Marco Reus meldet sich zurück
11. Februar 2018Marco Reus wirkte wie von Lasten befreit. Berauscht von seinem ersten Auftritt nach gut achtmonatiger Zwangspause und dem hart erkämpften 2:0 (0:0) über den Hamburger SV meisterte der Nationalspieler den anschließenden Interview-Marathon mit einem Dauerlächeln.
Auch der über weite Strecken dürftige Auftritt seiner Mannschaft konnte ihm die gute Laune nicht verderben. "Es ist ein geiles Gefühl, wieder dabei zu sein", schwärmte der von einem Kreuzbandriss genesene Nationalspieler, verlor bei aller Euphorie aber nicht den Blick für die Realitäten. "Ich weiß, dass es nicht unser bestes Spiel war und wir noch viel Arbeit vor uns haben."
"Seine Leistung ist erfreulich, aber nicht überraschend"
Reus war erst vor knapp zwei Wochen ins Mannschaftstraining zurückgekehrt und stand gegen den HSV überraschend bereits in der Startelf. "Wenn er fit ist für den Kader und seine Qualität bringen kann, dann kann er auch von Anfang an spielen", betonte sein Trainer Peter Stöger.
"Wir waren uns sicher, dass es gut funktioniert, weil wir ihn ja auch über eine lange Zeitspanne im Training hatten. Seine Leistung ist erfreulich, aber nicht überraschend."
Die Rückkehr von Reus versetzte die BVB-Fans schon vor dem Anpfiff in glänzende Stimmung. Mit Sprechchören begrüßten sie den 28 Jahre alten Angreifer, der 259 Tage nach dem Sieg im Pokalfinale gegen Eintracht Frankfurt einen neuen Anlauf nahm.
Unglaubliche Verletzungshistorie
Beim Pokalsieg im Mai 2017 hatte sich Reus damals einen Kreuzbandriss zugezogen. Es war die bislang schwerste Verletzung seiner Karriere und die beispiellose Fortsetzung einer unglaublichen Verletzungshistorie.
Die erste schwerere Blessur erlitt Reus noch im Trikot von Borussia Mönchengladbach. Im November 2011 brach er sich den Zeh und fiel bis zum Start der Rückrunde aus.
Besonders bitter traf es ihn unmittelbar vor der Abreise zur WM 2014 in Brasilien. Im letzten Vorbereitungsspiel gegen Armenien riss er sich das Syndesmoseband an und verpasste das gesamte Turnier. Dabei war er im Vorfeld fester Bestandteil des Kaders gewesen und hatte in den WM-Planungen von Bundestrainer Joachim Löw eine zentrale Rolle gespielt.
Nach dem WM-Aus, folgte auch das Verpassen der EM
Seit dieser Verletzung war Reus quasi vom Pech verfolgt. Es folgten Außenbandanrisse im Sprunggelenk, Adduktorenprobleme, Zehenverletzungen und Muskelfaserrisse. Innerhalb von drei Jahren verpasste er quasi eine ganze Saison.
Gravierend war auch eine Schambeinentzündung, die er im Pokalfinale im Mai 2016 davontrug, die eine EM-Teilnahme 2016 unmöglich machte. Die Schambeinentzündung kostete ihm beinahe ein halbes Jahr. Bis der besagte Kreuzbandriss eine weitere Steigerung bedeutete.
BVB braucht dringend individuelle Qualität
Reus Comeback könnte dabei für die Borussia kaum zu einer besseren Zeit kommen. Einen so starken individuellen Spieler mit seinen technischen Fähigkeiten braucht der BVB dingender den je.
Durch die Abgänge von Ilkay Gündogan und Henrikh Mkhitaryan im Sommer 2016, Ousmane Dembele im September 2017 und erst kürzlich den von Pierre-Emerick Aubameyang, musste der BVB einen beispiellosen Abfluss spielerischer Klasse über sich ergehen lassen.
Die spielerische Krise des BVB, das ist längst offensichtlich, hat nämlich weiterhin Bestand. Eine Wende zum positiven in der Spielkultur hat auch der Trainerwechsel von Peter Bosz zu Stöger noch nicht bewirken können.
Der WM-Konkurrenzkampf ist groß
Hier kommt nun wieder Reus ins Spiel, er könnte derjenige sein, der diesen Trend ins Positive umkehrt. Das deutete er in Teilen auch bereits bei seinem ersten Auftritt gegen den HSV im für ihn so wichtigen WM-Jahr an. Sobald Reus die Kugel bekam, erhöhten sich bei der Borussia Zielstrebigkeit, Geschwindigkeit und Passschärfe.
Vor seinen schweren Verletzungen war Reus ein wichtiger Spieler von DFB-Coach Löw gewesen, doch seine Verletzungsanfälligkeit und viel mehr die zahlreichen aufstrebenden deutsche Talente, die ihre Reife eindrucksvoll beim Sieg im Confederations Cup 2017 unter Beweis gestellt haben, haben Reus im Nationalspieler-Ranking abstürzen lassen.
Aber natürlich ist seine WM-Chance noch intakt. Er muss nur fit bleiben. Das wird wahrscheinlich die größte Herausforderung für den 28-Jährigen.