriminalität zählen sie deshalb noch nicht unbedingt.
Dafür gibt es gute Gründe: Schließlich nennt die so genannte Palermo-Konvention der Vereinten Nationen vom November 2000 einige Kriterien, beispielsweise grenzüberschreitende Vorbereitungen oder auch das Vorgehen über Landesgrenzen hinweg.
Die EU hat diese im September 2003 in Kraft getretene Konvention zwei Jahre später ratifiziert, Deutschland tat dies im Juni 2006. Geregelt wird darin unter anderem die internationale Zusammenarbeit gegen Menschenhandel, Geldwäsche und Korruption.
Insofern bildet der jüngste europäische Fußball-Wettskandal ein Idealbeispiel. Die Akteure arbeiten über Ländergrenzen hinweg und in mehreren Ländern, um möglichst große wirtschaftliche Gewinne zu erzielen. Dabei sind illegale Wettspiele und damit verbundene Betrügereien oder auch Waffenhandel längst nicht mehr die Haupteinnahmequelle der organisierten Kriminalität. Auch Drogenschmuggel und -handel wurden inzwischen vom illegalen Menschenhandel sowie von Schleuser- und Schlepperaktivitäten überrundet.
Grenzenloser Menschenhandel
Bringt schon die Einschleusung eines Asylbewerbers nach Europa zwischen 1000 und 3000 Euro, sind innerhalb Europas schnell 10.000 Euro drin. Ein internationaler Schleuser-Ring hatte 20 Millionen Euro dafür kassiert, 2000 irakische Kurden von Paris aus nach London und in andere europäische Hauptstädte zu bringen.
Höchst gewinnträchtig sind auch Frauenhandel und Zwangsprostitution. Für das Jahr 2008 verweist das Bundeskriminalamt, das in Deutschland für die organisierte Kriminalität zuständig ist, auf 482 Ermittlungsverfahren wegen Menschenhandels zur sexuellen Ausbeutung - eine Zunahme um sechs Prozent gegenüber dem Jahr davor. Interessant ist dabei auch der Blick auf die mutmaßlichen Haupttäter: 40 Prozent von ihnen sind deutsche Staatsbürger, die hierzulande für grenzüberschreitende kriminelle Netzwerke agierten.
Kriminalität und Terrorismus
Ebenfalls in die Zuständigkeit des Bundeskriminalamtes fällt eine weitere Form des internationalen Verbrechens. Trotz gewisser Verbindungen und Parallelen werden nämlich Straftaten mit politisch-religiösen Hintergründen von der sonstigen organisierten Kriminalität abgegrenzt. Auch das deutsche Strafrecht unterscheidet zwischen einer "kriminellen" und einer "terroristischen" Vereinigung.
Unabhängig davon, ob sich die Akteure und ihre grenzüberschreitenden Netzwerke nun höhere irdische Gewinne oder aber angeblich höhere politische oder religiöse Zielen anstreben - Bares gilt beiden Tätergruppen als Wahres. Auch Terroristen beschäftigen sich mit Beschaffungskriminalität. Die linksextremistische Rote-Armee-Fraktion setzte dazu auf Bankraub. Islamistische Terroristen heutzutage sammeln nicht mehr nur Spenden in Deutschland. Beispielsweise schlossen Sympathisanten des Heiligen Krieges hierzulande Lebensversicherungen ab, um dann mit gefälschten Totenscheinen die Prämien kassieren zu wollen - für die heilige Kriegskasse.
Und noch eine Gemeinsamkeit verbindet kriminelle und terroristische Netzwerke und ihre Akteure: Sie versuchen, unerkannt zu bleiben. Trotz der dafür nötigen Konspiration streben sie aber gleichzeitig - auch über Mittelsmänner - in legale Strukturen. Anders gesagt - es geht um Geld und um Einfluss in Politik und Wirtschaft. Spätestens hier grüßt dann doch wieder die Mafia - ein bisschen traditionell und vor allem global.
Autor: Hartmut Lüning
Redaktion: Kay-Alexander Scholz