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Paralympics - ein Sport der Reichen?

Melanie Last | PROVISORISCHES Kommentarbild
Melanie Last
5. September 2021

Bei den Paralympics wird noch deutlicher, was schon die Olympischen Spiele offenbaren: Nur reiche Nationen mischen oben mit. Wozu brauchen wir dann einen Medaillenspiegel, fragt DW-Redakteurin Melanie Last.

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Paralympics Tokio 2020 | Eröffnungsfeier
Paralympics - gemeinsames Fest oder doch nur für die reichen NationenBild: ISSEI KATO/REUTERS

Geht es bei den Paralympics wirklich um den Sport und seine Athletinnen, um die Idee eines großen, weltumspannenden Sportfestes? Oder doch nur darum, dass sich Nationen egoistisch abgrenzen und lediglich vergleichen, wer der Bessere, der Stärkere, ist - sportlich wie politisch?

Um die Freude am Sport jedenfalls scheint es nicht zu gehen, wenn Nationen allein auf den Medaillenspiegel schauen. Und das tun sie ganz offensichtlich, wenn sie vorab ihr Ziele ausgeben, wie viele Medaillen ihre Athleten am besten sammeln sollen. Für Deutschland sah dieser Medaillenspiegel nach vier Wettkampftagen in Tokio äußerst schlecht aus: Rang 40 - und ohne Gold. Zur Halbzeit immerhin Platz 24 mit zwei Goldmedaillen. Allerdings war da auch klar: Die entscheidenden Sportarten, in denen Deutschland punkten konnte (und es für das Ranking auch muss, wenn es um das gute Ansehen geht) kamen erst am Ende der Spiele. Doch auch das reichte nicht mehr. Das deutsche Paralympics-Team belegte Platz elf. Die vom Deutschen Behindertensportverband (DBS) anvisierte "Top Zehn" sind damit nicht erreicht (13 Gold, 12 Silber, 18 Bronze).

Tokyo 2020 Paralympics l Triathlon - Martin Schulz
Triathlet Martin Schulz holt in Tokio 2020 erstes paralympisches Gold für Deutschland Bild: Miho Ikeya/AP/picture alliance

Geld entscheidet über den Erfolg der Nationen

Aber nochmal: Wie aussagekräftig ist dieser Medaillenspiegel? Eines ist doch klar: Die Nationen, die am meisten Geld in den Spitzensport pumpen, sind auch ganz vorn mit dabei. In China und in den USA zum Beispiel sind die Parasportlerinnen Profis. Während deutsche Athleten nebenbei noch arbeiten und um Sponsoren kämpfen und bangen müssen, um finanziell überhaupt abgesichert zu sein. Ja, es gibt die Athletenförderung von der Stiftung Deutsche Sporthilfe mit 700 bis 800 Euro im Monat, für einige die Grundsicherung aus dem Sportförderprogramm der Bundeswehr mit immerhin gut 1200 Euro monatlich. Und ja: Ohne die hätte Deutschland sicher nicht so viele Goldmedaillen (und sind wir ehrlich: Nur um die geht es doch im Ranking der Besten). Aber klar ist doch auch: Diese finanzielle Unterstützung reicht in den seltensten Fällen, um Profi zu sein. Ein Spagat auf Kosten der sportlichen Leistung also. 

Die Frage ist: Wie viel Spitzensport möchte sich Deutschland leisten? Und weiter: Wie solidarisch ist Deutschland mit seinen Behindertensportlern eigentlich?

Inklusion gescheitert?

Melanie Last | PROVISORISCHES Kommentarbild
DW-Redakteurin Melanie Last hofft auf mehr Chancengleichheit im SportBild: Privat

Bei allen Inklusionsbemühungen und den Versuchen, alle gleichzustellen - es ist noch immer nicht selbstverständlich, dass paralympische Athleten und nicht behinderte Sportler gleich gut trainieren können. Anders als zum Beispiel in Deutschlands kleinem Nachbarland, den Niederlanden, die - nebenbei bemerkt - deutlich mehr paralympische Medaillen geholt haben als die deutsche Mannschaft. Dort trainieren die Sportlerinnen in denselben Hallen, auf denselben Anlagen, bekommen gleich gute Hallenzeiten und haben Trainer, die auf Parasportler spezialisiert sind.

Außerdem werden dort schon Kindern und Jugendlichen - unabhängig vom Sport - Hilfsmittel wie Rollstühle und Prothesen vom Staat bezahlt. Da läuft die Finanzierung nicht über die Krankenkassen, die zwischen privat und gesetzlich Versicherten unterscheiden und Besserverdienern unter Umständen einen Vorteil verschaffen. Die Idee der Inklusion wird dort in der Gesellschaft offensichtlich anders gelebt, was sich im Spitzensport zeigt.

Die Paralympics in Tokio haben wieder gezeigt, dass die Förderung der Behindertensportler schon in der Gesellschaft beginnt - mit Chancengleichheit und Solidarität. Was wieder die Frage eines gemeinsamen Sportfestes für die ganze Welt im Sinne der olympischen Werte aufwirft - behinderte und nicht behinderte Athleten bei gemeinsamen Spielen. Aber das ist wieder ein anderes Thema.