"Magic City": Street-Art in München
13. April 2017Am Anfang gab es nur anonyme Kürzel. Mit diesen sogenannten "Tags" kennzeichneten die ersten Sprayer ihre mannshohen Graffitis: mit Sprühfarbe auf Häuserwänden, Mauern oder Eisenbahnwaggons verewigt. Ende der 1970er Jahre gelangte diese illegale Kunst bis in die Pop Art - und ist heute nicht mehr aus der Kunstszene wegzudenken. Längst ist Street-Art in die Kunstgeschichte eingegangen.
Früher arbeiteten die Künstler häufig am Rande der Illegalität. Gefängnisstrafen wegen Sachbeschädigung und juristische Einschränkungen ihrer Kunst waren an der Tagesordnung, als Kunstform anerkannt waren Graffitis nicht, sie galten höchstens als "Schmierereien". Bei der Street-Art heute ist das anders. Dort treffen völlig verschiedene künstlerische Lebensformen aufeinander: illegale Sprayer, bekannte Graffiti-Künstler und Open-Air-Performer.
Diesen Kultur-Clash präsentiert auch das Festival "MAGIC CITY - Die Kunst der Strasse" ab 13. April in München in einem neuen Ausstellungsformat. Das Ganze präsentiert sich in einer ambitionierten Mischung aus Parcours, Festival und künstlerischem Spielplatz. "Es geht um die Idee von Stadt, es geht um die Formbarkeit dieser Idee und um die optischen Irritationen, ohne welche die Stadt und die in ihr Lebenden innerlich irgendwann veröden würden", kommentiert die Süddeutsche Zeitung das Münchner Ausstellungsprojekt, das als Wanderausstellung konzipiert ist und von München weiter nach Stockholm ziehen wird.
Nicht nur Kunst aus der Dose
Die erste Sprayer-Kunst tauchte 1970 in der bayerischen Landeshauptstadt auf. Parallel dazu entwickelte sich in New York die Street-Art, die sich schließlich nach London oder Berlin weiterverbreitete. Lange rätselte man, wer die Urheber der farbenfrohen Kunstwerke in München waren. Die Sprayer signierten ihre Werke höchstens mit einem verschlüsselten Kürzel, selten tauchten offizielle Namen auf - auch um sich vor Strafverfolgung zu schützen.
In den 1980er Jahren verbrachte der Künstler Niels Shoe Meulman ganze Nächte in München damit, illegal Züge zu besprühen, ständig auf der Hut vor Polizeistreifen, die ihn häufig genug erwischten. 31 Jahre später steht er in der gleichen Stadt vor einer neuen Arbeit, einem Auftragswerk, das ganz offiziell in der Ausstellung des "Magic City"-Festivals präsentiert wird. "Wir haben damals gedacht: Diese Stadt ist so steril, wir haben hier viel Arbeit vor uns", sagt der 49-jährige Holländer im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa.
Streetart ist salonfähig geworden
Heute gehören einige der Street-Art-Künstler zu den weltweit beachteten Stars der Graffiti-Szene, beispielsweise der geheimnisvolle Banksy, dessen Identität bis heute nicht zweifelsfrei geklärt ist. Mit seinen großformatigen Wandarbeiten ist er rund um den Globus vertreten und auch in München ist er mit einer Arbeit dabei.
Für den Kurator der "Magic City", Carlo McCormick, hat Straßenkunst immer eine soziale und damit auch politische Komponente. "Die Künstler geben ihre Werke der Öffentlichkeit immerhin kostenlos", sagt er. An den Kreativen, die er nach München geholt hat, schätzt er zwei Dinge besonders: ihr Herz und ihren Humor.
"Magic City" ist ein breit konzipiertes Ausstellungs- und Performance-Projekt, das sich von Stadt zu Stadt weiter entwickelt. Nach der Weltpremiere in Dresden gastiert es vom 13. April bis zum 3. September 2017 in München. Erwartet werden Besucher und Künstler aus aller Welt, die an den öffentlichen Happenings auch teilnehmen können. Danach zieht die Ausstellung weiter nach Stockholm, Paris und am Schluss nach Philadelphia/USA.
hm/bb (dpa/art.com)