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Einwanderer aus Marokko

21. Oktober 2010

Wegen der Wirtschaftskrise in Spanien sind viele Einwanderer arbeitslos geworden. Sie würden gerne in ihrer Heimat arbeiten. Aber damit würden sie sich den Weg zurück nach Europa versperren.

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Porträt von Ali Elhadri (Foto: Emanuel Herm)
Ali Elhadri begegnet seiner Situation mit HumorBild: Emanuel Herm

Ali Elhadri aus Marokko hat keine feste Arbeit mehr. In Spanien wird er angesichts der düsteren Wirtschaftslage so schnell auch keine bekommen. Das hatte sich der drahtige Marokkaner einmal anders vorgestellt: Vor zwölf Jahren hatte Elhadri sein Leben riskiert, um von Afrika nach Europa zu gehen.

Arbeiter der Baufirma für die Elhadri bis 2008 gearbeitet hat mit einem LKW (Foto: Emanuel Herm)
Seit der Wirtschaftskrise gibt es kaum noch Arbeit für ImmigrantenBild: Emanuel Herm

Jetzt sitzt er in einem Café und erzählt mit ausladenden Gesten wie er damals als 22-Jähriger mit einem kleinen Boot an der Küste Spaniens anlegte: "Es war eine kleine Nussschale, fünf, sechs Meter lang, und wir waren 25 Personen. Wir saßen quasi einer auf dem anderen. Wir kamen wegen der Illusion, das Land der Träume zu finden. Aber uns erwartete nur harte Realität." Zunächst fand Elhadri rasch Arbeit auf dem Bau. Bald erwarb er das Recht auf unbegrenzten Aufenthalt. Es waren die Jahre des spanischen Baubooms.

Enttäuschte Hoffnung

Ein Jahrzehnt später traf die Wirtschaftskrise Spanien besonders hart und ab 2008 gingen Bauunternehmen reihenweise pleite. Elhadris Betrieb konnte sich zwar halten, aber viele wurden entlassen - so wie er.

Ali Elhadri und Said sitzen in einem Cafe (Foto: Emanuel Herm)
Mal Kaffeetrinken gehen bedeutet für die Freunde Ali und Said LebensqualitätBild: Emanuel Herm

Elhadri und seine Freunde spielen oft mit dem Gedanken, nach Marokko zurückzukehren. Einen wie Elhadri könnten sie dort gut gebrauchen: In Marokko expandiert die Baubranche, Arbeitskräfte fehlen. Doch der gelernte Bauarbeiter müsste in der Heimat mit einem Einstiegsgehalt von sechs Euro pro Tag auskommen. "Ein Kilo Fleisch kostet in Marokko sechs Euro, eine Schachtel Marlboro fast vier. Dein Geld reicht gerade, um zu überleben. Für Ausflüge, oder ums dir mal gut gehen zu lassen, ist es zu wenig," kommentiert er seine Aussichten.

Geschätzte Freiheiten

Auch will Elhadri die Freiheiten nicht mehr missen, die er in Spanien genießt. Die zwölf Jahre in Europa haben ihn geprägt. Er hat zwar nicht das gelobte Land entdeckt, aber ein Wertesystem, das er schätzt. In Marokko, erklärt Elhadri, durchdringe die Religion das gesamte Leben. "Und wir [Migranten] sind hier [in Spanien] ein bisschen liberal geworden. Ein bisschen sehr. Und so [wie wir sind] dürfen wir dort nicht sein." Der Marokkaner schätzt das Leben in Spanien, die Rechtsstaatlichkeit, die Demokratie. Und er beklagt die Korruption in seinem Heimatland.

Porträt von Said (Foto: Emanuel Herm)
Said überlegt in andere Länder Europas zu gehenBild: Emanuel Herm

Said, einer von Elhadris Freunden, sitzt mittlerweile bei uns am Tisch, und unterbricht uns, wenn es darum geht, die Lage in Marokko noch deutlicher zu beschreiben.

Seit ein paar Wochen bekommt Elhadri in Spanien kein Arbeitslosengeld mehr. Jetzt schlägt er sich mit Gelegenheitsarbeiten durch, hilft Freunden und Bekannten beim Renovieren. In Marokko besitzt er Land auf dem er gerne Wein anbauen würde. "Aber bis das wirklich funktioniert, müsste ich zwei, drei Jahre dableiben." Elhadri würde den Versuch gerne wagen. Allerdings nur, wenn er das Recht hätte, nach zwei, drei Jahren in Marokko wieder zurück nach Spanien zu kommen.

Lieber arbeitslos in Spanien als für immer zurück

Spanien unterstützt arbeitslose Immigranten, die nicht aus den EU-Ländern stammen und in ihre Heimat zurückkehren wollen: Wer arbeitslos ist, kann sich sein gesamtes Arbeitslosengeld auf einmal auszahlen lassen, muss dafür aber sein Aufenthaltsrecht in Spanien aufgeben. Weit weniger Menschen als erwartet nutzen dieses Angebot.

Rocio Redondo vom Spanischen Roten Kreuz führt Gespräche mit Einwanderern, die sich für die Rückkehr interessieren. Redondo beschreibt, dass viele Immigranten mit dem Gefühl des Scheiterns in ihre Heimat zurückkehren. Es falle besonders schwer, die spanischen Papiere wieder abzugeben. Schließlich haben sie lange für ihr Aufenthaltsrecht in Spanien gekämpft. Redondo weiß, dass viele Marokkaner daran interessiert wären, nur für eine bestimmte Zeit nach Marokko zu gehen. "Wenn sie aber erfahren, dass sie ihr Aufenthaltsrecht in Spanien verlieren, wollen sie den Antrag nicht mehr abgeben," so der Helfer.

Deshalb führen viele ein Pendlerleben. Als Elhadri noch gut verdiente, hat er sich in Marokko ein Haus gekauft, letztes Jahr hat er dort geheiratet und inzwischen eine kleine Tochter bekommen. Doch weder die Arbeitslosigkeit noch sein Familiensinn können ihn jetzt dazu zu bewegen, Spanien zu verlassen.

Autorin: Stephanie Eichler
Redaktion: Matthias von Hein