Lange Haftstrafen im Missbrauchsfall Münster
6. Juli 2021Der Hauptangeklagte ist wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 29 Fällen zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Weitere drei Angeklagte müssen für mindestens zehn Jahre in Haft. Das Gericht ordnete für alle Männer anschließende Sicherungsverwahrung an. Es folgte damit weitestgehend den Forderungen der Staatsanwaltschaft.
Der heute 28-jährige Haupttäter, ein IT-Techniker, soll den inzwischen elfjährigen Sohn seiner Lebensgefährtin immer wieder selbst vergewaltigt und ihn anderen Männern für sexualisierte Gewalttaten überlassen haben. Foto- und Videoaufnahmen hiervon wurden im Internet verbreitet. Ein 36-Jähriger aus Hannover muss deshalb für zehn Jahre in Haft, ein 43-Jähriger aus Schorfheide in Brandenburg für elfeinhalb Jahre und ein 31-Jähriger aus Staufenberg in Hessen für zwölf Jahre.
Gartenlaube wissentlich überlassen
Die Mutter des Hauptangeklagten, eine 46-jährige ehemalige Erzieherin aus Münster, erhielt fünf Jahre Gefängnis. Sie war wegen Beihilfe angeklagt, weil sie eine mittlerweile abgerissene Gartenlaube ihrem Sohn überlassen haben soll - obwohl sie wusste, was dort geschah. Nach Erkenntnissen der Ermittler vergewaltigten die angeklagten Männer in dem Kleingarten-Häuschen in der westfälischen Stadt den Ziehsohn des 28-Jährigen sowie den damals fünfjährigen Sohn des Angeklagten aus Hessen wiederholt und teilweise stundenlang.
In dem Prozess, der zum Schutz der Opfer in wesentlichen Teilen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, wurden noch andere schwere Vorwürfe verhandelt. So soll der 43-Jährige aus Schorfheide seinen eigenen Sohn und einen entfernt verwandten, seinerzeit neunjährigen Jungen schwer missbraucht haben. Der Anklage zufolge hatten sie die Kinder zuvor mit einem Betäubungsmittel wehrlos gemacht. Die nun ergangenen Urteile sind noch nicht rechtskräftig.
Verfahren gegen 50 Tatverdächtige
Münster ist neben Lügde und Bergisch Gladbach einer von drei großen Tatkomplexen sexueller Gewalt gegen Kinder in Nordrhein-Westfalen, die seit 2019 aufgedeckt wurden. Ausgehend von den Ermittlungen in der Gartenlaube und bei dem 28-Jährigen Hauptangeklagten von Münster waren große Netzwerke mit zahlreichen Beteiligten und einer Vielzahl an Opfern ans Licht gekommen.
Bislang laufen Verfahren gegen etwa 50 Tatverdächtige, von denen rund 30 in Untersuchungshaft sitzen. Gegen fünf Angeklagte hatte das Landgericht Münster bereits ein Urteil gesprochen und Freiheitsstrafen zwischen drei und neun Jahren verhängt. Die Auswertung sichergestellter Daten dauert an.
jj/AR (dpa, afp, epd)