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Terrorangst beim Mardi Gras

Gero Schließ9. Februar 2016

Wer in den USA Karneval feiern will, pilgert nach New Orleans zum legendären Mardi Gras. Die Terrorangst hat auch vor der Party-Hochburg nicht haltgemacht, doch die Bürger ließen sich trotzdem nicht vom Feiern abhalten.

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zwei als Skelett verkleidete Männer beim Mardi Gras
Bild: Getty Images/J. Bachman

Die Straßen des Französischen Viertels von New Orleans erstrahlen in farbenfrohem Glanz. Überall sieht man bunt geschmückte Fassaden und Girlanden, viele in Violett, Grün und Gold, den historischen Farben des Mardi Gras. Denn New Orleans ist nicht nur die Hauptstadt des US-Bundesstaates Louisiana, sondern auch des Mardi Gras. Übersetzt heißt das "Fetter Dienstag", und dieser Dienstag ist in den US-Südstaaten überaus populär.

1857 zog die erste Parade durch die Stadt, und seitdem hat sich kaum etwas geändert: Voodoo- und Indianer-Rituale und ein bisschen altes Europa treffen hier aufeinander. Seit 1875 ist der Mardi Gras sogar ein offizieller Feiertag. Im bei Touristen besonders beliebten Französischen Viertel schlängeln sich Umzüge durch die St. Charles Avenue und die Canal Street. Festwagen, Fußgruppen und Jazzkapellen wechseln sich ab. Ohrenbetäubende Musik klingt durch die Gassen, bunte Perlenketten werden geworfen, und überall, wo man hinsieht, wird ausgelassen gefeiert.

New Orleans ist krisenerprobt

Dana Sukantarak ist extra aus Washington nach New Orleans gekommen. Sie feiert den Mardi Gras zum ersten Mal: "Ich gehe zu den Paraden und später dann zusammen mit Freunden in Bars", erzählt sie. Natürlich hat auch sie davon gehört, dass Bürgermeister Mitch Landrieu angesichts der gestiegenen Terrorgefahr mehr Sicherheitsmaßnahmen angeordnet hat. "Mehr Sicherheit ist meistens gut", kommentiert sie zurückhaltend, "aber ich lasse mir davon das Feiern nicht verderben."
Loure Miller stammt aus New Orleans und empfindet ähnlich: "Wir haben den Hurrikan Katrina überstanden, wir hatten Gelbfieber, Cholera und andere Katastrophen", zählt sie auf und fügt dann fast trotzig hinzu: "Hier in New Orleans leben wir nicht in Furcht." Viele sagen, dass man bei den Umzügen mehr Uniformen als sonst sieht. Miller spricht von einer "ziemlich starken Polizeipräsenz", doch sie selbst ist entschlossen, so zu feiern wie schon in den Vorjahren.

Auch Jim Landry denkt so, ebenfalls waschechter New Orleanser. "Ich liebe Mardi Gras. Er ist in meinen Genen," schwärmt er. "Schon mein Großvater liebte Mardi Gras und mein Vater genauso. Mein Bruder und ich waren immer wieder mit den beiden bei den Mardi Gras-Paraden." Und auch in diesem Jahr ist Jim Landry wieder voll im Mardi Gras-Fieber. Glaubt man den Umfragen, haben die Anschläge von Paris und San Bernadino die US-Amerikaner in Terrorfurcht versetzt wie seit den Anschlägen von "9/11" nicht mehr – jenem 11. September, als zwei Flugzeuge in die Türme des World Trade Centers rasten. Landry will sich vor der grassierenden Angst aber nicht in Geiselhaft nehmen lassen. Jetzt wird erst recht gefeiert.

Polizisten beim Mardi Gras
Warten auf die Parade - und die Polizei zeigt PräsenzBild: DW/G.Schließ

"Taschendiebe sind die größere Gefahr"

New Orleans mit seiner Nähe zu den nationalen Ölreserven der USA und den strategisch wichtigen Verkehrswegen sei immer schon ein "mögliches Ziel für Terror" gewesen", sagt er. "Man muss aufmerksam sein, aber die größere Gefahr sind die Taschendiebe, nicht die Terroristen." Doch auch die haben Landry bisher nicht den Spaß verdorben. "Es ist einfach fantastisch, Teil der Show zu sein", so der aufwendig kostümierte Mann. Das Tolle an Mardi Gras sei, dass er offen ist für alle: "Ganz egal, ob du Multimillionär oder Obdachloser ist: Jeder kann hier mitmachen und Spaß haben."

Ein Festwagen beim Mardi Gras-Umzug
Im Gedränge haben Taschendiebe leichtes SpielBild: picture-alliance/dpa/Cheryl Gerber

Ein Fest für die Familie

Für Loure Miller ist der Mardi Gras vor allem ein Fest der Familie. Sie zog 2005 nach New Orleans, ein Jahr, nachdem der Hurrikan Katrina eine Schneise der Verwüstung durch die Stadt gezogen hatte. Sie arbeitet an der Rezeption des "Cornstalk"-Hotels im Französischen Viertel und fühlt sich längst heimisch. Besonders liebt sie am Mardi Gras die Umzüge der Kinder und der Schulen. Verglichen mit dem Kölner Karneval sei der Fette Dienstag weniger europäisch und mehr karibisch, findet sie - was man vor allem an den Kostümen und der Musik erkenne. Und "Exzesse" wie in Rio gebe es nicht. "In den Medien liest man viele Berichte über Nacktheit und Betrunkene, doch das ist völlig überzogen", glaubt Loure Miller.

Köln ist nicht New Orleans

Auch sie hat von den Vorfällen in der Kölner Silvesternacht gehört, als Frauen von Männern mit arabischem Hintergrund sexuell belästigt wurden. "Das ist furchtbar. Keiner will, dass so etwas in seiner Stadt passiert", sagt sie und ist zuversichtlich, dass es an Mardi Gras nicht zu solchen Übergriffen kommt. Zwei Meilen entfernt gebe es ein Islamisches Zentrum, wo auch Teile der muslimischen Community lebten, erzählt die junge Frau. Von Problemen hat sie noch nie etwas gehört, weder von zu viel Alkoholgenuss noch von Belästigungen.

Im Vorfeld der großen Karnevalsparty waren die verstärkten Sicherheitsmaßnahmen das Thema in den örtlichen Zeitungen. So sollten während des Mardi Gras mehr Polizisten als bisher in der Stadt patrouillieren, darunter auch Polizisten aus dem Umland. "Beamte des Ministeriums für Heimatschutz kamen in der Galerie vorbei und sagten uns, wir sollten wachsam sein", erzählt die Mitarbeiterin einer Galerie in der Royal Street. Das habe sie und ihre Kollegen aber nicht davon abgehalten, genauso zu feiern wie in den Vorjahren.

Verkleidete Musiker beim Mardi Gras
Die Bürger von New Orleans lassen sich ihren Karneval nicht durch Terrorängste vermiesenBild: picture-alliance/dpa

"See it, say it!"

Der lokale Fernsehsender WGNO berichtet, im Französischen Viertel seien zum Zweck der Überwachung "alle verfügbaren Kameras" installiert worden. Das beschäftigte offensichtlich viele Bürger der Stadt. "See it, say it!" (Sieh es, sag es), der Appell der Polizei an die Wachsamkeit der Bevölkerung, könne das heimliche Motto dieser Karnevalssaison werden, witzelte prompt jemand. Und ein anderer setzt noch einen drauf: "Offensichtlich keine gute Zeiten, um nackt herumzulaufen."