Mehrheit ist Mehrheit
23. September 2002Sowohl die Sozialdemokraten von Bundeskanzler Gerhard Schröder als auch CDU/CSU kamen nach den Berechnungen des Bundeswahlleiters jeweils auf 38,5 Prozent. Aufgrund von Überhangmandaten stellt die SPD jedoch mit 251 Abgeordneten auch im 15. Bundestag die größte Fraktion und den Parlamentspräsidenten. Der Koalitionspartner der SPD, die Grünen, kamen auf 8,6 Prozent und damit auf 55 Mandate im nächsten Bundestag. Die alte und sehr wahrscheinliche neue Regierungskoalition errang folglich 306 von insgesamt 603 Sitzen. Das sind vier mehr als die so genannte Kanzlermehrheit von 302 Sitzen.
Die Union mit ihrem Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber hatte im Verlauf des Wahlabends noch hoffen dürfen, die stärkste Fraktion im Parlament stellen zu können. Zum Schluss lautete ihr Ergebnis aber 248 Mandate, also drei weniger als die SPD. Die FDP blieb mit 7,4 Prozent und 47 Sitzen weit hinter ihren Erwartungen zurück. Die sozialistische PDS verfehlte den Wiedereinzug ins Parlament in Fraktionsstärke. Mit vier Prozent scheiterte sie an der Fünfprozenthürde. Nur in zwei Berliner Wahlkreisen konnten PDS-Politiker Direktmandate für den nächsten Bundestag erringen.
"Es geht sofort los, und zwar schon heute"
SPD und Grüne werden nach den Worten von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) schon am Montag (23.9.2002) mit den Vorbereitungen für die Koalitionsverhandlungen beginnen. Am Morgen sagte er bei der Ankunft in der SPD-Parteizentrale in Berlin: "Es geht sofort los, und zwar schon heute." Für die Koalitionsverhandlungen erwarte er keine großen Schwierigkeiten. Auch Außenminister Fischer hat öffentlich den Willen zur Fortsetzung der Koalition erklärt.
Stoiber erwartet baldiges Scheitern
CDU/CSU-Kanzlerkandidat Stoiber sagte einer neuen rot-grünen Regierung ein rasches Scheitern voraus. Er selbst wolle Ministerpräsident in Bayern bleiben, stehe aber bereit, um Regierungsverantwortung in Berlin zu übernehmen. Angesichts eines möglichen Streits um den Fraktionsvorsitz zwischen CDU-Chefin Angela Merkel und dem bisherigen Fraktionsvorsitzenden von CDU/CSU, Friedrich Merz, rief Stoiber seine Partei zu Geschlossenheit auf.
Suche nach Ursachen bei FDP und PDS
Für die FDP gestand Parteichef Guido Westerwelle die Niederlage ein. Die Debatte um Jürgen Möllemann habe der FDP geschadet. Jürgen Möllemann trat am Montag (23.9.2002) als stellvertretender Vorsitzender der FDP zurück. Auch die PDS beginnt nach ihrer Wahlschlappe nun mit der Ursachenforschung. Parteichefin Gabi Zimmer lehnte einen Rücktritt zunächst ab.
Wahlen auch in Mecklenburg-Vorpommern
Parallel zur Bundestagswahl wurde im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern ein neuer Landtag gewählt. Trotz schwerer Verluste der PDS kann die rot-rote Koalition in Schwerin weiter regieren. Die SPD wurde nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis mit 40,6 Prozent klarer Sieger. Ihr Partner PDS stürzte dagegen von 24,4 Prozent auf 16,4 Prozent ab. Die CDU landete mit 31,3 Prozent auf Platz zwei. Die FDP verdreifachte überraschend ihr Ergebnis auf 4,7 Prozent. Für den Einzug ins Landesparlament reichte das aber nicht, wie auch die 2,6 Prozent der Grünen. (im)