Medaillenflut für das deutsche Team
31. Juli 2012"Der Knoten ist jetzt durchgeschlagen", sagte Michael Vesper, Chef de Mission für die deutsche Olympia-Mannschaft in London nach der ersten Goldmedaille, dem Mannschafts-Olympiasieg der deutschen Vielseitigkeitsreiter. Und er sollte recht behalten: Nach dem schlechtesten Olympiastart seit 44 Jahren und der Silbermedaille von Degenfechterin Britta Heidemann standen am 4. Wettkampftag fünf Medaillen zu Buche, davon zweimal Gold. Vor vier Jahren brachte Deutschland insgesamt 41 Medaillen aus China mit nach Deutschland mit, davon 16 aus Gold. "Es zeigt sich hier, dass der internationale Wettbewerb härter geworden ist. Immer mehr Länder kämpfen um Medaillen - und das mit aller Kraft", sagte Vesper. Platz fünf im Medaillenspiegel wie 2008 ist der DOSB-Maßstab. "Es wird aber sehr viel schwerer als in Peking. Den Platz zu halten wäre schon ein Erfolg."
Doppel-Gold für Vielseitigkeitsreiter
Doppelte Freude für Geburtstagskind Michael Jung und sein Goldpferd Sam: Der Vielseitigkeitsreiter feierte an seinem 30. Geburtstag nach dem Erfolg mit dem Team auch den Olympiasieg im Einzel. Der Welt- und Europameister blieb auch im zweiten Spring-Umlauf fehlerfrei und siegte mit 40,60 Punkten vor der Schwedin Sara Algotsson Ostholt, die nach einem Abwurf am letzten Hindernis auf 43,30 Punkte kam. Bronze holte sich mit 44,80 Zählern die Deutsche Sandra Auffarth mit Opgun Louvo. Zuvor war Jung schon mit der Equipe zum Sieg geritten und hatte der deutschen Olympia-Mannschaft damit die erste Goldmedaille beschert. Zusammen mit Ingrid Klimke (Abraxxas), Sandra Auffarth, Dirk Schrade (King Artus) und Peter Thomsen (Barny) setzte sich Jung mit 133,70 Punkten vor Großbritannien (138,20) und Neuseeland (144,40) durch. Damit wiederholten die deutschen Vielseitigkeitsreiter den Triumph von Peking 2008.
Bischof verliert Revanche und holt Silber
Es hätte Gold werden können, doch Ole Bischof freute sich trotzdem. In der Wiederauflage des Finales von Peking gelang Bischof dieses Mal kein Sieg, doch das reichte für den Olympiasieger von 2008 in London für Silber. Der 32-Jährige unterlag im Finale der Gewichtsklasse bis 81 Kilogramm dem Südkoreaner Kim Jae-Bum, den er vor vier Jahren bei seinem Olympiasieg in Peking bezwungen hatte. "Nach dem Halbfinale waren die Körner raus. Ich freue mich, dass Kim gewonnen hat, ich gönne es ihm von tiefstem Herzen", sagte der faire Verlierer. "Hätte ich Gold gewonnen, wäre ich in die Themse gesprungen, aber ich freue mich über Silber." Bischof, der als erster deutscher Judoka überhaupt seinen Olympiasieg hätte wiederholen können, hatte sich erst nach Verlängerung in das Finale gekämpft. Er besiegte in der Vorschlussrunde Travis Stevens aus den USA durch Kampfrichterentscheid. Dagegen scheiterte Claudia Malzahn gleich in ihrem ersten Kampf gegen die Slowenin Urska Zolnir und reihte sich damit in die Serie der Misserfolge der deutschen Mattenkämpfer in London ein.
Silber auch für Slalom-Kanuten
Für eine Überraschung sorgte Canadier-Fahrer Sideris Tasiadis bei seinem Olympia-Debüt. Er holte im Lee Valley White Water Centre in 98,09 Sekunden ebenfalls die Silbermedaille. "Eine Medaille in diesem Feld ist überragend", sagte Chef-Bundestrainer Michael Trummer und betonte: "Das ist kein verlorenes Gold." Der Medaillensieger bekam das Lächeln nicht mehr aus dem Gesicht. "Ich habe es am Anfang gar nicht geglaubt. Ich musste zweimal hinschauen", berichtete er. "Aber jetzt platze ich vor Glück." Der Olympiasieg ging an den Franzosen Tony Estanguet (97,06). Bronze gewann Michal Martikan aus der Slowakei (98,31).
Phelps medaillenreichster Olympionike aller Zeiten
Er hätte sich auf seiner Paradestrecke ein Denkmal setzten können, doch Michael Phelps musste sich mit der Silbermedaille zufrieden und über 200 Meter Schmetterling einem Südafrikaner geschlagen geben. Chad le Clos legte einen furiosen Endspurt hin und schlug nach 1:52,96 Minuten und somit fünf Hunderstel Sekunden schneller an als der US-amerikanische Rekord-Olympiasieger. Damit gelang es Phelps nicht, als erster Schwimmer zum dritten Mal in Folge auf der gleichen Strecke Gold zu gewinnen. Gold holte er sich aber später am Abend mit der Freistilstaffel über 4 x 200 Meter in 6:59,70 Minuten klar vor Frankreich und China. Damit ist der US-Amerikaner nicht nur der erfolgreichste, sondern auch der medaillenreichste Olympionike aller Zeiten. 15 Olympiasiege und insgesamt 19 Medaillen hat er bei Sommerspielen gewonnen.
Die Deutschen lieferten bis zum Schluss ein spannendes Rennen und wurden mit einem Mini-Rückstand von nur 29 Hundertstel Sekunden gute Vierte (7:06,59). "Die Enttäuschung war kurz ganz groß, aber ein vierter Platz bei Olympia ist ganz gut, das kann sich sehen lassen", sagte Schlussschwimmer Clemens Rapp. Dennoch steuert das deutsche Schwimmteam auf ein Olympia-Desaster hin – es könnten die ersten medaillenlosen Spiele seit 80 Jahren werden. Wie schon vor vier Jahren in Peking kann wohl nur noch Britta Steffen das totale Fiasko verhindern. Die Doppel-Olympiasiegerin geht am Mittwoch (01.08.) als Titelverteidigerin über 100 Meter an den Start. Marco Koch und Christian vom Lehn schieden im Halbfinale über 200 Meter Brust aus. Marco Di Carli scheiterte über 100 Meter Freistil im Vorlauf.
Über ihren zweiten Olympiasieg durfte sich die 16-jährige Chinesin Ye Shiwen freuen. Wie schon über 400 Meter Lagen, als sie einen neuen Weltrekord aufstellte, ließ sie auch über die 200 Meter in 2:07,57 Minuten alle hinter sich. Silber – und damit ihre dritte Medaille – sicherte sich die australische Vizeweltmeisterin Alicia Coutts (2:08,15). Bronze ging an die US-Amerikanerin Caitlin Leverenz (2:08,95).
Nora Subschinski und Christin Steuer haben im Synchronspringen vom Turm die Bronzemedaille klar verpasst. Die WM-Dritten von Shanghai mussten sich im Londoner Aquatics Centre mit dem sechsten Rang begnügen. Die Top-Favoriten aus China feierten dagegen in der dritten Wassersprung-Entscheidung von London den dritten Sieg. Silber ging an Mexiko, Bronze an Kanada.
Deutsches Damen-Trio im Tennis-Achtelfinale
Drei deutsche Tennisspielerinnen haben es ins olympische Achtelfinale geschafft: Zuerst siegte Wimbledon-Halbfinalistin Angelique Kerber gegen die Ungarin Timea Babos mit 6:1, 6:1. In der Runde der besten 16 trifft Kerber nun auf die dreimalige Olympiasiegerin Venus Williams aus den USA. Danach folgte ihr Sabine Lisicki, die nach einem abgewehrten Matchball 4:6, 6:3, 7:5 gegen die Kasachin Jaroslawa Schwedowa gewann. Lisicki trifft nun auf Russlands Star Maria Scharapowa, gegen die sie zuletzt im Wimbledon-Achtelfinale gewonnen hatte. Julia Görges folgte ihren Fed-Cup-Kolleginnen mit einem Zweisatzsieg (6:3, 7:5) gegen Varvara Levchenko aus den USA in die nächste Runde. Sie trifft nun auf die Russin Maria Kirilenko. In der ersten Runde hatte Görges überraschend Wimbledonfinalistin Agnieszka Radwanska aus Polen aus dem Turnier geworfen.
Im Doppel waren Kerber und Lisicki allerdings chancenlos. In der zweiten Runde schieden sie mit 2:6, 5:7 gegen die zweifachen Olympia- und amtierenden Wimbledonsiegerinnen im Doppel, Serena und Venus Williams aus den USA aus. Auch Julia Görges und Anna-Lena Grönefeld mussten sich geschlagen geben. Sie mussten sich Jekaterina Makarowa und Elena Wesnina aus Russland mit 6:2, 6:1 geschlagen geben.
Florettfechter gehen leer aus
Ein frühes Aus gab es für die deutschen Florettfechter um Peking-Sieger Benjamin Kleibrink und den viermaligen Einzel-Weltmeister Peter Joppich: Für Kleibrink war bereits in der Runde der letzten 32 im Gefecht gegen den Japaner Yuki Ota Schluss. In der Neuauflage des olympischen Finals von 2008 unterlag der 27-Jährige einen Tag nach seinem Geburtstag mit 5:15. Joppich verlor im Achtelfinale gegen Alaaeldin Abdouelkassem aus Ägypten 10:15. Sebastian Bachmann schied ebenfalls im Achtelfinale aus.
Enttäuschung auch bei den Medaillenkandidatinnen Sara Goller und Laura Ludwig. Die Beachvolleyballerinnen kassierten im zweiten Gruppenspiel gegen Talita Rocha/Maria Antonelli aus Brasilien mit 1:2 die erste Niederlage. Dabei wehrten Goller/Ludwig insgesamt zehn Matchbälle ab, verloren aber dennoch mit 13:15 im entscheidenden Satz.
Auch die die deutschen Volleyballer machten es nicht besser, sie verloren auch ihre zweite Partie bei den Olympischen Spielen. Die Mannschaft von Bundestrainer Vital Heynen unterlag Olympiasieger USA erwartungsgemäß mit 0:3 (23:25, 16:25, 20:25) und muss nun auf die Spiele gegen Europameister Serbien und gegen Außenseiter Tunesien hoffen.
US-Turnerinnen gewinnen Gold
Die deutschen Turnerinnen hatten das Mannschafts-Finale verpasst, dafür sorgten die US-Amerikanerinnen mit einem spektakulären Auftritt für eine Wachablösung. Mit 183,596 Punkten feierten sie ihren zweiten Olympia-Erfolg nach 1996 in Atlanta. Rekord-Olympiasieger Russland hatte dem Weltmeister-Team nichts entgegenzusetzen und belegte den zweiten Platz. Die Chinesinnen kamen überraschend nach Fehlern am Balken nur auf Platz vier. Bronze ging an Rumänien.