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Politik

Krieg in der Ukraine: Eine Chance fürs Klima

Kommentarbild DW I Alistair Walsh
Alistair Walsh
4. April 2022

Die Menschheit beweist gerade, dass sie auf eine lebensbedrohliche Situation reagieren kann. Diese Energie sollten wir nutzen, um die größte Krise zu lösen, die unser Fortbestehen bedroht, meint Alistair Walsh.

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Gelsenkirchen | BP-Erdölraffinerie
Die Invasion der Ukraine hat die Abhängigkeit Europas von russischem Gas offenbartBild: Martin Meissner/AP/picture alliance

Wladimir Putins grauenvoller Krieg in der Ukraine hat uns gezeigt, wie vereint und entschieden wir angesichts einer Krise agieren können. Wieder einmal hat Europa seine Tore geöffnet für Flüchtlinge, die vor Gewalt und Zerstörung fliehen. Täglich lassen sich bewegende Szenen der Menschlichkeit beobachten. Der globale Westen hat in beeindruckender Solidarität zusammengefunden, um Putins Regime mit Sanktionen zu belegen, die Ukraine im Kampf gegen kriminelle Ungerechtigkeit zu unterstützen und um die Ideale von Frieden, Demokratie und Freiheit zu schützen.

Barrieren, die zuvor unüberwindlich schienen, wurden schnell und effizient beiseite geräumt. All das trotz enormer wirtschaftlicher Kosten: Energiepreise schießen in die Höhe, öffentliche Gelder fließen in die Ukraine, Sanktionen treffen nicht nur Russland, sondern auch uns. Doch wir wissen, dass wir das Richtige tun.

So sollte die Menschheit immer handeln - zusammenhalten und die Zähne zusammenbeißen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen.

Lasst uns dasselbe für den Planeten tun

Warum also können wir uns nicht auch so verhalten, wenn wir mit einer Krise konfrontiert sind, die die Existenz aller Menschen auf diesem Planeten bedroht? Ohne zu übertreiben: Der Klimawandel und der rasante Verlust der biologischen Vielfalt sind eine Bedrohung für jeden Einzelnen auf diesem Erdball.

Und doch zögern wir weiter. Der im Februar veröffentlichte Bericht des Weltklimarats IPCC machte deutlich, wie sich der Klimawandel bereits auf das Leben von Milliarden von Menschen auswirkt und die Natur gefährlich aus dem Gleichgewicht bringt. Und doch wurde er in der Öffentlichkeit wieder einmal größtenteils ignoriert. Dem neuesten IPCC-Bericht zur Abmilderung der negativen Folgen des Klimawandels wird vermutlich ebenso großes Desinteresse entgegenschlagen.

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DW-Redakteur Alistair WalshBild: Lewis Sanders

Staats- und Regierungschefs mögen Versprechungen abgegeben haben, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken, doch wir verändern das Klima noch immer viel zu schnell, als dass wir uns daran anpassen könnten. Lange hinausgezögerte Bemühungen, so etwas wie ein globales Abkommen zur Verhinderung eines sechsten Massenaussterbens zusammenzuschustern, erfahren währenddessen minimale politische Unterstützung und kommen nur im Zeitlupentempo voran.

Würden wir diese Krisen mit derselben Dringlichkeit angehen, die wir angesichts des Einmarsches in der Ukraine als geboten sahen, oder würden wir die Opfer aufbringen, die uns die Corona-Pandemie abverlangt hat, hätten wir zumindest eine Chance, die Zerstörung aufzuhalten. Das braucht politischen Mut und Durchhaltevermögen - und wir haben gezeigt, dass wir dazu in der Lage sind.

Eine Chance für Veränderungen

Der Einmarsch in die Ukraine hat die fortdauernde Abhängigkeit Europas von fossilen Brennstoffen offengelegt. Europa scheint bereit, alles und jeden im Umfeld von Putin mit Sanktionen zu belegen - mit Ausnahme seiner fossilen Brennstoffe. Stattdessen finanziert europäisches Geld durch den Kauf seines blutdurchtränkten Erdgases die Verbrechen Putins. Europas zögerliches Handeln angesichts der einen Krise beeinträchtigt seine Fähigkeit, auf die andere zu reagieren.

Europas Versprechen, sich von russischem Gas unabhängig zu machen, birgt die bemerkenswerte Chance, mit neuer Kraft den Kampf gegen den Klimawandel wiederaufzunehmen. Statt russisches Gas durch noch umweltschädlicheres Gas von der anderen Seite des Atlantiks zu ersetzen, besteht jetzt die Möglichkeit, der Energiewende neuen Schub zu verleihen.

Der politische Wille, der für einen Umstieg auf 100 Prozent erneuerbare Energien erforderlich ist, wird allmählich erkennbar. Deutschland hat sein Ziel für die Erneuerbaren auf 2035 vorgezogen - ein vielversprechendes Zeichen. Doch Teile der EU, insbesondere in Ost- und Mitteleuropa, hinken noch hinterher und benötigen Hilfe, um sich von ihrer Abhängigkeit zu lösen.

Die EU-Kommission ist gerade dabei, einen Plan zu entwickeln, um russische Gasimporte in diesem Jahr um zwei Drittel zu reduzieren und bis 2027 ganz zu beenden. Doch warum sollte sich ein solcher Plan auf russisches Gas beschränken? Warum ihn nicht auf alle Gasimporte ausweiten? Es mag drastisch sein, es mag kurzfristig wirtschaftlich wehtun, doch genau solchen Weitblick brauchen wir, damit wir nicht alle als Fossilien auf einem toten Planeten enden.

5 Gebote, die dem Klima helfen

Diesen Ansatz müssen wir auf alle Bereiche anwenden, die zur Umweltverschmutzung beitragen, alle Aktivitäten, die die Natur zerstören - um alles in unserer Macht Stehende zu tun, den Planeten zu retten.

Die Lösungen sind vorhanden. Wir müssen nur die gebotene Dringlichkeit anwenden. Lasst die fossilen Brennstoffe in der Erde, stoppt die Abholzung, schützt die Ökosysteme, reformiert die Landwirtschaft, besteuert Emissionen in Höhe ihrer tatsächlichen Kosten und über die gesamte Lieferkette hinweg, steigt auf nachhaltige Transportmittel um, finanziert grüne Forschung, verbietet umweltverschmutzende Aktivitäten und giftige Chemikalien, beendet die Subventionierung umweltzerstörerischer Aktivitäten, setzt umweltfreundliche Bauvorschriften durch, installiert Wärmedämmung - wir wissen doch, was zu tun ist.

Wenn wir diesen Krisen mit der Dringlichkeit begegnen, zu der wir fähig sind, dann können wir den Klimawandel und die Zerstörung der Natur stoppen, bevor es zu spät ist.

Aus dem Englischen adaptiert von Phoenix Hanzo.