Ukraine-Krieg: Bald Soldaten aus dem Jemen?
26. November 2024Russland setzt im Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht nur Kampfdrohnen aus China und dem Iran ein, sondern auch nordkoreanische Soldaten und sogar ballistische Raketen aus Pjöngjang. Bald könnten sich wohl auch Kämpfer aus dem Jemen an dem Krieg beteiligen. Das jedenfalls berichtet die "Financial Times". In einem Bericht heißt es, die islamistische Huthi-Miliz werbe in ihrem Land Rekruten für einen Einsatz im russischen Militär an und habe durch "zwielichtigen Menschenhandel" schon Hunderte jemenitische Söldner an Russland vermittelt.
Huthi-Politiker soll Rekrutierung organisieren
Unter Berufung auf Betroffene berichtet die Zeitung, einige der Männer seien im Jemen mit der Aussicht auf bezahlte Arbeit in Russland und auf russische Staatsbürgerschaft geködert worden. Bei ihrer Ankunft in Russland seien sie dann aber für die russischen Streitkräfte zwangsverpflichtet und umgehend an die Front in der Ukraine geschickt worden.
Die Rekrutierung im Jemen laufe über ein Unternehmen, das von einem prominenten Huthi-Politiker gegründet worden sei. Ein Rekrutierungsvertrag, der der Zeitung vorliege, deute darauf hin, dass bereits seit Juli Jemeniten für das russische Militär angeworben werden. Die vom Iran unterstützte Huthi-Miliz hat seit Beginn des Krieges im Nahen Osten vor gut einem Jahr wiederholt westliche Tanker etwa im Golf von Aden angegriffen.
Warnung vor einem "globalen Krieg"
Sollten diese Berichte stimmen, "wäre dies äußerst besorgniserregend", heißt es aus dem Auswärtigen Amt. Die Gefahr eines "globalen Krieges" sei "ernst und real", warnt auch Polens Regierungschef Donald Tusk. Mit anderen Worten: Droht eine weitere Internationalisierung des Krieges?
Oder ist das längst Realität? So sagte Valerij Saluschnyj, der ehemalige Chef der ukrainischen Streitkräfte, jetzt Botschafter der Ukraine in Großbritannien, er glaube, dass der dritte Weltkrieg schon begonnen habe - weil längst viele Länder involviert sind.
Klar scheint: Nach neusten Schätzungen hat Russland bereits 700.000 Soldaten im Ukraine-Krieg durch Tod oder Verwundung verloren. Wohl auch deshalb kämpfen zur Zeit etwa 12.000 Soldaten aus Nordkorea, die Machthaber Kim Jong Un für den Kriegseinsatz nach Russland geschickt hat, vor allem in der Region Kursk.
Annalena Baerbock: Keine Grenzen in Putins Kriegsführung
Die aktuelle Meldung über Kämpfer aus dem Jemen in der Ukraine erreichte auch das Treffen der Außenminister der G7 in Italien. Dort sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne): "Sollte sich das bestätigen, dann unterstreicht das erneut, dass es in der Kriegsführung des russischen Präsidenten keine Grenzen gibt."
Wenig verwundert über die Berichte zeigt sich im Interview mit der DW Roderich Kiesewetter, Außenexperte der CDU-Bundestagsfraktion. Er sagt: "Russland hat seit geraumer Zeit enorme Probleme bei den Ressourcen, sowohl was Material in bestimmten Bereichen betrifft als auch Personal. Für die Mobilisierung russischer Soldaten muss er mittlerweile sehr hohe Anreizsummen zahlen und lockt mit Schuldenerlass."
Längst arbeite Präsident Putin eng etwa mit der islamistischen Terrorgruppe Hamas oder eben mit den Huthi-Milizen zusammen, die beide vom Iran unterstützt werden: "Es verwundert deshalb nicht, wenn nun jemenitische Kämpfer rekrutiert werden. Es gibt Hinweise, dass es sich hierbei nicht um Huthi-Terroristen, sondern um Jemeniten handelt, die unter falschen Versprechungen nach Russland gelockt werden und dann quasi zwangsrekrutiert werden."
Ausweitung des Krieges Wahlkampfthema in Deutschland
Immer wieder warnen Politiker in Deutschland vor einer weiteren Ausdehnung des Krieges, sowohl militärisch, personell als auch finanziell. Deutschland zählt im Moment neben den USA zu den stärksten Unterstützern der Ukraine. Allerdings ist mehr als unsicher, welche Rolle die Amerikaner künftig unter dem neuen Präsidenten Donald Trump einnehmen werden.
Im beginnenden Wahlkampf für die Neuwahl im Februar 2025 will sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) als "Friedenskanzler" präsentieren. Er weigert sich trotz intensiver Bitten aus Kiew, das Raketensystem Taurus zu liefern, das auch Ziele in Russland erreichen kann. So sagte er zuletzt: "Auch wenn wir und gerade weil wir der größte und verlässlichste Unterstützer sind, damit das Land sich verteidigen kann, machen wir bestimmte Dinge nicht - zum Beispiel Marschflugkörper liefern, zum Beispiel akzeptieren, dass mit den gefährlichen Waffen, die wir geliefert haben, tief in das russische Hinterland Ziele angegriffen werden können."
Das Thema der immer größeren Ausweitung des Krieges in der Ukraine dürfte also auch den deutschen Wahlkampf prägen. In der jüngsten Umfrage des "ARD-Deutschlandtrends", den das Meinungsforschungsinstitut "infratest-dimap" durchführt, sprachen sich 61 Prozent der repräsentativ Befragten dagegen aus, das Taurus-System an die Ukraine zu liefern.