Kaschmir kocht wieder
16. August 2008Die Emotionen kochten am Samstag (16.08.2008) im indischen Teil Kaschmirs weiter hoch. Auslöser war der Tod eines Führers der separatistischen Allianz 'All Parties Hurriyat Conference'. Scheich Abdul Aziz und mehr als 20 weitere Moslems waren am Montag getötet worden, als Polizisten in eine Demonstrantenmenge schossen.
Die Trauernden versammelten sich zu zehntausenden in Pampore, außerhalb der Hauptstadt Srinagar. Schwarze und grüne Flaggen schwenkend riefen sie "Wir wollen Freiheit", "Inder geht nach Hause" und "Kaschmir gehört uns". Der frühere Separatistenchef Mirwaiz Umar Farooq schrie von einem Podium aus in die Menge: " Indien beansprucht für sich, eine Demokratie zu sein. Ist das (die Schüsse auf Demonstranten) Demokratie? Ist das Menschlichkeit?". Die Sicherheitskräfte hielten sich auf Abstand, um nicht weitere Gewalt zu provozieren.
Größte Protestkundgebung seit fast zwanzig Jahren
Am Montag war es in Srinagar zur größten Protestkundgebung seit dem Aufstand gegen die indische Herrschaft in Jammu und Kaschmir im Jahre 1989 gekommen. Auslöser war die Entscheidung der kaschmirischen Regierung im Juni, einer Treuhandgesellschaft, die einen hinduistischen Tempel verwaltet, Land um das Bauwerk zuzusprechen. Die Entscheidung wurde wenig später wieder zurückgenommen, was Hindu-Extremistengruppen in Rage versetzte. In Bombay, Neu Delhi und anderen indischen Städten stoppten Demonstranten Züge und blockierten Straßen.
Der seit Jahrzehnten schwelende Kaschmir-Konflikt droht erneut auszubrechen. Seit mehr als sechs Wochen kommt es im indischen Teil Kaschmirs zu heftigen Protesten der dortigen muslimischen Mehrheit gegen die hinduistische Minderheit. Dörfer wurden angegriffen und Polizeiwachen angezündet. Mindestens 34 Menschen kamen ums Leben.
Viele Moslems fordern die Unabhängigkeit von Indien oder den Anschluss des Gebiets an Pakistan. Seit 1989 wurden mindestens 68.000 Menschen in dem Konflikt getötet. Die neuerlichen Spannungen und andere Zwischenfälle wie der Bombenanschlag auf die indische Botschaft in Kabul im Juli bedrohen den Friedensprozess zwischen Indien und Pakistan.
Der indische Regierungschef Manmohan Singh sagte am Freitag in seiner Rede zum indischen Unabhängigkeitstag in Neu Delhi, falls Pakistan nicht dem Terrorismus ein Ende bereite, würden alle guten Intentionen, beiden Völkern Frieden und Harmonie zu bringen, zunichte gemacht. Beide Länder haben zwei blutige Kriege um Kaschmir geführt. Das pakistanische Außenministerium antwortete: Man sei weiter am Friedensprozess interessiert. Dieser sei gut für die Bewohner Südasiens, so Außenamtssprecher Mohammad Sadiq. (hy)