Mehr Meinung als Information
31. März 2003Der Auftrag – so war schon im Vorfeld zu hören – ist klar: Der nicht-arabischen Welt arabische Stimmen, Bilder und Meinungen zu vermitteln, wie man sie nicht über die westlichen Medien bekommt.
Anderer Blickwinkel
Dieses Ziel wird erreicht – so zumindest ist der erste Eindruck, wenn man die Seite anklickt. Ein übersichtlicher und durchaus professioneller Auftritt, wie man ihn von diesem Vorreiter des freien und unzensierten arabischen Fernseh-Journalismus nicht anders erwartet hatte. Und – auch das war zu erwarten: Es gibt hier den "etwas anderen" Blickwinkel auf die Ereignisse. Jetzt natürlich besonders auf die des Irakkrieges.
Kritischer Unterton
Da ist nicht die Rede vom siegreichen Vorrücken der Alliierten, sondern eher davon, dass die vermeintlichen "Präzisionswaffen" so präzise denn auch wieder nicht sind und dass sie auch ganz andere Ziele treffen können als die geplanten. Eine Feststellung, die zwar auch in westlichen Medien inzwischen zu finden ist, die bei "El Dschasira" aber immer noch einen zusätzlichen kritischen Unterton hat. Wie auch der Bericht, dass die USA sich "jetzt erst" der Genfer Konvention besännen, dass in Basra eine humanitäre Katastrophe drohe oder das Bagdad nun Beweise für die Gefangennahme amerikanischer Soldaten vorlegt habe.
Fragwürdiges Erfolgsrezept
Ähnlich geht es dann weiter: Auf der Hintergrundseite wird berichtet, die Kriegsherren Bush und Blair müssten mit einer Anklage wegen Kriegsverbrechen rechnen oder aber es sei dies ein unproportionaler Krieg zwischen David und Goliath. Deutlich sind die Sympathien des Senders und seiner Redaktion herauszulesen. Das ist zweifellos des Senders gutes Recht, ist aber ein fragwürdiges Rezept, wenn man in der westlichen Welt Erfolg haben will. Der Verdacht liegt eher näher, dass hier Meinungen bedient, nicht aber gebildet werden. Und dass – trotz aller Professionalität des allgemeinen Auftritts des Senders – "El Dschasira" sich hiermit den Vorwurf der Einseitigkeit und der Propaganda einhandeln wird.
Kein vorsichtiges Umwerben
Und damit hätte man das Ziel verfehlt: Nämlich den von westlichen Medien eingelullten Leser oder User aufzuwecken und ihn auf eine andere Sichtweise der Probleme des Orients einzustimmen. So, wie auch westliche Medien das orientalische Publikum vorsichtig umwerben sollten, um es nicht gleich in Abwehrhaltung zu drängen, so wäre "El Dschasira" vielleicht besser auch etwas behutsamer vorgegangen: Bleibt das Angebot so, wie es sich jetzt darstellt, dürfte es im Westen kaum einen nennenswerten Kundenkreis finden. Man mag dazu stehen wie man will, aber dazu sind hier die Meinungen meist schon zu sehr festgelegt.