Klöckner plant massive Aufforstung
29. August 2019Nach Beratungen mit Fachverbänden über die aktuellen großflächigen Waldschäden hat Julia Klöckner (CDU) die Lage als "Zäsur" bezeichnet. Es geschehe "Dramatisches", sagte Bundeslandwirtschaftsministerin in Berlin. So seien allein im vergangenen Jahr durch Stürme, Dürre, Brände und Borkenkäferbefall mehr als 110.000 Hektar Wald verloren gegangen - was etwa der Fläche von Berlin und Potsdam zusammen entspricht.
Daher plant Klöckner ein Wiederaufforstungsprogramm und einen Waldumbau: Klimaangepasste Mischwälder sollen Nadelhölzer zunehmend ablösen. Dafür habe sie mindestens eine halbe Milliarde Euro beim Klimafonds, dem zentralen Instrument der internationalen Klimafinanzierung, beantragt. Wer in den Wäldern unterwegs sei sehe Dramatisches, betonte die Ministerin. Laubbäume hätten jetzt schon gelbe Blätter, und gestandene Buchen vertrockneten von oben wie von unten, weil die Wurzelteller nicht tief genug wachsen könnten.
Durch Brände allein sei Wald auf einer Fläche von 3300 Fußballfeldern verloren gegangen. Mehrere Millionen Bäume sollen daher neu gepflanzt werden. "Hätten wir den deutschen Wald nicht, dann hätten wir 14 Prozent mehr CO2-Emissionen", betonte Klöckner. Eine Milliarde Setzlinge stünden bereit und könnten zügig gepflanzt werden.
Zu wenig Forstpersonal
Allerdings müssten bis dahin noch einige Vorbereitungen getroffen werden. So sei es nicht möglich, zu pflanzen, wenn Schadholz noch nicht entfernt worden sei. Dabei handelt es sich etwa um Bäume, die bei Stürmen umgefallen sind, nach wie vor im Wald liegen und womöglich Borkenkäfer anziehen. Auch dürfe es in der Zeit, in der gepflanzt werden könne, also im Frühjahr und Herbst, nicht zu trocken sein. Ferner gebe es einen enormen Engpass beim Forstpersonal, weil es bei einigen Verwaltungen einen Einstellungsstopp gebe.
Zur Höhe staatlicher Zuschüssen äußerte sich Klöckner vorerst nicht. Forstminister aus mehreren Bundesländern hatten Anfang August 800 Millionen Euro Unterstützung vom Bund gefordert. Konkretere Festlegungen sollen für einen "Waldgipfel" von Bund und Ländern am 25. September vorbereitet werden.
Verbände der Waldwirtschaft haben zur Behebung der Schäden und für die Aufforstung Unterstützung in Höhe von 2,3 Milliarden Euro gefordert. Die Grünen verlangen einen "Waldzukunftsfonds" von einer Milliarde Euro für die nächsten Jahre als erste Finanzspritze für den kranken Wald.
Fraktionschef Anton Hofreiter sagte der "Passauer Neuen Presse", das Zeitalter der Nadelholz-Forstplantagen müsse ein Ende haben. Stattdessen würden mehr naturnahe Wälder benötigt. In den kommenden Jahren müssten fünf Prozent des deutschen Forstes zu Urwäldern werden.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) begrüßte, "dass der Wald auf Bundesebene endlich die notwendige Aufmerksamkeit erhält". Neben der Wiederbewaldung abgestorbener Waldflächen sei vor allem der Waldumbau zwingend erforderlich, weg von naturfernen Nadelforsten hin zu klimastabilen Laubmischwäldern. Für beide Aufgaben ist dringend mehr Personal im Wald notwendig.
"Keine Dürrehilfe" mehr
Die Trockenheit macht aber nicht nur dem Wald zu schaffen, auch die deutsche Ernte fällt dieses Jahr nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums unterdurchschnittlich aus. Bei Getreide einschließlich Körnermais werde sie um 3,3 Prozent unter dem Schnitt der Jahre 2013 bis 2018 bleiben, so Ministerin Klöckner. Immerhin: Die Ausbeute sei um 18 Prozent besser als im extremen Dürrejahr 2018.
Finanzielle Unterstützung für die Bauern wie im vergangenen Jahr stellte Klöckner diesmal nicht in Aussicht. "Es wird keine Dürrehilfen geben", sagte sie. Grund sei, dass die Schäden diesmal kein "nationales Ausmaß" erreicht hätten.
Bei Kartoffeln und Zuckerrüben seien die Ernteaussichten aufgrund der Trockenheit erneut mäßig. "Bei Obst erwarten wir dagegen in gutes Ergebnis", sagte Klöckner. Der Weinjahrgang dürfte ebenfalls ordentlich werden, auch wenn vielerorts die Wasserspeicher noch nicht wieder richtig aufgefüllt seien.
Zuvor hatte bereits der Bauernverband über Ernteeinbußen geklagt. "Die Klimaveränderungen spüren wir", sagte Verbandspräsident Joachim Rukwied. "Das ist eine zunehmende Herausforderung." Er forderte daher Hilfe von der Politik - etwa eine steuerliche Förderung sowie Anschubkapital für den Aufbau einer Versicherung, damit sich Bauern gegen solche Risiken absichern könnten.
ni/AR (afp, dpa, epd, rtr)