Medien: Weitere Behördenpanne im Fall Amri
17. Oktober 2017Nachdem bereits schwere Fehler von Polizei, Justiz und Politik im Fall Anis Amri bekannt geworden waren, berichtet "Frontal 21" nun von einer weiteren Panne der Ermittler.
So soll der Syrer Mohamed J. im Herbst 2015 dem Sozialarbeiter seiner Flüchtlingsunterkunft und im Juni 2016 in seinem Asylverfahren Amri als gefährlichen Islamisten mit Kontakten zur Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" geschildert haben.
Der "Frontal 21"-Redaktion liegt nach eigenen Angaben eine Kopie der Anhörung vor, in der J. im Juli 2016 dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gesagt habe, Amri sei "sehr islamistisch radikal".
Die Polizei habe ihn aber erst am 30. Januar, also Wochen, nachdem Amri den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz verübt hatte, verhört. Dies gehe aus internen Dokumenten hervor.
"Anis hat sich nicht verstellt"
J. teilte über Wochen in einem Flüchtlingsheim in Emmerich am Rhein ein Zimmer mit dem späteren Attentäter. Amri führte zu der Zeit den falschen Namen Mohammed Hassa.
Der Mitbewohner kannte dem Bericht zufolge Amris richtige Identität und wusste von dessen Kontakten zu syrischen Dschihadisten. "Anis hat sich nicht verstellt", habe der Zeuge "Frontal 21" gesagt.
Moritz Körner, der für die FDP im Amri-Untersuchungsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags sitzt, kritisierte das Vorgehen der Ermittler: "Das wäre, sollte sich das so bewahrheiten, ein eklatantes Versagen unserer Sicherheitsbehörden."
Der aus Tunesien stammende Islamist Amri hatte am 19. Dezember vergangenen Jahres einen Lastwagen gezielt in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz gesteuert. Zwölf Menschen wurden getötet, mehr als 60 verletzt. Amri wurde Tage später auf seiner Flucht von italienischen Polizisten erschossen.
ie/jj (afp, ZDF)