McChrystal verleiht US-Forderungen Nachdruck
23. Oktober 2009Eigentlich sollte US-Verteidigungsminister Robert Gates seinen Kollegen in Bratislava die Forderungen des Oberkommandierenden der internationalen Truppen in Afghanistan erläutern. Doch überraschend ist General Stanley McChrystal selbst am Freitag (23.10.2009) in der slowakischen Hauptstadt erschienen, um den zögernden Bündnispartnern seine Forderung nach einer Aufstockung der Truppen am Hindukusch schmackhaft zu machen.
40.000 zusätzliche Soldaten fordert der US-General schon seit Wochen und warnt, dass der Krieg gegen die Taliban sonst verloren werden könnte. Die Lage sei ernst, so McChrystal, und der Erfolg der Mission „keineswegs gesichert“. Zurzeit sind 68.000 ISAF-Soldaten vor Ort, etwa die Hälfte kommen aus den USA.
Rasmussen unterstützt den General
Volle Unterstützung bekommt General McChrystal vom NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen. Er hat in Bratislava die schwierige Aufgabe, die eher kriegsmüden Europäer von der Notwendigkeit eines stärkeren militärischen und politischen Einsatzes in Afghanistan zu überzeugen. „Die Kosten mögen hoch sein, aber der Preis den Nichtstuns ist höher“, so Rasmussen mit Blick auf die schwierige Sicherheitslage in Afghanistan.
Doch die Europäer warten auf ein Signal aus Washington. Dort muss US-Präsident Barack Obama über eine mögliche Erhöhung der amerikanischen Soldatenzahl innerhalb der NATO-geführten Afghanistan-Schutztruppe ISAF entscheiden.
Sollte Obama den Vorschlägen McChrystals folgen, müssten wohl auch die Europäer nachziehen. Unter Druck stehen deshalb die Niederländer, deren Parlament das ISAF-Mandat nicht über Sommer 2010 hinaus verlängern will.
Jung: keine weiteren Soldaten für Afghanistan
Der deutsche Verteidigungsminister Franz Josef Jung schloss in Bratislava bereits aus, dass Deutschland sich zeitnah zur Entsendung zusätzlicher Soldaten nach Afghanistan bereit erklären wird. Die Obergrenze von 4.500 Soldaten solle bei der Erneuerung des Bundeswehr-Mandats am 14. Dezember unverändert bleiben.
Bei einer unter anderem von Bundeskanzlerin Angela Merkel angeregten Afghanistan-Konferenz im kommenden Frühjahr könne man dann über zusätzliche Unterstützung Deutschlands in Bereich der Ausbildung von Sicherheitskräften sprechen, so Jung.
Mehr Verantwortung für afghanische Sicherheitskräfte
Ziel der NATO ist es, die Ausbildung der afghanischen Armee und Polizei soweit voranzutreiben, dass diese möglichst bald eigenständig die Verantwortung für die Sicherheit im Land übernehmen könnten. Dafür müsse zunächst mehr investiert werden, betonte Generalsekretär Rasmussen in Bratislava.
Denn teuer wird für die NATO auch die Absicherung der am 7.November stattfindenden Präsidentschafts-Stichwahl in Afghanistan. Vor diesem Hindergrund sprach sich auch der UN-Sondergesandte für Afghanistan, Kai Eide, für eine Verstärkung der internationalen Truppen in Afghanistan an. Mehr Soldaten würden benötigt, um die afghanischen Streitkräfte „besser zu begleiten und zu beraten“, so Eide.
Neben Kampftruppen fehlen auch Ausbilderteams, die die afghanische Armee schulen. Momentan gibt es von 68 benötigten Ausbildungsteams nur 59. Und diese Lücke in der Ausbildung würde noch deutlich größer, sollten General McChrystals Forderungen nach insgesamt 400.000 afghanischen Soldaten und Polizisten bei den NATO-Partnern in Bratislava auf Gehör stoßen.
Autorin: Susanne Henn, z. Zt. Bratislava
Redaktion: Eleonore Uhlich