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Meer frisst Küste

21. Juli 2009

Klimawandel und steigender Meeresspiegel - im Senegal kann man fast zusehen, wie das Meer das Land frisst. Damit ist auch der Tourismus, eine der wenigen Einnahmenquellen an der Küste, bedroht.

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Junge Männer am Strand des Badeortes Saly (Foto: dpa)
Senegals Traumstrände müssen immer weiter dem Meer weichenBild: picture-alliance / maxppp

Der Senegal hat eine über 500 Kilometer lange Küste, aber bald keine Fische mehr. Die große Hoffnung nach dem Fischfang: Tourismus. Die Traumstrände locken bereits Tausende von Touristen aus dem zahlungsstarken Europa an, geben Jobs, geben Zukunft für viele der jungen Senegalesen, von denen viele sonst nur die illegale Überfahrt nach Europa als Zukunftshoffnung sehen. Doch das Meer frisst heute das Land mit beängstigender Geschwindigkeit und zerstört damit auch die Hoffnung der Bevölkerung.

Überflutetes Touristenparadies

"Seit zwei Jahren kommt das Meer immer schneller immer näher. Früher gab es einen großen Strand. Die Leute mussten ganz weit hinauslaufen, um im Wasser zu baden. Am Strand gab es viele Bäume, Palmen und sogar Hütten, aber die sind alle verschwunden. Sogar die Blumen auf der einen Seite des Swimmingpools wurden vom Meer überflutet", erzählt Amadou Demba, der seit zwölf Jahren in Saly als Wächter arbeitet. Saly ist ein Touristenparadies 80 Kilometer von Senegals Hauptstadt Dakar entfernt.

Bungalows des Lamantin Beach Hotels in Saly (Foto: dpa)
Schaden der Umwelt: große HotelbautenBild: picture-alliance / maxppp

Die Appartements der Residenz mit dem hübschen Namen "Paradies" haben Blick aufs Meer. Ihr Wert hat sich innerhalb von wenigen Jahren verdoppelt. Nun aber nagt das Meer bereits am Swimmingpool. Pierre Hirigoyen, ein Baulöwe aus dem französischen Baskenland, hat als einer der ersten in Saly investiert. Doch ihm gehört der Boden nicht: "Der senegalesische Staat vermietet ihn uns für 30 Jahre. Er bleibt der Eigentümer, und er muss uns vor dem Meer schützen. Wir können das nicht, denn das kostet sehr viel Geld."

Das Umweltministerium will Schutzwälle bauen

Die meisten Villen seiner drei Residenzen sind verkauft, meist an Franzosen, die als Touristen kamen und als Rentner blieben. Mitte der 1990er Jahre war Saly noch ein afrikanisches Dorf. Dank des Tourismusprogramms reiht sich heute Hotel an Hotel. Mbour ist die nächste größere Stadt mit einem wichtigen Fischerhafen, fünf Kilometer von Saly entfernt. Pape Gana Ngom ist dort geboren und hat die Entwicklungen der vergangenen 40 Jahre miterlebt: "Es ist ein Jammer, was heute aus dem Strand geworden ist. Als ich ein Junge war, dürfte zwischen den Häusern und den ersten Wellen mindestens ein Kilometer gewesen sein in meinem Viertel in Mbour namens Golf." In Saly sei der Strand gleichzeitig Fußballfeld gewesen, erinnert sich Pape Gana Ngom weiter. Doch seit den 1990er Jahren habe sich das Meer immer weiter genähert und die Strände seien dem Wasser gewichen.

Senegalesische Frau präpariert Fisch am Strand (Foto: AP)
Auch Senegals Fischer spüren die VeränderungenBild: picture-alliance / © Balance/Photoshot

Die Behörden wurden erst auf das Phänomen aufmerksam, als das Land zwischen dem Ozean und dem Fluss Saloum verschwand. Der Abgeordnete Ousmane Gaye war Ende der 1990er Jahre im regionalen Tourismusbüro der Küste und erklärt: "Das Meer breitet sich an der gesamten Kleinen Küste bis Rufisque aus. Das ist besorgniserregend. Das Umweltministerium hat Maßnahmen ergriffen, will große Schutzwälle bauen. Aber vor allem an den Sandstränden schreitet das Meer unaufhaltsam voran."

Schuld liegt bei den Industrieländern

Die Politiker verweisen gerne auf die Verantwortlichkeit der Industrieländer. Pape Gana Ngom aus Saly ist in der Partei von Staatspräsident Wade. Auch er sieht den Klimawandel als Ursache für den Landverlust und fordert globale Maßnahmen: Das Volk kann das Meer nicht mit seinen Armen aufhalten. Damit das Meer aufhört, die Küste zu fressen, müssten die Eisberge aufhören zu schmelzen. "Tut mir leid, aber an dieser Situation ist der Mensch schuld", sagt Ngom. Es reiche eben nicht, im Senegal Dämme zu bauen, wenn der Norden nicht seine CO2 Ausstöße verringere. "Es bräuchte eine globale Strategie und einen weltweiten Willen. Afrika ist da nicht entscheidend."

Globale Strategie gefordert

Haidar El Ali gilt laut der Pariser Zeitung "Le Monde" als einer der hundert wichtigsten Umweltschützer der Welt. Der Senegalese libanesischer Herkunft bezeichnet sich gerne als "weißer Grüner im Land der Schwarzen". Er analysiert die Lage so: "Die Erderwärmung erhöht den Meeresspiegel, das ist allen Wissenschaftlern bekannt und wir können das vor Ort feststellen. Aber wir helfen der Natur nicht! In Saly kommt das auch von der Urbanisierung. Oft ändern die Hotels mit Brücken oder Deichen einfach die natürliche Meeresströmung." Die senegalesischen Politiker und die europäischen Hotelbesitzer warten jetzt ab, wer als erster etwas gegen die Katastrophe unternimmt. Doch das Meer wird auch vor dem Fischerdorf nicht halt machen, warnt Haidar El Ali: "Bezahlen wird das der Arme, er wird unter den Folgen leiden. Der daran schuld ist und damit Geld verdient hat, wird woanders hingehen. Wie immer bleibt der Arme übrig!"

Autorin: Martina Zimmermann

Redaktion: Stephanie Gebert