Nach der US-Wahl sprechen die Stars
15. November 2016Am Wahlabend reagierte Sängerin Katy Perry sofort: "Werde heute Abend meine falschen Wimpern ausweinen," twitterte sie. In den Tagen danach versuchte sie, eine zuversichtlichere Botschaft an ihre Fans zu senden: "Legt eure Hände nicht in den Schoss. Weint nicht. Steht auf. Wir sind keine Nation, die zulässt, dass der Hass uns führt."
"Die Welt wird nie mehr dieselbe sein", sagte die Sängerin Cher. Der amerikanische Schauspieler Chris Evans nannte das Wahlergebnis "peinlich" für sein Land und fügte hinzu, "Wir haben zugelassen, dass ein Hassprediger unsere große Nation führen wird. Wir haben uns die Richtung von einem Tyrannen vorgeben lassen. Bin am Boden zerstört."
"Wir haben keine Lust, mit diesem Kerl in Verbindung gebracht zu werden, sagte Jim, Frontmann der französischen Elektrorock-Gruppe mit dem Namen Trumps. Auf Facebook bat die Gruppe ihre Fans, einen neuen Namen vorzuschlagen. Die deutschen Elektrorocker Apparat setzt sich auf andere Weise ein: "Was auch immer passiert, wir werden unseren amerikanischen Freunden helfen, nach Deutschland auszuwandern."
Auf der Gegenseite gab es Euphorie. Der Schauspieler Stephen Baldwin twitterte, er sei "stolz, an so einer erstaunlichen Geschichte teilgenommen zu haben". Auch der Schauspieler Steven Seagal hatte sich für Trump eingesetzt. Nach der Wahl schrieb er, "Glückwunsch @realDonaldTrump für Ihren überwältigen Sieg über Ihre Gegnerin. Ich freue mich darauf, dass wir Amerika wieder groß machen werden!"
Geringerer Einfluss der Stars
Traditionell spielen Stars eine Rolle bei US-Präsidentschaftswahlen. 1960 unterstützte Frank Sinatra den Kandidaten John F. Kennedy und dürfte zu seinem knappen Sieg über Richard Nixon beigetragen haben. Später wurde Sinatra Republikaner und setzte sich 1980 für Ronald Reagan ein - wie Millionen anderer früherer Demokraten, die, ebenso wie er, konservativer geworden waren.
Diesmal versammelte Hillary Clinton fast die ganze amerikanische Unterhaltungsbranche hinter sich. Auch prominente Künstler und Autoren setzten sich für sie ein. Schauspieler, Direktoren und Manager von Hollywood-Filmstudios spendeten $22 Millionen (20,4 Millionen Euro) zugunsten Clintons Kandidatur, die Summe der Spenden an Trump betrugen dagegen weniger als $300,000 (278 000 Euro). Meryl Streep, Katy Perry, Lena Dunham und viele andere großen Namen traten beim demokratischen Parteitag im Juli auf.
Diese Anstrengungen hatten wenig Einfluss auf das Wahlvolk. Möglich ist, dass die Promis damit sogar das Gegenteil bewirkt haben, halfen sie doch Trump dabei, sein Image als Anti-Establishment-Kandidaten zu festigen. "Ich bin hier ganz alleine", sagte der Kandidat bei einer Kundgebung in Hershey, Pennsylvania. "Nur ich. Keine Gitarre, kein Klavier, gar nichts."
Dennoch genießt Trump als ehemaliger Star einer Reality-TV-Sendung selber Starstatus. Seit Ronald Reagan hatte kein Werber für das höchste Amt der USA vergleichbar lange Erfahrung in der Unterhaltungsbranche.
Nach Wut kommt Hoffnung
In den ersten Tagen nach dem schockierenden Wahlergebnis wichen Wut und Trauer einer vorsichtig zuversichtlichen Haltung. Madonna twitterte, "Wir geben nie auf." Die Sängern Lady Gaga demonstrierte in Manhattan vor dem Trump Tower und twitterte später, "In einem Raum voller Hoffnung werden unsere Stimmen gehört werden. @deray #blacklivesmatter Setzt euch für Güte, Gleichheit und Liebe ein. Nichts wird uns aufhalten können."
Sogar der Schauspieler Robert De Niro, der in einem Video während des Wahlkampfes wutschnaubend sagte, er möchte Trump "in die Fresse hauen", gab nach der Wahl erheblich gedämpftere Töne von sich: "Das kann ich jetzt nicht tun, er ist Präsident," Dem Fernsehmoderator Jimmy Kimmel sagte De Niro dann: "Und ich muss Respekt vor dem Amt haben. Wir werden sehen müssen, was er tun wird und wie er bei gewissen Vorhaben tatsächlich vorgehen wird."
Für einige Künstler war die US-Wahl ein Weckruf. Die selbsternannte "linksliberale, in New York und Kalifornien lebende" Schauspielerin Kyra Sedgwick sagte, sie habe jetzt das Bedürfnis, ins "Trump-Land" zu gehen, um herauszufinden, "was uns verbindet". Ähnlich sah es der TV-Schauspieler Andre Royo: "Ich denke, wir haben unsere Sicht der Dinge als selbstverständlich betrachtet." Für den französischen Schauspieler Gérard Depardieu war die Wahl "ein gute Lektion für Politiker, die seit langem nichts mehr getan haben". Er fügte hinzu: "Das Vertrauen ist gebrochen, die Menschen wollen die Macht wieder zurück an sich reißen."
Spekulationen gab es auch darüber, was der neue Präsident für Hollywood selbst bedeuten mag. Jeff Bock, Berater bei "Exhibitor Relations", einer Forschungseinrichtung für die Unterhaltungsindustrie, sagt mehr politische Filme während der Ära Trump voraus. Und: "Alte weiße Männer mit Perücken werden ihren berechtigten Platz als Bösewichte bei Action-Filme wieder zurück erlangen. Vorläufig wird das absolute Böse nicht mehr von Robotern oder Minderheiten verkörpert."
Sanftmütiger schrieb die kanadische Autorin Margaret Atwood, "Liebe Amerikaner, mit der Zeit wird alles gut (Wie lange? Wir werden es sehen.) Ihr habt schon Schlimmeres durchgemacht, erinnert Ihr Euch?"
Aufruf zur Wahl
Sowohl Katy Perry als auch Madonna hatten angekündigt, nackt zum Wahllokal zu gehen. 46,9 Prozent der Wahlberechtigten sind diesmal nicht zur Urne gegangen. "Die Wahrheit ist: Am Wahltag sind nicht genug Leute hingegangen. Auch das ist ein Statement, und wir sollten besser zuhören", sagte der Comedy-TV-Star Simon Helberg. "Ich hoffe, dass wir die Gewalt, die Fremdenfeindlichkeit und was auch immer sonst dieses Ereignis entfesselt hat, eindämmen können, bevor das Ganze aus dem Ruder läuft."
Ganz nüchtern resümierte der Schauspieler Tom Hanks: "Unser gewählter Präsident trägt eine große Verantwortung, und muss noch vieles beweisen."
Die Fernseh-Talkshow-Moderatorin Oprah Winfrey, eine lautstarke Trump-Gegnerin, klang ihrerseits ganz versöhnlich. Mit Hinweis auf die große, transformatorische Kraft des Amts, sagte sie nach Donald Trumps Rede am Wahlabend: "Vielleicht irre ich mich, aber ich hatte das Gefühl, dass diese ganze Sache den Menschen etwas demütiger gemacht hat. Wenn man wirklich das Gewicht der Welt auf der Schulter spürt, holt das einen auf den Boden der Tatsachen zurück."