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Die Polizei verdient Vertrauen

18. September 2020

Forderungen nach einer Studie über Rassismus in der Polizei sind nach den jüngsten Vorfällen verständlich. Aber sie könnten die Polizei von der Gesellschaft entfremden, befürchtet DW-Redakteur Christoph Hasselbach.

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Symbolbild NRW polizei im Einsatz
Bild: picture-alliance / Geisler-Fotopress/C. Hardt

Ja, es sind Einzelfälle. Aber es sind inzwischen beunruhigend viele. Es geht wohlgemerkt um Frauen und Männer, die einen Eid auf die Verfassung geleistet haben. Wenn sich der Staat nicht mehr auf diejenigen verlassen kann, die seine Werte verteidigen, auf wen dann?

Die jüngste Untersuchung zum Vertrauen der Bürger in den Staat fragte auch nach einzelnen Institutionen. Dabei schnitt die Polizei weiterhin gut ab, nach deutschen Schulnoten mit 2,3 - also ziemlich gut. Aber jeder Vorfall wie jetzt in Nordrhein-Westfalen kann das Vertrauen in die Polizei nur erschüttern.

Es entsteht nach immer mehr aufgedeckten Fällen wie jüngst in Nordrhein-Westfalen der Eindruck, dass rechtsextreme Neigungen etwas mit dem Polizeiberuf selbst zu tun haben könnten. Zieht er eher als andere Berufe Menschen an, die ohnehin ein rechtes Weltbild haben? Oder macht erst der Polizeialltag aus Menschen Rassisten? Muss an der Rekrutierung und Ausbildung grundsätzlich etwas geändert werden, zum Beispiel in puncto interkulturelle Sensibilität?

Die AfD steht bereit

SPD und Grüne wollen solche Fragen in einer wissenschaftlichen Studie beantworten lassen. Aber Bundesinnenminister Horst Seehofer hat Bedenken, und zwar zurecht. Es geht einmal darum, die Polizei vor einem ungerechten Generalverdacht zu schützen. Jede Polizistin, jeder Polizist muss zunächst einmal als verfassungstreu gelten. Auch noch so viele negative Fälle von Kollegen dürfen daran nichts ändern.

Hasselbach Christoph Kommentarbild App
DW-Redakteur Christoph Hasselbach

Zudem dürfte die Forderung einer bundesweiten Studie politisch motiviert sein. Die SPD will hier gegenüber dem CSU-Innenminister punkten. Aber es ist gefährlich, das Thema parteipolitisch auszuschlachten. SPD-Chefin Saskia Esken hatte im Sommer im Zusammenhang mit der Black-Lives-Matter-Bewegung deutschen Sicherheitskräften pauschal einen "latenten Rassismus" vorgeworfen. Eine besonders staatstragende Partei geht auf Distanz zu vielen Staatsdienern. Esken legt damit auch den Verdacht nahe, dass die Studie nur bestätigen soll, was man schon immer gewusst hat.

Hat sich schon jemand überlegt, warum die AfD in ihren Reihen so viele Polizisten hat? Sie umwirbt sie auch als Wähler besonders. Wenn sich unter Polizisten der Eindruck verfestigt, traditionelle Parteien wie die SPD misstrauten ihnen, werden sie erst recht eine Wagenburgmentalität annehmen und sich politisch nach rechts wenden.

Freibrief für Respektlosigkeit?

Daneben muss man an die möglichen Folgen für das Ansehen von Polizisten und Polizistinnen in der Gesellschaft denken. Sollte eine solche Studie der Polizei zum Beispiel strukturellen Rassismus vorwerfen, würden das einige Menschen als Freibrief für respektloses Verhalten gegenüber Uniformträgern sehen. Das ist heute schon erschreckend weit verbreitet.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist ohnehin dabei, ein Lagebild zu Rechtsextremismus und Rassismus in den Sicherheitskräften - Polizei und Bundeswehr - zu erstellen. Der Verfassungsschutz sollte hier die geeignete neutrale Stelle sein. Jede von Interessen geleitete Studie dürfte dagegen nur einen Keil zwischen Polizei und Politik treiben und das gegenseitige Misstrauen verstärken.

Christoph Hasselbach
Christoph Hasselbach Autor, Auslandskorrespondent und Kommentator für internationale Politik