Mehr als 500.000 Corona-Tote in Brasilien
19. Juni 2021Ein Krisenmanagement im Kampf gegen das Coronavirus gibt es in dem südamerikanischen Land nicht. Und so musste Gesundheitsminister Marcelo Queiroga jetzt mitteilen, dass seit Beginn der Pandemie in Brasilien mehr als 500.000 COVID-19-Todesopfer registriert worden sind. Via Twitter versicherte der Minister weiter, er arbeite unermüdlich daran, damit alle Brasilianer in kürzester Zeit geimpft werden könnten. Die Nation mit 210 Millionen Einwohnern meldete in den vergangenen Tagen wieder über 2.000 Corona-Tote täglich. Falls es in diesem Tempo weitergehen sollte, wird Brasilien bald schon die USA als Land mit den weltweit meisten Corona-Toten ablösen, wie Virologen vorrechneten. In den Vereinigten Staaten sind bislang mehr als 600.000 Menschen an oder mit dem Coronavirus gestorben.
Aus Wut über die Corona-Politik des rechtspopulistischen Präsidenten Jair Bolsonaro gingen am Samstag wieder zehntausende Menschen auf die Straße. In der Hauptstadt Brasília sowie in 14 Provinzhauptstädten forderten sie den Rücktritt Bolsonaros, mehr Impfungen und wirtschaftliche Unterstützung in der Corona-Krise sowie größere Anstrengungen im Kampf gegen den Hunger und die Achtung der Rechte indigener Völker.
Experten sind beunruhigt über die hohe Zahl von Neuinfektionen in Brasilien: Mit 98.135 Fällen innerhalb von 24 Stunden wurde am Freitag ein absoluter Tagesrekord aufgestellt. Mikrobiologin Natalia Pasternak sagte, aufgrund der schleppenden Impfkampagne - bisher sind erst gut elf Prozent der Erwachsenen vollständig geimpft - sei eine Prognose über den weiteren Pandemieverlauf schwierig.
Experten sehen Verantwortung bei Bolsonaro-Regierung
Für die Wissenschaftlerin liegt die Verantwortung für das Massensterben bei der Regierung Bolsonaro. "Was hier in Brasilien falsch gelaufen ist, war die Art, wie diese Regierung, die die Erkenntnisse zum Coronavirus leugnet, die Pandemie gemanagt hat. Sie geht vollkommen unvorbereitet an die Arbeit und hilft damit dem Virus."
Der rechtspopulistische Präsident hat das Virus stets klein geredet, Maßnahmen von Bürgermeistern und Gouverneuren sabotiert und gar mit dem Einsatz des Militärs gedroht, um Lockdowns zu beenden. Am Donnerstag erklärte der Ex-Militär, die Infektion mit dem Coronavirus erzeuge eine wirksamere Immunisierung als die Impfungen. Zur Bekämpfung der Krankheit empfiehlt er weiterhin das Malariamittel Chloroquin und ein Wurmmittel.
Mittlerweile befasst sich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss des Senats mit der Reaktion der Regierung auf die Pandemie. Dabei kam auch heraus, dass Bolsonaro Mitte 2020 mehrere Angebote von BioNTech/Pfizer über Millionen von Impfdosen ignoriert hatte. Erst seit März versuche die Regierung ernsthaft, Vakzine zu beschaffen, hieß es.
se/bru (ap, dpa, kna, afp)