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Alte Autobahnbrücken

Gabriel Borrud / hf11. März 2015

Über unsere Straßen und Brücken rollen jeden Tag unzählige Fahrzeuge. Besonders Lkw sind rund um Duisburg unterwegs, wo Europas größter Binnenhafen liegt. Hier überqueren sie den Rhein - jedoch nicht ohne Konsequenzen.

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Rheinbrücke der A40 bei Duisburg (Foto: dpa).
Bild: picture-alliance/dpa/R. Weihrauch

Was gut für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sein mag, könnte womöglich das Todesurteil für eine Brücke sein. Jeden Tag transportieren rund 11.000 Lkw kostbare Waren über die Rheinbrücke Neuenkamp zwischen Oberhausen und Duisburg über den Rhein. Vom Hafen aus, werden sie dann zu Zielen in der ganzen Welt verschifft.

Dazu kommen etwa 90.000 weitere Fahrzeuge. Am Dienstag (10.03.2015) wurde die Brücke für Lkw allerdings geschlossen, nachdem sie zuvor von sechs Fahrspuren auf zwei verkleinert worden war.

Von den modernen - bis zu 40 Tonnen schweren - Lastkraftwagen, die heutzutage über die 777 Meter lange Brücke rollen, geht eine viel größere Kraft aus, als es noch bei der Eröffnung der Brücke 1971 der Fall war. Sie war einfach nicht für so große Belastungen ausgelegt.

Damals hatte das Verkehrsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) noch mit 30.000 Fahrzeugen gerechnet, die die Brücke pro Tag überqueren würden.

"Die Brücke sollte 100 Jahren halten", sagt Michael Heinze der DW. Er ist Statiker und Brückenfachmann beim NRW-Verkehrsministerium. Aber bis die erste Rundumrestauration im Jahr 2004 nötig war, hatte sie gerade einmal 30 Jahre überstanden. "Und jetzt, 10 Jahre später", sagt Heinze, "ist wieder dringend Arbeit nötig."

Das Foto zeigt einen Stahlträger mit schadhafter Schweißnaht am 10.03.2015 an der Rheinbrücke der A40 bei Duisburg (Nordrhein-Westfalen). (Foto: dpa).
Beschädigungen im Stahlbeton wurden mithilfe von Röntgenstrahlen ausgemachtBild: picture-alliance/dpa/R. Weihrauch

Druck und Zug

Aber wie erkennen Fachleute, wann eine Brücke überholt, wann gebaut werden muss?

"Es gehört nicht viel Wissenschaft dazu, um zu wissen, dass Spannungsrisse Gefahr bedeuten", sagt Heinze und erklärt, dass bei einer Routinekontrolle der Brücke Ende letzten Jahres eben solche entdeckt wurden. Jedoch waren diese Spannungsrisse nicht genau mit bloßem Auge erkennbar. Der Schaden wurde mithilfe von Röntgentechnik ausgemacht.

Und welche Arbeiten sind nun notwendig?

"Die Brücke wird nicht in naher Zukunft zusammenbrechen, wenn Lkw sie überqueren. Die Risse wachsen - was schließlich die Größe der Angriffsfläche erhöht. Das wiederum mindert die Standsicherheit der Brücke", sagt Heinze. Während der sechswöchigen Sperrung für den Lkw-Verkehr wird der gerissene Stahl nun wieder zusammengeschweißt.

Infografik A40 Schrägseilbrücke (Grafik: DW).

Die Schrägseilbrücke bei Duisburg ist aus Stahl. Sie ist darauf ausgelegt, die beiden wichtigsten Kräfte - mit denen übrigens jede Brücke auf der Welt umgehen muss - richtig zu verteilen: Druck und Zug.

Zwei große Pylonen (siehe Bild oben) absorbieren dabei die vertikalen Kräfte, etwa das Eigengewicht der Brücke und die Last der Fahrzeuge. Sie leiten diese Kräfte in Form von Druckkräften senkrecht in den Boden ab. Auch die horizontalen Kräfte, ausgelöst etwas durch den Wind, werden über die Pylonen ins Erdreich eingeleitet.

Die Stahlseile, die direkt an den Pylonen und an der Fahrbahn angebracht sind, verteilen die Kräfte, die aus dem Tauziehen zwischen dem Gewicht des Verkehrs und der Pylone entstehen - die sogenannte Spannung. Aufgrund der enormen Breite des Rheins, ist solch eine Seilbrücke an der Stelle ideal.

Die Alternativen - wie Fachwerk- oder Bogenbrücken - würden nicht die strukturelle Unterstützung bieten, die auf diesem Terrain nötig ist. Darüber hinaus wäre das Material - das für diese Arten von Brücken erforderlich wäre - bei einer Brücke in dieser Größenordnung, zu teuer.

Und auch eine Hängebrücke, wie die Golden Gate Bridge, die den Kanal zwischen San Francisco Bay und dem Pazifischen Ozean überspannt, wäre nur sehr schwierig über den Rhein zu bauen - und völlig unnötig.

"Trotz der schönen Landschaft um Duisburg und im Rheinland, das ist hier nicht Kalifornien", sagt Heinze. "Eine Hängebrücke muss immensen Zugkräften standhalten. Die Golden Gate Bridge ist auf beiden Seiten fest im Fels verankert. Das kann man am Rhein nicht machen, es sei denn, Sie errichten an beiden Ufern scheußliche Betonblöcke!"

Golden Gate Bridge in San Francisco (Foto: Justin Sullivan/Getty Images).
Die Golden Gate Bridge bietet einen der schönsten Ausblicke der Welt. Sie ist im Gestein verankert.Bild: Justin Sullivan/Getty Images

Das Warten lohnt sich, es ist die Arbeit wert

Wenn es um die Infrastrukturprobleme in Deutschlands geht, insbesondere im westlichen Teil des Landes, geht es um viel mehr als nur um eine Brücke über den Rhein.

Ergebnisse aus einer laufenden Untersuchung durch Strassen.NRW , müssen 150 Brücken im Land erneuert und 64 repariert werden. Und 229 Brücken wurden insgesamt bisher erst untersucht. Weitere 651 Brücken müssen noch getestet werden.

"Die A40-Brücke ist nur der Anfang einer langen Geschichte", sagt Bernd Löchter, von Strassen.NRW. Die Schweißarbeiten auf der A40 sind nämlich nur eine vorübergehende, oberflächliche Lösung.

"Diese Brücke lässt sich nicht dauerhaft reparieren. Wir müssen sie ersetzen", sagt Löchter, "und hier geht der Spaß dann erst richtig los."

Spaßig wird es aber nicht für diejenigen, die innerhalb der nächsten sechs Wochen in der Nähe der A40 hin und her pendeln. Und ein Neubau ist für viele ein noch größerer Alptraum: Das Ersetzen einer Brücke wie dieser würde mindestens zehn Jahre dauern.

Am Dienstag, dem ersten Tag der Schließung der Brücke, betrug die durchschnittliche Staulänge auf der A40, der A57, der A42 und der A3 (die offizielle Umleitung für LKW die normalerweise den Rhein über die A40 überqueren) war zwölf Kilometer. Das bedeutet mindestens eine Stunde Kriechverkehr im Schneppentempo.

Diese Situation ist absolut inakzeptabel", sagte der Verkehrsminister von NRW, Michael Groschek, im Vorwort zu seinen Forderungen, die er an die Bundesregierung in Berlin stellte, um Mittel für die Brückensanierung zu erhalten. Er warnte, dass die Wirtschaft gelähmt würde, wenn keine Mittel fließen.

Löchter möchte dem aber doch lieber auf eine positive Abschlussnote hinzufügen: "Die A40-Brücke ist wegen Sicherheitsbedenken gesperrt. Außer in den Bombardierungen während des Zweiten Weltkriegs, ist in Deutschland nie wirklich eine Brücke zusammengebrochen - und das liegt letztlich an unseren strengen Kontrollen."