Begrenzte Zusammenarbeit
28. Februar 2008Liechtenstein hat den EU-Staaten eine begrenzte Zusammenarbeit im Kampf gegen Steuerbetrug versprochen. "Wir wollen einen erfolgreichen Abschluss des in Verhandlung stehenden umfassenden Steuerbetrugsabkommens", sagte der liechtensteinische Regierungschef Otmar Hasler am Donnerstag in Brüssel. Die Verhandlungen seien bereits weit fortgeschritten, erklärte er. Sein Land wolle auch bei den "sensiblen steuerpolitischen Themen, die in Europa breit und kontrovers diskutiert werden", zu einer vernünftigen Einigung beitragen. Allerdings werde es dabei die berechtigten Interessen seiner Bürger vertreten. Hasler hatte zuvor ein Protokoll zum Beitritt des Fürstentums zur Schengen-Zone unterzeichnet.
Mit dem Schengen-Beitritt verpflichtet sich Liechtenstein zu einer engen Zusammenarbeit mit Polizei und Justiz der EU-Staaten. Für Steuerhinterziehung gilt dies aber nicht. Die EU bemüht sich deshalb zusätzlich um ein Betrugsbekämpfungsabkommen mit Liechtenstein, um die Steuerflucht in das Fürstentum einzudämmen. Große Zugeständnisse darf die Europäische Union allerdings nicht erwarten: Vaduz will bislang nur bei Schmuggel oder Mehrwertsteuerbetrug, nicht aber im Bereich direkter Steuern mit der EU zusammenarbeiten.
Das geplante Abkommen gegen Steuerbetrug solle zwischen Liechtenstein und allen EU-Staaten gelten. Offen ist allerdings, ob Liechtenstein nach dem Abkommen zur Kooperation bei Steuerhinterziehung verpflichtet wäre. Denn dies ist im Fürstentum kein Straftatbestand. Liechtenstein wird voraussichtlich am 1. November gemeinsam mit der Schweiz der Schengen-Zone beitreten.
Finanzminister Steinbrück droht dem Fürstentum
Das Fürstentum steht im Mittelpunkt des Steuerskandals in Deutschland. Bisher wurden die Wohnungen und Büros von 150 Verdächtigen durchsucht. 91 mutmaßliche Steuersünder gestanden und leisteten Abschlagszahlungen von fast 30 Millionen Euro. Von der Steuer-Affäre sind auch EU-Staaten wie Frankreich, Italien und Schweden sowie die USA und Australien betroffen. EU-Justizkommissar Franco Frattini sagte, der Steuerskandal dürfe den Beitritt Liechtensteins zur Schengen-Zone nicht verhindern. "Es ist sehr wichtig, Liechtenstein im Schengen-Raum zu haben, es ist einfach nicht möglich, eine Enklave im Zentrum Europas zu haben." Das Abkommen muss noch von den 27 EU-Ländern ratifiziert werden.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte vergangene Woche indirekt gedroht, der Ratifizierungsprozess könne sich verzögern, wenn Liechtenstein nicht besser mit der EU zur Bekämpfung des Steuerbetrugs zusammenarbeite. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) drohte Liechtenstein mit schärferen Schritten. "Wir üben auf europäischer Ebene Druck und Einfluss aus", sagte Steinbrück den Dortmunder "Ruhr Nachrichten". Sollte die Politik "auf europäischer Ebene keine Fortschritte machen, werden wir in Deutschland Maßnahmen ergreifen", kündigte Steinbrück an. Denkbar sei die Einführung einer Anzeigepflicht "oder eine Quellenbesteuerung für jede Überweisung von Deutschland nach Liechtenstein".
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Das luxemburgische Schengen ist zum Synonym für ein Europa ohne Grenzkontrollen geworden. Dort unterzeichneten 1985 Deutschland, Frankreich und die Benelux-Staaten ein Abkommen, das Wartezeiten vor Schlagbäumen zwischen den Ländern verhindern soll. Die Schengen-Staaten verpflichteten sich, ihre Außengrenzen besser zu schützen und nutzen ein gemeinsames elektronisches Fahndungssystem. Nach mehreren Erweiterungen zählen seit 2007 zum Schengen-Raum 22 EU-Mitglieder sowie Norwegen und Island. Von November 2008 an sollen auch die Schweiz und Liechtenstein dazu gehören. Da diese Länder mit der EU keine Zollunion haben, bleibt es dort bei Grenzkontrollen von Waren. (sar)