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Politik

Meloni will in EU auf Roms Interessen pochen

25. Oktober 2022

Das machte die neue rechtsradikale Ministerpräsidentin in ihrer ersten Rede vor dem Parlament deutlich. Mit anderen Worten: Rom kommt vor Brüssel - und von den Migranten sollen möglichst wenige nach Italien kommen.

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Die erste Regierungserklärung der neuen italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni vor dem Abgeordnetenhaus
Die erste Regierungserklärung der neuen italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni vor dem Abgeordnetenhaus Bild: Alessandra Tarantino/AP Photo/picture alliance

Italiens neue Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat in ihrer ersten programmatischen Rede vor dem Abgeordnetenhaus angekündigt, ihre Regierung werde in Europa entschieden für die Interessen ihres Landes eintreten. Italien brauche keinerlei Beaufsichtigung von ausländischen Regierungen, sagte Meloni in Rom in einer betont kämpferischen Rede. Die als EU-skeptisch geltende Politikerin unterstrich zugleich die Verankerung Italiens in der transatlantischen Allianz, in Europa und im G7-Kreis der wichtigen Demokratien der Welt. Italien werde alle aktuellen Regeln der Europäischen Union befolgen. Allerdings werde ihre Exekutive auch Vorschläge machen, "um jene Regeln zu ändern, die nicht funktioniert haben, beginnend bei der aktuellen Debatte über eine Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes". Italien werde sich erhobenen Hauptes einbringen in die internationalen Debatten.

Auch die Ankunft von Bootsmigranten will Meloni möglichst verhindern. "Diese Regierung will einen bis heute kaum beschrittenen Weg gehen: die illegalen Abreisen stoppen und endlich den illegalen Menschenhandel im Mittelmeer zerbrechen", sagte die Parteichefin der rechtsradikalen Fratelli d'Italia weiter. Die 45-Jährige fuhr fort, dass ihre rechte Regierung in Abstimmung mit den Behörden der nordafrikanischen Länder in den "Hotspot-Gebieten" Zentren einrichten wolle, in denen internationale Organisationen prüften, ob die Menschen ein Recht auf Asyl hätten. "Wir wollen nicht das Asylrecht für diejenigen zur Diskussion stellen, die vor Hinrichtungen fliehen", so Meloni weiter. Man wolle lediglich verhindern, dass Schleuser entschieden, wer nach Italien kommen dürfe.

Regierungschefin Giorgia Meloni mit Infrakstrukturminister Matteo Salvini (l.) und Außenminister Antonio Tajani
Regierungschefin Giorgia Meloni mit Infrakstrukturminister Matteo Salvini (l.) und Außenminister Antonio TajaniBild: Remo Casilli/REUTERS

Bekenntnis zur Hilfe für Ukraine 

Der Ukraine sicherte die neue römische Regierungschefin weiterhin die volle Unterstützung ihres Landes zu. Italien stehe als Teil der Atlantik-Allianz weiter zuverlässig an der Seite Kiews. "Und das nicht nur, weil wir keinen Angriffskrieg und die Verletzung der territorialen Einheit eines souveränen Staates akzeptieren können", sagte Meloni. "Sondern auch, weil wir nur so bestmöglich unser nationales Interesse verteidigen können." Die Freiheit der Ukraine dürfe nicht zugunsten niedriger Energiekosten für Europa aufgegeben werden dürfe. Putins Erpressung nachzugeben würde das Problem nicht lösen, sondern verschärfen.

Einstimmung auf wirtschaftlich schwierige Zeiten

Die Italiener selbst stimmte die Chefin eines rechtspopulistischen Bündnisses mit Wurzeln im Nachkriegs-Faschismus auf wirtschaftlich schwierige Zeiten ein. Sie verwies auf die Prognose des Internationalen Währungsfonds, nach der Italien 2023 in eine Rezession rutschen und die Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent schrumpfen wird. "Der Weg, um Schulden zu reduzieren, ist nicht die blinde Sparpolitik, die in den vergangenen Jahren dem Land auferlegt wurde", betonte Meloni vor dem Hintergrund des Streits um ausgeglichene Staatshaushalte der EU-Mitglieder. "Der Weg (zu geringeren Schulden) ist ein dauerhaftes und strukturelles Wachstum." Sie stellte von der Energiekrise betroffenen Familien und Firmen staatliche Hilfen in Aussicht.

Der Beginn der faschistischen Herrschaft in Italien: Benito Mussolini und seine Schwarzhemden im Oktober 1922 auf dem Weg in die Hauptstadt Rom
Der Beginn der faschistischen Herrschaft in Italien: Benito Mussolini und seine "Schwarzhemden" genannten Anhänger im Oktober 1922 auf dem Weg in die Hauptstadt Rom Bild: United Archives/picture alliance

Distanzierung von Faschismus

In ihrer Rede wies die Politikerin, die ihre Karriere weit rechtsaußen begonnen hatte, schließlich jegliche Nähe zum Faschismus zurück. "Ich habe nie Sympathie für oder eine Nähe zu antidemokratischen Regimen gehabt. Für kein Regime, Faschismus eingeschlossen", sagte sie. Ihre Partei Fratelli d'Italia (FDI) hatte das Erbe der rechtsradikalen Movimento Sociale Italiano (MSI) angetreten, die in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg ein Sammelbecken für Nostalgiker der faschistischen Gewaltherrschaft unter Diktator Benito Mussolini war. Am Donnerstag jährt sich zum 100. Mal der Beginn des sogenannten "Marsches auf Rom", mit dem Mussolini und seine Faschisten am 27. Oktober 1922 die Macht in Italien an sich gerissen hatten.

Neben den rechtsradikalen Fratelli sind die rechtspopulistische Lega, die konservative Forza Italia und eine kleine Zentrumsgruppe in Melonis Koalition. Nach ihrer Amtsübernahme stehen für die Regierungschefin nun zwei Vertrauensabstimmungen an - noch an diesem Dienstag im Abgeordnetenhaus und am Mittwoch im Senat, der zweiten Parlamentskammer.

sti/qu (afp, dpa, epd)