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Internationales Lob und ein Trend

Aline Ranaivoson / Hilke Fischer28. Oktober 2013

Der Putsch liegt vier Jahre zurück, doch die Krise blieb. Viele Madagassen hoffen nach den Wahlen auf einen politischen und wirtschaftlichen Wandel. Erste Auszählungen deuten auf eine Stichwahl hin.

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Anhänger des Präsidentschaftskandidaten Jean Louis Robinson mit einem Plakat ihres Favoriten (Foto: RIJASOLO/AFP/Getty Images)
Bild: RIJASOLO/AFP/Getty Images

Drei Tage nach den mehrfach verschobenen Präsidentschaftswahlen im ostafrikanischen Inselstaat Madagaskar gibt es zwei Favoriten: bis Montag (28.10.2013) waren etwa ein Viertel der Stimmzettel ausgezählt, danach liegt der ehemalige Sport- und Gesundheitsminister, Jean-Louis Robinson, mit 30,2 Prozent in Führung, gefolgt von seinem Rivalen Hery Rajaonarimampianina mit 14,5 Prozent. Dieser ist der Wunschkandidat von Amtsinhaber Rajoelina, der selbst nicht kandidieren darf. Robinson dagegen wird vom gestürzten Ex-Präsidenten Marc Ravalomanana unterstützt.

"Frei, transparent und glaubhaft", so bezeichnete die Chefin der EU-Wahlbeobachterkommission die Abstimmung. Maria Muniz de Urquiza bescheinigte Madagaskars Präsidentschaftswahl trotz einzelner Zwischenfälle einen friedlichen Verlauf; die Wahllokale seien in professioneller Weise organisiert worden.

"Das Ermitteln der Ergebnisse braucht Zeit", sagte die Sprecherin der Wahlkommission, Valerie Andrianavalona der Nachrichtenagentur AFP. Ein amtliches Endergebnis könne womöglich erst eine Woche nach der Wahl bekannt gegeben werden. Das sei zu erwarten gewesen und kein Grund zur Beunruhigung, sagte ein westlicher Wahlbeobachter der Agentur. "Wenn es allerdings länger als eine Woche dauert, dann mache ich mir Sorgen."

Der Wahltag am vergangenen Freitag begann für die 7,8 Millionen wahlberechtigten Madagassen sehr zeitig: Um sechs Uhr früh öffneten die ersten der rund 20.000 Wahllokale.

Eine Schlange wartender menschen vor einem Wahllokal in Madagaskar (Foto: REUTERS/Thomas Mukoya)
Die Madagassen verknüpfen mit der Wahl große HoffnungenBild: Reuters

In der Hafenstadt Tamatave, der zweitgrößten Stadt des Landes, ist Sarah eine dieser Frühaufsteherinnen - und muß warten. Um sechs Uhr wird gerade noch der Fußboden geputzt. Eine Dreiviertelstunde später ist Einlass. Sarah knüpft große Erwartungen an ihre Stimmabgabe: "Bei all dem, was die Kandidaten versprochen haben, hoffe ich sehr, dass sich etwas ändern wird." Seit sich der momentane Übergangspräsident Andry Rajoelina 2009 mit Hilfe des Militärs an die Macht geputscht hat, ist Madagaskar international isoliert. Der Wirtschaft des Landes hat das sehr geschadet.

Nicht jeder konnte wählen

Leonard gehört zu den Ersten, die in dem Wahllokal in der Hafenstadt Tamatave ihren Fingerabdruck auf den Stimmzettel drücken. Er hofft, dass die Wahl das Land wieder auf den richtigen Weg bringt: "Wir sind diese Krise leid", sagt er. "Das Geschäft läuft nicht mehr, es herrscht Stillstand. Der Umsatz von uns Händlern ist um 60 Prozent zurückgegangen."

Immerhin kann Leonard wählen - im Gegensatz zu einigen seiner Angestellten. Sie stehen nicht im Wahlregister. An diesem Morgen finden viele Menschen, die in das Wahllokal in Tamatave gekommen sind, ihren Namen nicht auf den Listen wieder. Maria Raharinarivonirina ist Mitglied der nationalen Wahlkommission. Damit ist sie zuständig für die Organisation der Wahl. Sie erklärt, dass einige Menschen es versäumt hätten, im Vorfeld auf den vorläufigen Wahllisten nachzusehen, ob ihre Namen dort richtig eingetragen waren. Jetzt würden sie sich wundern, dass sie nicht auf der Liste stehen. Andere hätten sich schlichtweg im Wahllokal geirrt.

Eine weitere Herausforderung bei dieser Wahl: Zum ersten Mal standen in Madagaskar die Namen aller 33 Kandidaten auf einem großen Stimmzettel. Bei früheren Wahlen hatte es für jeden Kandidaten einen eigenen Zettel gegeben. Die Wähler konnten nun entweder ein Kreuz oder ihren Fingerabdruck neben den Namen eines Kandidaten setzen. Jeder, der das Wahllokal in Tamatave betrat, bekam das vom Bezirkschef Landry Randrianarivelo noch einmal persönlich erklärt. Denn sobald jemand zwei Namen ankreuzt, ist die Stimme ungültig.

Madagaskars amtierender Präsident Andry Rajoelina wirft, begleitet von reportern, seinen Wahlzettel in die Urne (Foto: REUTERS/Thomas Mukoya)
Madagaskars amtierender Präsident Andry Rajoelina bei der StimmabgabeBild: Reuters

Vereinzelte Gewalttaten

Auch wenn die Wahlbeobachter der EU generell zufrieden sind: Nicht in allen Teilen des Landes lief die Wahl so friedlich ab: In der Nähe eines Wahllokals im Süden des Landes sei ein Bezirkschef getötet worden, heißt es aus Kreisen des Innenministeriums. Es sei aber noch nicht klar, ob die Tat in Zusammenhang mit der Abstimmung stehe.

Im nördlichen Bezirk Tsaratanana sollen Unbekannte ein Wahllokal angezündet haben. In einem Wahlbüro in der Stadt Bezaha im Süden des Landes soll zudem ein Mensch entführt worden sein. An allen drei Orten musste die Wahl vorübergehend ausgesetzt werden, konnte dann aber fortgeführt werden.

In der Siedlung 'La Reunionkely' ist ein kleiner Junge mit einem Plastikbehälter unterwegs, Wasser zu holen (Foto: STEPHANE DE SAKUTIN/AFP/Getty Images)
Die Wahl als Hoffnungsträger: Die anhaltende Krise hat vielerorts zu bitterer Armut geführtBild: STEPHANE DE SAKUTIN/AFP/Getty Images

Womöglich Stichwahl im Dezember

Viele Beobachter gehen davon aus, dass keiner der Kandidaten eine absolute Mehrheit bekommt. Bleibt es beim Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Jean-Louis Robinson und Hery Rajaonarimampianina, soll am 20. Dezember 2013 eine Stichwahl entscheiden. An diesem Tag soll auch erstmals nach dem Putsch von 2009 ein Parlament gewählt werden.

Die nun erfolgte Wahl ist dabei an sich schon als Erfolg zu werten: Im Vorfeld hatten Beobachter noch Zweifel an deren ordnungsgemäßer Organisation angemeldet; drei Mal war die Wahl im Vorfeld bereits verschoben worden.

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