26 EU-Länder wollen neuen Euro-Pakt
9. Dezember 2011"Der Euro ist mal wieder gerettet, aber Großbritannien ist draußen." Mit diesem Satz fasste einer der EU-Diplomaten den Gipfel zusammen, der am Freitag (09.12.2011) mit weit reichenden Beschlüssen zur Gründung einer Fiskalunion zu Ende ging. Der Vorsitzende des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, sagte: 26 Staats- und Regierungschefs wollten an dieser Fiskalunion teilnehmen. Die 17 Staaten, die den Euro als Währung führen, sind dabei und neun weitere Staaten, in denen aber zunächst die Parlamente befragt werden sollen.
Nur Großbritannien will auf keinen Fall einer entsprechenden Änderung der EU-Verträge von Lissabon zustimmen. Deshalb wird jetzt von wahrscheinlich 26 EU-Staaten ein neuer völkerrechtlicher Vertrag geschlossen, der schon im März unterzeichnet werden und Ende 2012 in Kraft treten soll. So war es nach nächtlichen Verhandlungen vereinbart worden.
"Jetzt wird durchgegriffen"
Müde, aber zufrieden zeigte sich Bundeskanzlerin Merkel. Sie hat zusammen mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy ihre Vorstellungen für eine strenge Haushaltsdisziplin in Europa durchgesetzt. Alle Staaten sollen eine Schuldenbremse einführen und eine strikte Aufsicht der EU-Kommission über ihre Haushalte akzeptieren. Dazu gehören auch automatische Strafen.
Die Bundeskanzlerin, die ähnliche Vorschläge vor einem Jahr noch abgelehnt hatte, sagt, man müsse aus der Krisenbewältigung lernen: "Die Botschaft heißt, wenn wir eine gemeinsame Währung haben, müssen wir akzeptieren, dass Gemeinschaftsinstitutionen auch Verantwortung haben, wenn man sich an die gemachten Verabredungen nicht hält", sagte Angela Merkel. Innerhalb dieser Verabredungen habe jeder seine Budgethoheit. "Aber wenn man sich nicht daran hält, muss durchgegriffen werden. Das wird jetzt Schritt für Schritt Realität." 20 Jahre nach der Gründung der Währungsunion in Maastricht sollten die Konstruktionsfehler nun bereinigt werden.
200 neue Milliarden?
Kurzfristig wollen die Europäer 200 Milliarden Euro auftreiben, die dem Internationalen Währungsfonds zur Verfügung gestellt werden. Der IWF soll das Geld dann an Staaten wie Italien weiterreichen, die zurzeit sehr hohe Zinsen für Staatsanleihen bieten müssen. Die IWF-Direktorin Christine Lagarde, die in Brüssel an den Beratungen teilnahm, lobte die Beschlüsse der Europäer. "Ermutigend ist heute, dass die Vertragsparteien drei wesentliche Dinge beschlossen haben. 1. Sie wollen ihre Fiskalunion wirklich erreichen. 2. Sie wollen den dauerhaften Rettungsfonds schneller einführen. 3. Sie haben entschieden, den Internationalen Währungsfonds mit 200 Milliarden Euro zusätzlich auszustatten. Das soll bereits in zehn Tagen geschehen", sagte Lagarde. Das sei wirklich ein guter Schritt in die richtige Richtung.
Aus welchen Quellen genau das Geld stammen soll, wusste die IWF-Chefin nicht zu sagen. Bundeskanzlerin Merkel sprach von bilateralen Kreditlinien, die von den Notenbanken an den IWF gegeben werden sollen. Noch am Donnerstag hatte der Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, eine monetäre Staatsfinanzierung über den Umweg IWF abgelehnt.
Keine Gläubigerhaftung mehr
Der britische Premierminister David Cameron sagte kurz vor seiner Abreise aus Brüssel, er fühle sich nicht ausgeschlossen. Großbritannien habe auch nicht die Absicht, aus der Europäischen Union auszutreten. Der griechische Ministerpräsident Papademos zeigte sich zuversichtlich, dass der Schuldenschnitt mit Beteiligung der privaten Gläubiger bis Ende des Jahres gelingen werde. Bisher liefen die Verhandlungen eher schleppend. In Zukunft sollen private Gläubiger bei Schuldenschnitten nicht mehr beteiligt werden. Griechenland sei ein Einzelfall, hieß es in Brüssel. Die Anleger hatten sich seit Bekanntwerden des Schuldenschnitts beim Kauf von Staatsanleihen merklich zurückgehalten. Jetzt will die Euro-Zone sie wieder milde stimmen.
Bundeskanzlerin Merkel geht davon aus, dass dieser Krisengipfel der letzte im ablaufenden Jahr war: Sie habe nichts anderes in ihrem Kalender vermerkt. Von Januar an wollen sich die Staats- und Regierungschefs der Euro-Staaten allerdings jeden Monat treffen, als eine Art "Wirtschaftsregierung".
Autor: Bernd Riegert
Redaktion: Tamas Szabo / Rolf Breuch