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Politik

Wahl in Ghana: Krokodil gegen Alligator

Kommentarbild PROVISORISCH Michael Oti
Michael Oti
6. Dezember 2020

Im Rennen um das Präsidentenamt in Ghana am Montag gibt es zwei Favoriten. Gegen die grassierende Korruption gehen beide nur halbherzig vor. Die Bürger haben keine echte Wahl, meint Michael Oti.

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Kombibild Ghana Nana Akufo-Addo und John Dramani Mahama

Täuschen Sie sich nicht: Ghana geht es gut. Als einer von nur vier afrikanischen Subsahara-Staaten steht es als "frei" in der Freedom-in-the-World-Länderliste, die politische und bürgerliche Rechte misst. Außerdem besitzt Ghana starke und unabhängige Rundfunksender und gehört regelmäßig zu den drei Ländern mit der größten Meinungs- und Pressefreiheit in Afrika.

Was die ökonomische Lage angeht, zeigt der westafrikanische Staat ein "beeindruckendes Wirtschaftswachstum", so die Weltbank. In den vergangenen drei Jahrzehnten hat sich das reale Bruttoinlandsprodukt vervierfacht, während extreme Armut um die Hälfte zurückgegangen ist. Das Land mit knapp 30 Millionen Einwohnern ist ohne Zweifel dabei, seine Bürger aus der Armut zu befreien.

Ghanas Epidemie heißt Korruption

Dennoch ist nicht alles rosig. Korruption ist im öffentlichen Sektor allgegenwärtig und untergräbt Ghanas Fortschritt. Das kostet den Staat jedes Jahr rund drei Milliarden US-Dollar, so der nationale Verband von Transparency International. Das ist ein Drittel der Summe, die das Land bräuchte, um die regelmäßigen Flutkatastrophen einzudämmen.

DW-Redakteur Michael Oti
DW-Redakteur Michael Oti

Korruption dominiert schon lange die Tagespolitik und die Schlagzeilen in Ghana. Und vor der Präsidentschaftswahl am Montag wird viel darüber diskutiert, welcher Kandidat wohl weniger käuflich ist.

Es gibt ein Dutzend Bewerber um das Präsidentenamt, aber nur zwei Männer haben ernsthafte Chancen: Der Amtsinhaber Nana Akufo-Addo (links im Artikelbild) von der New Patriotic Party (NPP) und sein Herausforderer und Vorgänger, John Mahama (rechts) vom National Democratic Congress (NDC). Sowohl Akufo-Addo als auch Mahama waren eine Legislaturperiode lang Staatschef, aber beide gehören seit Jahrzehnten zur politischen Spitze des Landes.

Gelder gegen Jugendarbeitslosigkeit veruntreut

Fangen wir an mit John Mahamas Umgang mit Korruption in seiner Zeit als Präsident zwischen 2013 und Januar 2017. Nach der Hälfte seiner Amtszeit stand Ghana in Afrika an siebter Stelle auf dem Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International. Das klingt erstmal gut - doch unter Mahamas Regierung gab es mehrere Korruptionsskandale.

Einen der größten deckte der ghanaische Journalist Manasseh Azure Awuni 2013 auf: Die Regierungsbehörde GYEEDA investierte 500 Millionen US-Dollar in ein Programm, das junge Leute zu Arbeitskräften ausbilden sollte. Doch 80 Prozent der Mittel landeten in den Taschen von Politikern, ihren Kumpeln und betrügerischen Geschäftsleuten.

Ghana Wahlkampf: Fan von John Mahama / National Democratric Congress (NDC), 2012
Farbenfroh für John Mahama: Fan des National Democratric Congress (NDC), hier bei der Wahl 2012Bild: Reuters

Möglicherweise hatte schon die Vorgängerregierung der NPP den Samen für diesen Skandal gesät - aber Mahama hat weder die illegalen Verträge gekündigt, noch die Verantwortlichen anklagen lassen.

Kampf gegen Korruption blockiert

Der amtierende Präsident Nana Akufo-Addo gewann die Wahlen im Dezember 2016 unter anderem mit dem Versprechen, die Korruption entschieden zu bekämpfen.

Ein Jahr danach berief er einen Sonderermittler gegen Korruption, der auch Fälle bestechlicher Beamter und Politiker untersuchen sollte. Den Posten bekam ein führendes Mitglied der oppositionellen NDC, der frühere Justizminister Martin Amidu. Nachdem er zwei Jahre lang kaum etwas ausrichten konnte, beschuldigte Amidu den Präsidenten Akufo-Addo selbst der Bestechlichkeit. Kürzlich ist er frustriert zurückgetreten.

Schon vor dem Rücktritt des Sonderermittlers hatte die Regierung den obersten Rechnungsprüfer Daniel Yaw Domelevo in den Zwangsurlaub geschickt und ihn damit faktisch aus dem Amt gejagt.

Ghana Wahlkampf: Unterstützer von Nana Akufo-Addo / New Patriotic Party (NPP), 2012
Entschieden für Nana Akufo-Addo: Unterstützer der New Patriotic Party (NPP), ebenfalls bei der Wahl 2012Bild: Reuters

Und auf das Konto Akufo-Addos geht noch mehr. Er sieht tatenlos zu, wie die Pressefreiheit schwindet. Seine Anhänger attackieren Journalisten, die über Korruption recherchieren. 2019 wurde der Reporter Ahmed Hussein-Suale Divela sogar erschossen, mutmaßlich weil er Bestechlichkeit im ghanaischen Fußball untersuchte.

Kaum politische Unterschiede

Wer von den beiden ist nun korrupter? Die Statistik sagt, dass Mahamas mieseste Ergebnisse für Akufo-Addo noch die besten sind. Die Ghanaer auf der Straße sagen, dass es in Sachen Korruption kaum einen Unterschied gibt zwischen den beiden Präsidentschaftskandidaten.

Tatsächlich sind sie sich auch politisch in vieler Hinsicht ähnlich. Ideologisch steht Mahamas NDC in der linken Mitte und Akufo-Addos NPP in der rechte Mitte. Über die Jahre sind die beiden politischen Richtungen fast verschmolzen. Und - was wichtiger ist - die jeweiligen Regierungsvertreter scheinen für die Vergabe von Aufträgen an Unternehmen gleichermaßen Bestechungsgelder zu verlangen.

Präsidentschaftswahl Ghana 2012
Rennen um die Präsidentschaft in Ghana laufen schon lange zwischen NDC und NPP, wie bei der Wahl 2012Bild: AFP/Getty Images

Der Chef des Öffentlichen Beschaffungswesens wurde 2019 suspendiert, weil er Regierungsaufträge gegen Geld verkauft hatte. Er hat mittlerweile seinen Posten verloren, aber er ist nicht angeklagt worden. Auch viele der Regierungsvertreter, die 2013 in den Skandal um Jugendarbeit unter Mahama verwickelt waren, sind noch auf freiem Fuß.

Diese Fälle können die Ghanaer nicht davon überzeugen, dass einer ihrer Spitzenpolitiker die Bestechlichkeit der Regierung ernsthaft angehen wird.

Seit der westafrikanische Staat sich 1992 in eine Mehrparteiendemokratie verwandelt hat, haben NDC und NPP sich an der Regierung abgewechselt. Das wird dieses Mal nicht anders sein. Einer von beiden muss die Abstimmung gewinnen - und die Ghanaer haben faktisch nur die Wahl zwischen einem Krokodil und einem Alligator. Und wer auch immer gewinnt, muss mehr anbieten als Plattitüden und Rhetorik, um den gekaperten Staat zurückzuerobern.

Adaption: Beate Hinrichs