Kurzbesuch im virtuellen Labor
15. April 2016Forensik gehört zur Popkultur. Sie steht im Mittelpunkt vieler Krimi- und Doku-Serien. Aber die eigentliche Handarbeit bleibt eine Black Box: Werden die Kittel angezogen, dann verschwimmt die Arbeit immer wieder zur Montage. Nachvollziehbare Laborarbeit sehen Zuschauer selten. Sie sehen bunte Flüssigkeiten in Pipetten, Reflexionen auf Schutzbrillen, flimmernde Computerbildschirme in halbdunklen Büros.
Das CSI Forensics Lab ist dagegen gut ausgeleuchtet. Durch große Fenster kann man eine großzügige Grünanlage erkennen. Auf den Arbeitsplatten stehen kühlschrankgroße Hightech-Geräte. Eine Laborantin steht hinter der Arbeitsplatte und gibt freundlich Anweisungen.
Das simulierte Labor
Das dänische Unternehmen Labster will zeigen, wie Laborarbeit wirklich aussieht. In Kooperation mit Universitäten entwickelt es virtuelle Laborumgebungen. Die 3D-Simulationen liegen im Grenzland zwischen Simulation, Spiel und Unterricht. Kurse lassen sich im Browser spielen. Hier klicken sich Spieler Schritt für Schritt durch Arbeitsabläufe verschiedener Labors. Verschiedene Unis setzen Labster ein, um den Unterricht in MINT-Fächern - etwa in Mathematik, Naturwissenschaften oder Informatik - lebendiger zu gestalten. Aber zur Unterhaltung taugen die Lernumgebungen mit ihren Textwüsten und eingestreuten Multiple-Choice-Fragen nicht.
Nun wagt Labster den Testlauf in der Virtual Reality: Das CSI Forensics Lab läuft auf "Gear VR", dem Virtual Reality-Headset von Samsung. Das Gear VR arbeitet mit bestimmten Smartphones von Samsung, es funktioniert ohne PC. Die Lösung ist technisch simpler, aber billiger.
Trotz guter Grafik, durchgehender Sprachausgabe und Panoramablick ist die Arbeit im Forensics Lab eher spröde. Immerhin wird ein richtiger Mord aufgeklärt. Als CSI-Beamte kommen Spieler zum Tatort. Doch die Spurensuche fällt leider aus. Der Polizist erklärt gleich den Tathergang, einen Verdächtigen gibt es auch schon. Spieler sollen nur eine Blutspur aufnehmen. So erschöpft sich die Szene am Tatort auf genau eine Interaktion: Den Blutfleck an der Tür anschauen, einmal auf das Touchpad der Gear VR-Brille tippen, fertig.
Genau auf die Finger geschaut
Damit aber beginnt die Arbeit erst. Denn die Verarbeitung der Blutprobe, die Erstellung des genetischen Fingerabdrucks wird nun detailliert im Labor durchgespielt. Marie erklärt in aller Ruhe jedes Gerät im Labor. Der Blick nach links führt auf ein Klemmbrett, mit der aktuellen Aufgabe und kleinen Info-Artikeln.
Jeder Wechsel der Pipettenspitze, jeder Handgriff wird abgearbeitet. Gesteuert wird ohne Controller, nur mit Blickrichtung und Touchpad. Das Erstellen und Vergleichen eines genetischen Fingerabdrucks nimmt zehn Minuten in Anspruch. Die Zeit reicht für einen kurzen, aber beeindruckenden Ausflug in die Molekularebene. Und am Ende hat der Spieler wirklich einen Eindruck, wie er einen genetischen Fingerabdruck erstellen könnte.
Tutorial statt Spiel
Labster VR ist nur ein Konzept, kein fertiges Spiel. Und das merkt man auch. Denkleistungen sind nicht gefragt. Bieten die Browser-Module von Labster immerhin noch Multiple-Choice-Fragen, müssen Spieler hier nur simple Anweisungen befolgen. Nach dem ersten Erfolg, nach dem Ende eines ausführlichen Tutorials, müsste das Spiel richtig losgehen. Aber es ist vorbei. Zur Belohnung sehen Spieler eine hölzern inszenierte Gerichtsszene. Der Cop vom Tatort taucht noch einmal auf und gratuliert uns: "Great work!" Nicht, dass Spieler irgendetwas hätten falsch machen können.
Der komplette Ausflug in das virtuelle Labor dauert nur eine Viertelstunde. Er bietet deutlich weniger Inhalte als die meisten Browser-Lehrmodule von Labster. Das CSI Forensics Lab ist eben nur eine Demo. Aber sie ist aufwändig und anschaulich inszeniert.
Dieser Text erschien zuerst auf der unabhängigen Plattform sciencegames.de. Die von der Bosch Stiftung geförderte Seite sammelt und bespricht digitale Wissenschaftsspiele.