Duo für Spitzenkandidatur
17. November 2008Es war ein Traumergebnis. Fraktionschefin Renate Künast und ihr Stellvertreter Jürgen Trittin wurden auf dem Parteitag der Grünen in Erfurt (16.11.2008) mit 92 Prozent der Delegiertenstimmen als Spitzenkandidaten gewählt.
Mit kämpferischen Reden und großen, grünen Bällen, die sie den Delegierten zuwarfen, stimmten Künast und Trittin die Partei auf den Wahlkampf ein. "Grün ist stark, Grün gewinnt 2009", rief die Bundestagsfraktionsvorsitzende Künast unter dem Applaus der Delegierten. Sie kündigte an, die Grünen wollten "die Weichen in diesem Land wieder auf eine grüne Zukunft stellen". Die Klimapolitik dürfe nicht länger SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel überlassen werden, der bei der Kfz-Steuer "den Porsche Cayenne ein Jahr steuerfrei stellen will".
Trittin sagte, die Grünen würden die Antwort geben auf drei Jahrzehnte Neoliberalismus: "Eine andere Welt ist nötig und eine andere Welt ist möglich und dafür stehen wir Grünen." Er griff auch die CDU und Bundeskanzlerin Angela Merkel scharf an. Die anstehenden Wahlen müssten zu Volksabstimmungen über den Atomausstieg gemacht werden. "Nur starke Grüne sind eine Garantie für Umwelt, Gerechtigkeit und Freiheit", hob Trittin hervor.
Keine Festlegung auf Koalitionspartner
Sowohl Künast als auch Trittin erteilten der Festlegung auf einen Koalitionspartner eine Absage. "In Hessen haben wir gesehen: Diese SPD weiß gar nicht, was sie selber will", sagte Künast mit Blick auf den an den Sozialdemokraten gescheiterten Anlauf für eine rot-grüne Minderheitsregierung. "Wer grüne Politik will, muss grün wählen und nicht SPD."
Inhaltlich forderte der Parteitag einen "Grünen New Deal" zur Bewältigung der Finanzkrise. Dabei sollen die Finanzmärkte stärker reguliert werden, verbunden mit einem Konjunkturprogramm zugunsten von Umwelt, Bildung und Sozialpolitik. Zu letzterem gehörten auch Mindestlöhne und höhere Regelsätze für Hartz-IV-Empfänger.
Grüne setzen auf erneuerbare Energien
In der Energiepolitik verlangten die Grünen, spätestens 2050, möglichst aber bereits 2040, die gesamte Energieversorgung in Deutschland auf erneuerbare Energien umzustellen. Beim Strom soll der Umstieg auf hundert Prozent erneuerbare Energien möglichst bereits 2030 erreicht sein. Einhellig bekräftigten die Grünen Forderungen nach einem Verzicht auf den Bau neuer Kohlekraftwerke sowie nach dem Festhalten am Atomausstieg.
In der Friedenspolitik bekräftigten die Grünen den Vorrang ziviler Konfliktprävention und knüpften Auslandseinsätze an strenge Voraussetzungen. Deutlich kritische Töne gab es zur NATO, die in eine multilaterale Sicherheitsarchitektur integriert werden soll. Beim Thema Menschenrechte kritisierten die Grünen, diese würden vielfach im Kampf gegen den Terrorismus grob missachtet. Mit großer Mehrheit wurde die Schließung des US-Gefangenenlagers Guantanamo und die Aufnahme unschuldig Inhaftierter auch in Deutschland verlangt.
Für die Grünen ist die Wahl von Spitzenkandidaten eine Premiere. In den beiden vergangenen Bundestagswahlen war der damalige Außenminister Joschka Fischer von der Parteiführung als Spitzenkandidat ausgerufen worden.
Mit der Nominierung der Spitzenkandidaten rundeten die Grünen ihre personelle Neuaufstellung für das Wahljahr ab. Am Samstag (15.11.2008) war der türkischstämmige Cem Özdemir mit 79,2 Prozent der Delegiertenstimmen zum neuen Parteichef und Nachfolger von Reinhard Bütikofer gewählt worden. Die Co-Vorsitzende Claudia Roth wurde mit 82,7 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt. (as)