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Mehr Gelassenheit!

Wolter von Tiesenhausen9. April 2002

Der Zusammenbruch des Medienunternehmens von Leo Kirch hat die deutsche Politik erschüttert. Kein Wunder, denn Leo Kirch war und ist mit dieser Politik eng verbandelt. Ein Kommentar von Wolter von Tiesenhausen.

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Aus seiner Sympathie für die Christdemokraten macht er keinen Hehl, doch auch Liberale und Sozialdemokraten suchten seine Nähe, besser gesagt: seinen Einfluß
auf die Medien. Das ist weder verwunderlich noch unschicklich.

Politiker sind nun einmal darauf angewiesen, dass die Medien ihre Botschaften transportieren, so wie die Medien von guten Kontakte zu den Entscheidungsträgern der Politik nur profitieren können.

Im Fall Kirch waren diese guten Kontakte - ganz vorsichtig
ausgedrückt - sicherlich nicht hinderlich, als es darum ging, im öffentlichen Mitbesitz befindlichen Banken zu Krediten zu bewegen.

Dass dabei nicht nur der spitze Rechenstift entschied, sondern auch standortpolitische Überlegungen eine Rolle spielten, liegt auf der Hand. Denn der Staat leistet sich öffentliche Kreditinstute, um damit jene Förderung zu ermöglichen, zu der rein wirtschaftlich denkende Banken nicht bereit sind. Das gilt für risikobeladene Exportgeschäfte ebenso wie für wenig Gewinn abwerfende Projekte der
Entwicklungshilfe oder die Standortförderung im Inland.

Die Politik mischt auch mit, wenn es jetzt um eine Auffanglösung für das Kirch-Imperium geht. Das hat nicht nur etwas mit dem berechtigten Interesse an gut 10.000 qualifizierten Arbeitsplätzen, sondern auch mit den besonderen Beziehungen zwischen Politik und Medien zu tun.

Erstaunlich ist allerdings, dass dabei quer durch das politische Spektrum auch nationale, ja fast schon fremdenfeindliche Argumente eine Rolle spielen. Die Sorge, ausländische Medienunternehmer wie Rupert Murdoch oder Silvio Berlusconi könnten sich stärker als bisher auf dem deutschen Markt etablieren wird von Sozial- und Christdemokraten gleichermassen geteilt.

Das widerspricht dem sonst so gerne beschworenen Geist des grenzüberschreitenden Wirtschaftens, der sogenannten Globalisierung.

Wer so argumentiert, müßte sich auch gegen das durchaus erfolgreiche Engagement deutscher Verlage im Ausland wenden. Es ist kaum anzunehmen, daß ein Europa-Kritiker wie Murdoch die Einstellung der Deutschen zur europäischen Integration ändern oder Berlusconi, nur weil er auch italienischer Ministerpräsident ist, ungebührlichen
Einfluss auf die deutsche Politik nehmen könnte.

Auch ausländische Medienunternehmen müssen sich auf ihre deutschen Kunden einstellen, wenn sie sich auf dem Markt behaupten wollen. Etwas mehr Gelassenheit in diesen Fragen täte der deutschen Politik ganz gut.