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Turnerinnen mit dem Ganzkörperanzug weit vorn

Engel Dagmar Kommentarbild App (Foto: DW)
Dagmar Engel
29. Juli 2021

Nicht bei den Medaillen, aber auf dem Weg in die Zukunft sind die deutschen Turnerinnen an der Spitze. Die Freiheit soll bei den Sportlerinnen liegen und nicht im Auge des Betrachters, findet Dagmar Engel.

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Tokio 2020 | Turnen | Kim Bui
Kim Bui, im Mehrkampffinale Einzel 17. PlatzBild: Joel Marklund/Bildbryan/imago images

Es ist kein schönes Gefühl, bei einer Grätsche oder einem Spagatsprung direkt in den Schritt gefilmt zu werden, während man ein denkbar knappes Trikot trägt.

Immerhin lassen die Regeln lange Beinbekleidung zu, aber knalleng anliegen muss sie schon - bei den Frauen. Mit der Leistungsbeurteilung kann das nichts zu tun haben, schließlich turnen die Männer in Steghosen, die nicht eng anliegen - dass sie bei den Bodenübungen kurze Hosen tragen, liegt daran, dass der Steg unter dem Fuß beim Laufen und Springen behindert.

Tokyo 2020 | Kunstturnen: Daiki Hashimoto aus Japan
Daiki Hashimoto, Goldmedaillengewinner MehrkampfBild: Dylan Martinez/REUTERS

Männer

Der Grund hinter all dem ist der übliche: Die Regeln werden von Männern gemacht und zielen auf ein voyeuristisches männliches Publikum, die Bilder und Kommentare dazu werden von immer noch überwiegend männlich besetzten Sportredaktionen geliefert. Außerhalb der großen Events wie Olympia interessieren Frauen in der Sportberichterstattung nur wenig. Bei den Olympischen Spielen sollen sie sich wenigstens im Rahmen der Klischees bewegen: leistungsstark, freundlich, voller Grazie und, wenn möglich, sexy. Sex sells.

Frauen

Doch dieser Markt ist endlich. Sportverbände, Medien und Sponsoren brauchen mehr Frauen - als Mitglieder, als Nutzerinnen, als Konsumentinnen, um weiter wachsen zu können. Es geht ums Geld. Und auch wenn das als Grund vielleicht ärmlich ist - egal: Wenn dadurch die Sportlerinnen selbst entscheiden können, wie viel sie von sich zeigen wollen und ihnen das weder von Regierungen, Religionen oder Männerregeln diktiert wird, heiligt der Zweck die Mittel.

Tokyio 2020 I Olympica I Skateboarding
Rayssa Leal, Silbermedaille Skateboard StreetBild: Mike Egerton/empics/picture alliance

Junge Menschen

Die gesellschaftliche Großwetterlage hat sich verändert, auch wenn das in den Sozialen Medien noch nicht jedermann mitbekommen hat. Dort läuft immer noch die letzte Abwehrschlacht gegen Ganzkörperanzug und selbstbewusste Sportlerinnen generell. Das IOC immerhin hat gemerkt, dass Olympia sich ändern muss, will es weiter existieren. Durch die neuen Sportarten BMX-Freestyle, Surfen und Skaten sollen junge Leute gewonnen werden - und die haben ganz andere Vorstellungen davon, was korrekte Kleidung ist, ganz unabhängig vom Geschlecht.