Carlsen und Caruana setzen auf Angriff
15. November 2018Schon nach sechs Zügen war klar, dass beide Spieler sich diesmal vorgenommen hatten, aufs Ganze zu gehen. Mit einem Bauernopfer - einem so genannten Gambit - sorgte Fabiano Caruana sofort für Spannung auf dem Brett. Für den geopferten Bauern erhielt der US-Amerikaner viel Platz für seine Figuren, die sich anschickten, Carlsens König zu Leibe zu rücken. Schnell stellte sich jedoch heraus, dass sich auch der Weltmeister diese aggressive Aufstellung schon bei der Vorbereitung sehr genau angeschaut hatte. Carlsens steckte seinerseits zwei Bauern ins Geschäft und bekam dafür nun selbst die aktivere Stellung. "Die Eröffnung lief sehr gut für mich", so der Norweger nach der Partie, "denn nur ich hatte danach Chancen, einen Vorteil zu bekommen".
Verpasste Chance
Diese Chancen konnte Magnus Carlsen allerdings auch in dieser fünfte Partie des WM-Titelkampfs nicht nutzen. Zwar gelang es ihm, die Damen zu tauschen und seinen König aktiv nach vorne zu schicken. Doch einmal mehr erwies sich Fabiano Caruana als umsichtiger Verteidiger. "Ich hatte nie das Gefühl, schlechter zu stehen", so seine Einschätzung. Die Analyse nach der Partie zeigte aber, dass Carlsen vielleicht doch mehr aus der Stellung hätte herausholen können. Stattdessen verflachte die Partie, so dass nach 34 Zügen das Unentschieden quittiert wurde.
In London steht es nach dem fünften Remis in Folge jetzt 2,5:2,5. Insgesamt spielen die beiden besten Spieler der Welt bis zum 26. November 2018 zwölf Partien gegeneinander. Gibt es dann keinen Sieger, entscheidet ein Schnellschach-Duell. Sollte es dazu kommen, gilt Carlsen als großer Favorit gegen Caruana, der gerne etwas länger nachdenkt und sich weniger auf sein Schachgefühl verlässt.
Carlsen jetzt zweimal mit Weiß
Die WM ist bisher dadurch geprägt, dass eher die Schwarzspieler, Druck aufbauen konnten und Siegchancen erhielten. Normalerweise ist das anders: Wer mit den weißen Steinen den ersten Zug macht, hat einen leichten Vorteil. Das will Magnus Carlsen jetzt endlich für sich nutzen, denn in den nächsten beiden Runden startet er jeweils mit Weiß. "Es ist offensichtlich, dass mein Spiel mit Weiß noch Potenzial nach oben hat" meinte der Weltmeister selbstkritisch mit Blick auf die nächsten Partien. Dass für Carlsen bei diesem Titelkampf noch nicht alles rund läuft, zeigte auch seine Antwort auf die Journalisten-Frage, wer denn sein Vorbild im Schach sei: "Das bin ich selbst", lautete die nicht ganz ernst gemeinte Antwort des Weltmeisters, "aber in der Form von vor drei oder vier Jahren!".