Lufthansa: Die "Tante Ju" wird eingemottet
Die Ju 52 ist eine Luftfahrtlegende. 2016, zu ihrem 80. Geburtstag, präsentierte sich die "Tante Ju" noch in bester Form. Doch der Lufthansa wird es zu teuer, die alte Dame für Passagierflüge in der Luft zu halten.
Die Tante mit der tiefen Stimme
Ihr sonores Brummen am Himmel werden viele Menschen vermissen: Bis heute fliegen noch einige Exemplare der legendären Ju 52 - auch als Werbeträger für die Luftansa. Das soll es aber nicht mehr geben, denn der Konzern hat die Passagierflüge gestoppt. "Der Flugbetrieb wurde mit hohen Beträgen bezuschusst. Ein wirtschaftlicher Betrieb war nicht zu erreichen", so die Begründung.
Der Vater der Tante Ju
Der 1897 geborene Franke Ernst Zindel leitete die Entwicklungfsabtleilung der Junkers Flugzeugwerke AG in Dessau (heute im Bundesland Sachsen-Anhalt) und hat die Ju 52 entworfen - zunächst als ein- und später als dreimotorige Maschine. Zindel, ein begeisterter Turner, hatte nach dem Ersten Weltkrieg in Berlin Schiffbau studiert und war später als Ingenieur im Flugzeugbau sehr erfolgreich.
Eine Legende der Luftfahrt
Die Ju 52 war zunächst ein sehr erfolgreiches ziviles Flugzeug. Adolf Hitler, von reichen Anhängern großzügig unterstützt, absolvierte mit Hilfe der Ju seine Wahlkampfauftritte - so etwas hatte es bis dahin nicht gegeben. Die Filmregisseurin Leni Riefenstahl brachte Aufnahmen des fliegenden Wahlkämpfers in die Kinos und und half so, "Führer" und Maschine einem breiten Publikum bekannt zu machen.
Die Entstehung einer Luftfahrt-Legende
Die zivilen Maschinen waren gediegen eingerichtet - inklusive breiten Ledersitzen mit viel Beinfreiheit. Das Fliegen war noch sehr elitär, nur Wenige konnten sich das leisten. Mit der Luftwaffenversion wurden ab 1939 Soldaten an die Front gebracht. Aber mit ihr kamen auch viele Verwundete zurück in die Heimat oder ins Lazarett. Auch das schuf bei Vielen eine emotionale Bindung an die "Tante Ju".
Fliegen als Handarbeit
Ein Blick ins Cockpit verrät, dass das Fliegen einer Ju 52 doch etwas anderes war als die Bedienung der Elektronik in einem Jet unserer Tage. Eine Papierkarte zur Navigation? Festgeklemmt am Steuerrad? Allein dieser Anblick würde einem Airbus-Piloten entweder Tränen der Rührung in die Augen treiben oder ihn beklommen-belustigt aufstöhnen lassen. Lenken war Schwerstarbeit - weil ohne Hydraulik.
Sorgfältig und genau, mit Liebe und Hingabe
"Die Motoren einer Ju 52 anzulassen ist jedes Mal unheimlich schön", hatte 2016 ein Ju-Pilot zum 80. Geburtstag der Maschine geschwärmt: "Das ist Handarbeit und man braucht auch Muskelkraft." Und am besten ein kurzärmeliges Hemd, wenn man noch den Ölstand prüfen muss.
Tragödie in den Schweizer Alpen
Die Ju 52 galt stets als sehr sichere und zuverlässige Maschine. Der gute Ruf nahm aber am 4. August 2018 einen schweren Schaden: Im Kanton Graubünden stürzte an diesem Tag eine vollbesetzte Ju ab - alle Insassen starben. Bei der Untersuchung fand das Schweizer Bundesamt für Zivilluftfahrt zuvor unentdeckt gebliebene Spuren von Rost an den Wrackteilen.
Traditionspflege kann teuer werden
Die "Tante Ju" ist nicht die einzige Flugzeuglegende, die die Lufthansa teuer zu stehen gekommen ist. Auch die Lockheed Super Constellation - die Super Conny - hatte zur Flotte der Lufthansa gehört und sollte als Traditionsflieger erhalten bleiben. Doch die geschätzt 100 bis 200 Millionen Dollar, die die Airliine investiert haben soll, reichten nicht - das Projekt wurde eingestellt.
Ein trauriges Ende
Tickets für Ju-52-Flüge werden nicht mehr verkauft, doch "gültige Gutscheine werden kulant erstattet", verspricht die Lufthansa. So bleibt dem Flugzeugfreund nur der Besuch eines Museums, wie hier in Speyer, um das alte Schätzchen noch einmal zu sehen. Oder er hofft darauf, dass das Luftfahrtbundesamt es einem privaten Verein erlaubt, Flüge mit einer "Tante Ju" zu veranstalten.