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"Musik zurück an Schulen"

Gero Schließ/ah8. Oktober 2013

Der Pianist Lang Lang ist Fürsprecher der Initiative "Global Education" der Vereinten Nationen, die ihr einjähriges Jubiläum feierte. Der DW erzählte er, warum er gute Bildung für sehr wichtig hält.

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Pianist Lang Lang poses for a photograph before he rehearses with chief conductor Charles Dutoit and the Philadelphia Orchestra Wednesday, Oct. 19, 2011 in Philadelphia. Lang, 29 from China, is joining the symphony for three performances of Liszt's famed Piano Concerto No. 1 along with other selections. (AP Photo/Alex Brandon)
Bild: AP

DW: Sie engagieren sich in der Initiative "Global Education." Ist es spannend für Sie, der Initiative anzugehören?

Lang Lang: Es ist großartig. Ich habe vor zehn Jahren als UNICEF- Botschafter begonnen. Heute ist sogar dieses unglaubliche Mädchen aus Pakistan, Malala, eingeladen worden. Sie hielt eine unglaubliche Rede, um Jugendliche anzuregen, über Kinderarmut, schreckliche Kriege und Mädchenrechte nachzudenken, was mich sehr berührt hat.

Was ist Ihre Botschaft aus der Initiative heraus?

Ich hoffe, dass Musik und Kunst wieder zurück an die Schulen kehren, wo man sie einst aus dem Stundenplan nahm. Als Musiker hoffe ich, dass wir mit anderen großartigen Musikern zusammen unsere Leidenschaft an eine neue Generation weiterreichen können, um deren Herzen für Musik und Kunst zu öffnen. Hoffentlich werden Musik und Kunst der Bildung einen neuen Schwung verpassen.

In welcher Hinsicht hat das Thema Bildung Ihr Leben verändert?

Schueler und Schuelerinnen der hoeheren Klasse lernen gemeinsam in einer Schule in Grand Bassam in der Naehe von Abidjan. Nach der Praesidentschaftswahl 2011 kam es zu buerkriegsaehnlichen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Anhaengern der Praesidentschaftskandidaten. Insgesamt kamen bei dem anhaltenden Konflikt im Land ueber 3000 Menschen ums Leben.
Die Initiative will die Qualität der Bildung fördernBild: picture alliance/ausloeser-photographie

Es gibt ein paar Dinge in verschiedenen Bereichen. Als UNICEF- Botschafter war ich in Afrika und habe Kinder gesehen, die an Malaria oder AIDS litten. Das sind andere Probleme als die, die es in westlichen oder chinesischen Schulen gibt. An solchen Orten sind eine Malariaimpfung und die Prävention von AIDS und HIV wichtig.

Durch die jahrelange Zusammenarbeit mit öffentlichen Schulen, habe ich gelernt, dass Kinder sehr passioniert sind, was Musik angeht. Doch leider haben sie manchmal keine Chance zu studieren. Ich glaube, der Besuch eines Musikers bedeutet ihnen sehr viel und trägt dazu bei, dass sie ihr Leben überdenken. Ich habe jetzt meine eigene Stiftung, und wir haben begonnen mit einer Kunstschule in Boston zusammenzuarbeiten. In einem abgewirtschafteten Viertel unterrichten wir 200 Kinder in Musik und geben Klavierunterricht.

Gleichzeitig halte ich Ausschau nach neuen Musiktalenten und versuche sie zu fördern, um ihnen eine Karriere zu ermöglichen und ein fundiertes musikalisches Wissen mitzugeben. Im Sommercamp in Chicago gab es zwei Kinder aus Deutschland, Cynthia und Matthias, die unglaublich gut waren. Sie spielten zusammen mit dem Jugend Symphonie Orchester Chicago in einem schönen Park im Herzen der Stadt.

Außerdem gingen diesen Sommer Kinder aus den USA und Asien nach England und studierten dort bei einer der besten Klavierlehrerinnen, Fanny Waterman. Sie ist 93 Jahre alt und die Gründerin des Leeds International Pianoforte Wettbewerbs. Sie ist so etwas wie die "Klavier- Mutter" für viele Studenten.

Sie verbrachten Ihre Kindheit in China. Was hat es Ihnen bedeutet, zur Schule zu gehen?

Noch viel zu groß für die kleinen Hände scheinen die Gitarren zu sein, auf denen Rebecca (l), Julia (2.v.r.) und Alexander (r) unter Anleitung von Musikpädagogin Sylvia Beck die ersten Griffübungen versuchen. Die sieben- und achtjährigen Kinder gehören zu den über 850 Schülern, die an der Zeitzer Musikschule "Anna Magdalena Bach" in der Freizeit auf den verschiedensten Instrumenten unterrichtet werden. Die jüngsten Schüler kommen bereits im Alter von vier Jahren an die Schule, die ihren Namen als Referenz an die Frau des berühmten Komponisten Johann Sebastian Bach, Anna Magdalena, erhielt. Foto: Waltraud Grubitzsch
Lang Lang möchte junge Musiktalente unterstützenBild: picture-alliance/ZB

Ich war auf einer guten Schule. Musik war immer ein Bestandteil des Stundenplans und schon in der Grundschule habe ich viel über Beethovens Symphonien gelernt. Später ging ich auf ein Konservatorium, wo ich große Fortschritte als Musiker machte – als seriöser Musiker, sozusagen. Deshalb glaube ich, dass ein gutes öffentliches System enorm helfen kann, die frühe Bildung dieser Kunst zu fördern.

In welcher Hinsicht hat Ihre persönliche Erziehung geholfen, ein guter Musiker zu werden?

Es hat etwas damit zu tun, inwiefern man selbst als Schüler involviert ist. Eltern, Klavierlehrer und Kinder bauen eine Beziehung zueinander auf. Wenn es nicht klappt, ist es schwierig nachzubessern, weil das Leben schon genug Wettbewerb bedeutet, und wenn man nicht von Anfang an als Team funktioniert, ist es schwierig, manches zu bewerkstelligen.

Für Sie ist es also wichtig, eine allgemeine Grundbildung zu haben, um Musik verstehen und selbst auftreten zu können?

Absolut! Man sollte wissen, was Kinder über Musik denken. Das ist sehr wichtig. Man kann nicht immer nur mit Fachleuten und Professoren über Musik sprechen, man muss auch mit Kindern aus der Schule sprechen und diese fragen, was sie von Musik halten. So erlangt man ein großes, komplettes Bild und nicht nur kleine Ausschnitte. Man muss die ganze Welt studieren und nicht nur ein kleines Stück davon.

Der chinesische Pianist Lang Lang nimmt am Montag (11.06.2012) im Berliner Tonstudio Etüden und Nocturnes von Chopin auf. Der Pianist feiert am 14.06.2012 seinen 30. Geburtstag. Foto: Claudia Levetzow dpa/lbn
Pianist Lang LangBild: picture-alliance/dpa

Was haben Sie persönlich gelernt, als sie Kinder trafen und mit ihnen über Musik sprachen?

Ich habe festgestellt, dass viele Kinder nichts über Klassik wissen. Sie interessieren sich sehr für heutige Musik wie Pop und Hip-Hop. Sie wissen nicht viel über Mozart, Beethoven oder Bach. Das ist als ob jemand aufwächst und noch nie von den großen Novellen des 18. oder 19. Jahrhunderts gehört hat. In der Vergangenheit gab es eine Menge toller Dinge, die wir als Teil unserer Kunst und Geschichte in uns behalten sollten. Wenn ich das der jüngeren Generation erkläre und zeige, akzeptieren sie das und beginnen zuzuhören und sagen: "Wow, das ist ja total emotional."

Die Herausforderung ist, dass die Kids ihre Gegenwart nicht so weit weg von der Epoche des Komponisten fühlen. Aber wenn man es schafft, jene Zeit ein wenig näher zu holen, verstehen sie wie von selbst.

Welche Entwicklung würden Sie als UNICEF-Botschafter gerne in den nächsten paar Jahren sehen?

Nächstes Jahr werden wir eine engere Beziehung mit der UN haben. Gordon Brown und Ban Ki-moon haben eindeutig gesagt, dass sie mit vielen Stiftungen und Privatleuten zusammenarbeiten wollen, um mehr Spenden und Konzerte stattfinden zu lassen. Ich möchte Teil des Ganzen sein und Konzerte geben und mit den Menschen in meiner Stiftung, der "Lang Lang International Music Foundation", reden und versuchen, Spenden für meine Organisation zu sammeln.

Lang Lang, 31, ist ein renommierter Pianist und Fürsprecher für Bildung bei den Vereinten Nationen und Gründer der "Lang Lang International Music Foundation". Die UN Initiative "Global Education First", die im September 2012 ins Leben gerufen worden ist, versucht jedem Kind eine Schulbildung zu ermöglichen, die Qualität des Lernens zu verbessern und die Bürgerrechte zu fördern. 2013 hat Lang Lang den Echo-Klassik in der Kategorie "Bestseller des Jahres" verliehen bekommen. Die renommierte Auszeichnung erhielt er für sein Chopin Album.