Macron lobt zum Nationalfeiertag Kampfgeist
14. Juli 2020Am französischen Nationalfeiertag schlägt Präsident Emmanuel Macron große, staatstragende Töne an. In Paris beschwört er den "Kampfgeist" der Franzosen in der Coronavirus-Krise. Das ganze Land habe "Hingabe, Hartnäckigkeit, Mut und Solidarität" bewiesen. Wegen der Pandemie fiel die traditionelle Militärparade auf dem Boulevard Champs Elysées erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg aus. Stattdessen gab es eine deutlich kleinere Zeremonie auf dem Platz der Eintracht (Place de la Concorde). Auf der Ehrentribüne nahmen neben Macron Premierminister Jean Castex und geladene Gäste Platz. Öffentliche Zuschauer waren nicht zugelassen, der Bereich bis zum Triumphbogen war abgesperrt.
Normalerweise herrscht am 14. Juli Volksfestcharakter - Tausende Zuschauer schauen sich die Feierlichkeiten in Paris an. Dieses Jahr konnten die Franzosen die Feierlichkeiten nur live im Fernsehen verfolgen. Macron hatte neben Pflegekräften auch Lehrkräfte, Bestatter, Polizisten, Feuerwehrleute und Sicherheitskräfte eingeladen. Damit wollte er ihnen für ihren Einsatz während der Krise danken. Sie saßen auf Tribünen, die rund um den Platz aufgestellt waren.
Geste des Dankes für Pflegekräfte
Die Zeremonie endete mit einer Hommage an die Pflegekräfte. Etwa zwei Dutzend Pflegerinnen und Pfleger sowie Ärztinnen und Ärzte versammelten sich auf dem Platz. Alle Gäste erhoben sich, es gab Applaus - die Nationalhymne Marseillaise wurde gesungen. Macron trat anschließend von der Tribüne und wechselte ein paar Worte mit einigen von ihnen. Etwas später ging er noch durch die Reihen und sprach mit anderen Gästen. Dabei trug er eine Schutzmaske.
Am Montag hatte die Regierung ein mehr als acht Milliarden Euro schweres Finanzpaket für neue Tarifverträge im Gesundheitssektor unterzeichnet. Darin sind auch Lohnerhöhungen für das Pflegepersonal vorgesehen. Zuvor hatte es immer wieder Streiks in den Krankenhäusern gegeben - die Mitarbeiter monierten schlechte Arbeitsbedingungen und zu wenig Geld.
Während der Zeremonie zeichnete die Kunstflugstaffel Patrouille de France die Nationalfarben Frankreichs in den Himmel. Die Feierlichkeiten begannen mit einer Hommage an den Weltkriegshelden und späteren Präsidenten Charles de Gaulle, dessen 50ster Todestag dieses Jahr begangen wird. Anschließend marschierten zahlreiche Militäreinheiten auf. Ein besonderer Tribut wurde dem Gesundheitsdienst der Armee gezollt.
Deutsche Gäste
Macron hatte unter anderen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet (beide CDU) nach Paris eingeladen. Laschet ist auch deutsch-französischer Kulturbevollmächtigter. Auch die Ministerpräsidenten Hessens und des Saarlands, Volker Bouffier und Tobias Hans (beide CDU), waren nach Paris gereist. Damit bedankte sich Macron dafür, dass Deutschland nach Angaben von Spahns Ministerium 130 französische Corona-Patienten in Krankenhäusern behandelt hatte.
Frankreich dankte mit der Zeremonie auch Österreich, Luxemburg und Schweiz, die im Frühjahr ebenfalls Corona-Patienten aus Ostfrankreich behandelt hatten. Diese Region war besonders schlimm von der Pandemie betroffen. Der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) richtete sich per Twitter an die Franzosen: "Wir stehen an Eurer Seite, einmal mehr in Zeiten der #COVID19-Krise. Gemeinsam können wir sie bewältigen."
Frankreich gehört in Europa zu den Ländern, die von der Coronavirus-Pandemie hart getroffen wurden, rund 30.000 Menschen starben durch den Virus. Wie in anderen Staaten auch wird eine "zweite Welle" der Pandemie befürchtet. Nach Angaben der Industriestaatenorganisation OECD könnte die französische Wirtschaft 2020 im schlimmsten Fall um mehr als 14 Prozent schrumpfen. Große Industrieunternehmen wie Airbus oder Renault kündigten bereits den Abbau Tausender Stellen an.
Macron für Maskenpflicht in geschlossenen Räumen
Nach der Feier gab der 42 Jahre alte Macron ein TV-Interview, um seinen Landsleuten zu erklären, wie er sich den Weg aus der schweren, coronabedingten Krise vorstellt. Der Präsident steht wegen seines Corona-Krisenmanagements in der Kritik. Wegen der wieder steigenden Zahl von Infektionen fordern Virologen eine Maskenpflicht in Geschäften und anderen geschlossenen Räumen. Dieser Forderung schließt sich Macron nun an.
"Ich empfehle allen unseren Mitbürgern, die zuhören, die Maske so oft wie möglich zu tragen, wenn sie sich im Freien aufhalten, und noch mehr, wenn sie sich in einem geschlossenen Raum befinden", sagte er. am Dienstag in einem Fernsehinterview. Das Tragen einer Maske in geschlossenen Räumen könnte "zum Beispiel" ab dem 1. August obligatorisch sein - man beobachte die Corona-Lage genau. In Frankreich gilt bisher in öffentlichen Verkehrsmitteln eine Maskenpflicht. Läden oder andere Einrichtungen können selbst entscheiden, ob die Menschen eine Maske tragen müssen. In zahlreichen Sehenswürdigkeiten ist dies zum Beispiel vorgeschrieben.
Erst zu Monatsbeginn hatte der seit gut drei Jahren amtierende Staatschef den Krisenmanager Jean Castex zum neuen Premierminister ernannt und mehrere wichtige Ressorts der Mitte-Regierung neu besetzt. Nach den Sommerferien soll es einen Wiederaufbauplan der Regierung geben, um die Beschäftigung im Land abzusichern.
Am Nationalfeiertag erinnert Frankreich an den Sturm auf das Bastille-Gefängnis am 14. Juli 1789. Er gilt als Auftakt der Französischen Revolution.
kle/ml (afp, dpa)