Madagaskar - Reiche, arme Insel
Der Inselstaat Madagaskar ist berühmt für seine Artenvielfalt, reich an Rohstoffen und fruchtbarem Boden. Doch die politische Dauerkrise legt die Wirtschaft lahm und treibt die Bevölkerung tiefer in die Armut.
Wirtschaftsflaute im Krisenland
Der Inselstaat im Indischen Ozean ist reich an Rohstoffen: Riesige Vorkommen an Titan, Nickel und Erdöl lagern in der Erde und vor den Küsten. Trotzdem lebt ein Großteil der Bevölkerung in Armut. Seit über vier Jahren steckt Madagaskar in einer politischen Krise, die auch die Wirtschaft des Landes lahmlegt. Unsicherheit, Angst und Geldsorgen prägen den Alltag vieler Madagassen.
Abgeschottet und verarmt
Durch eine liberale Wirtschaftspolitik, Investitionen und Entwicklungsgelder hatte sich Madagaskars schwache Ökonomie unter Präsident Marc Ravalomanana zwischen 2002 und 2008 etwas erholt. 2009 putschte sich Andry Rajoelina an die Macht und steht seitdem an der Spitze einer umstrittenen Übergangsregierung. Geberländer froren ihre Zahlungen ein, die Preise für Grundnahrungsmittel stiegen an.
Nicht genug Geld für eine warme Mahlzeit
Ein Teller Reis mit etwas Fleisch und Gemüse kostet an den Ständen der Straßenverkäufer in der Hauptstadt Antananarivo 500 Ariary, etwa 17 Eurocent. Das ist in Madagaskar viel Geld: Nach Angaben der Weltbank leben über 92 Prozent der Bevölkerung von umgerechnet weniger als 1,50 Euro am Tag. Viele Familien müssen hungern.
Karge Ernte
Trotz der vielen Reisfelder wird das Hauptnahrungsmittel der Madagassen zusätzlich importiert. Dabei sind die Böden fruchtbar und es gibt genügend Wasser. Doch der Landwirtschaftssektor bleibt weit hinter seinen Möglichkeiten zurück: Obwohl fast 90 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft arbeiten, generieren sie damit nur ein Viertel des Bruttoinlandsproduktes, sagt die Weltbank.
Gefährliche Natur
Zyklone, Überschwemmungen und extreme Dürre suchen regelmäßig Teile der Insel heim und bedrohen die Ernten. Noch gibt es keine wirksamen Warn- und Schutzsysteme. Seit dem Frühjahr 2012 leidet Madagaskar zudem unter einer extremen Heuschreckenplage. Der Reisproduktion drohen enorme Verluste von bis zu 630.000 Tonnen im Jahr, schätzt die Welternährungsorganisation FAO.
Starthilfe für Bauern
Seit Beginn der politischen und wirtschaftlichen Krise 2009 suchen viele Menschen Arbeit in der Landwirtschaft. Oft haben sie keine entsprechende Ausbildung, kennen nur veraltete Techniken und können sich kaum Geräte leisten, sagt die madagassische Nichtregierungsorganisation CITE. Sie unterstützt junge Bauern dabei, ihre Produkte auf den Markt zu bringen.
Warten auf Kundschaft
Auch für Jean-Noël und Erick Régis ist die Landwirtschaft die einzige Hoffnung. Noch versuchen sie, in der Stadt Antsirabe im Landesinneren als Rikscha-Fahrer Geld für ihre Familien zu verdienen. Doch nicht jeden Tag können sie die Miete von knapp zwei Euro für das "Pousse-Pousse" bezahlen. Vor der Krise hatten sie an guten Tagen 20 Kunden, heute sind es nur vier oder fünf.
Angst um die Zebu-Rinder
Arbeitstier, Nahrungsmittel, Geldanlage - das Zeburind ist für viele Familien überlebenswichtig. Mit der Krise ist jedoch die Kriminalität gestiegen. Fast täglich berichten die Zeitungen über sogenannte "Dahalo" - Viehräuber, die Dörfer überfallen und oft mehre hundert Rinder stehlen. Auseinandersetzungen mit Bewohnern und Ordnungskräften enden häufig mit Toten und Verletzten.
Leben in Unsicherheit
Eliane (rechts hinten) hat bei einem solchen Überfall ihren Bruder verloren: Die "Dahalo" haben ihn erschossen, sagt sie. Mit ihren Verwandten erntet sie Baumwolle auf einem Feld im trockenen Süden Madagaskars, sonst lebt die Familie vom Maniok- und Maisanbau. Doch im letzten Jahr hat ein Zyklon einen großen Teil der Ernte zerstört. Im Jahr hat Eliane umgerechnet etwa 100 Euro zur Verfügung.
Mit Wahlen aus der Krise?
Die Hauptstadt Antananarivo ist das politische Zentrum Madagaskars. Beobachter sind sich einig: Um das Land aus der Krise und der Armut zu führen, muss die politische Übergangssituation enden. Die Präsidentschaftswahl fand am 25.10.2013 statt. Es gehe ohnehin nicht darum, wer ihr Land regiert, sagen viele Madagassen, sondern ob sie am nächsten Tag etwas zu essen haben.