Marineschiffe vor umstrittener Inselgruppe
11. September 2012Aktion und sofortige Reaktion: das Muster ist immer das Gleiche in dem seit August immer schärfer werdenden chinesisch-japanischen Konflikt um die von beiden Ländern beanspruchten Inseln, die von Japan Senkaku-Inseln genannt werden und in China Diaoyou-Inseln heißen. Beide Seiten lassen ihre Muskeln spielen. An diesem Dienstag (11.09.) sorgte Peking für die jüngsten Meldungen in dem schwelenden Streit. China wolle die "Souveränität des Landes" sicherstellen, berichtet die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua. Daher seien die beiden Marineschiffe in die Region geschickt worden.
Das weitere Vorgehen Pekings hänge jetzt von der Entwicklung des Disputs ab. Grundsätzlich bestehe die Gefahr einer Eskalation, aber "im Augenblick ist die Wahrscheinlichkeit noch gering, dass der Inselstreit zu einem beherrschenden Problem in den chinesisch-japanischen Beziehung wird " sagt Wang Shaopu vom Institut für Sozialwissenschaft Shanghai gegenüber der Deutschen Welle.
Aktueller Konflikt mit historischen Wurzeln
Die Entsendung der Boote erfolgte nur einen Tag nachdem Tokio den Kauf der Inseln angekündigt hatte. Dieser Schritt wird von Peking als weiterer Affront gewertet. "Der entscheidende Punkt ist, dass Japan hier nach Ansicht Chinas in eine umstrittene Frage über die Souveränität eingreift: Japan kauft etwas, was dem Land eigentlich nicht gehört", erklärt Markus Tidten von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. So beruft Tokio sich auf das Jahr 1885, in dem Japan die Kontrolle über die Inseln übernahm. Peking seinerseits geht noch viel weiter in die Vergangenheit und hält dagegen, die Diaoyu-Inseln hätten bereits während der Ming-Dynastie (1368 bis 1644) zu China gehört und seien auf Landkarten und in einem Buch verzeichnet gewesen.
"Eine Landkarte kann ein entsprechendes Indiz sein, aber es kommt natürlich darauf an, ob diese Landkarte von anderen akzeptiert wurde", sagt Prof. Stefan Talmon, Völkerrechtler an der Universität Bonn. Damit sie eine gewisse Beweisfunktion habe, müsse die Landkarte offen zugänglich gewesen und auch der anderen Seite bekannt gewesen sein.
20 Millionen Euro für ein paar grüne Felsen
Insgesamt zwei Milliarden Yen (umgerechnet 20 Millionen Euro) hat Tokio dem derzeitigen japanischen Privatbesitzer für die Inseln an. Ein nur auf den ersten Blick stolzer Preis für die unbewohnten grünen Felsen-Erhebungen im Ostchinesischen Meer. "In den 70er Jahren wurde bekannt, dass im Seegebiet um die Inseln herum möglicherweise riesige Öl- und Gasvorkommen zu finden sind", sagt Markus Tidten von der SWP. Diesen wertvollen Bodenschätzen gilt natürlich ein besonderes Interesse von Seiten Pekings und Tokios.
Eine Lösung des festgefahrenen Konflikts ist derzeit noch nicht in Sicht. Eine Möglichkeit wäre nach Ansicht des Bonner Völkerrechtlers Stefan Talmon die Schlichtung durch ein Internationales Gericht. "Dort könnten beide Seiten dann ihre historischen Dokumente und Beweismaterialien vorlegen. Und das Gericht könnte dann auf der Grundlage des Völkerrechts entscheiden, wem die Inseln letztendlich gehören." Allerdings: Die Sache hat einen Haken. Denn - so erklärt Talmon – im Völkerrecht gibt es eine Regel, wonach Staaten nur dann vor ein Internationales Gericht beordert werden können, wenn beide Streitparteien dem zustimmen. Und das ist im Fall der Inselgruppe im Ostchinesischen Meer eben nicht der Fall.
USA versuchen zu beschwichtigen
Washington verfolgt die Entwicklungen um die Inseln natürlich genau. Die USA riefen beide Seiten zur Mäßigung auf. Es sei "außerordentlich wichtig", dass Frieden und Stabilität in der Region, dem "Cockpit der Weltwirtschaft" bewahrt blieben, erklärte der für Ostasien und Pazifik zuständige Abteilungsleiter im Außenministerium, Kurt Campbell.