Kunst und Kommerz
22. Januar 2007Das 21 Milliarden Euro teure Eiland soll sich über eine Fläche von 27 Quadratkilometer erstrecken und Annehmlichkeiten wie drei Yachthäfen, Golfplätze und ein Sieben-Sterne-Hotel bieten. Doch wenn die zahlungskräftigen Bewohner des Golfens müde sind und der Segeltörn am Wochenende zur lästigen Pflichtveranstaltung wird, muss für niveauvolle Unterhaltung gesorgt werden. Mit der leichten Muse will man sich aber auf der Insel der Glücks nicht zufrieden geben. Klotzen statt kleckern lautet die Devise: Museen, Kunstgalerien und eine Konzerthalle sind in Planung, um den Inselbewohnern den nötigen kulturellen Schliff zu geben.
Der französische Schriftsteller Jules Vernes hätte seine Freude an dem gigantischen Projekt. Er selbst beschrieb bereits 1895 in seinem Roman "Die Propellerinsel" das Leben schwerreicher Insulaner in der künstlich angelegten "Milliard-City". Doch was Vernes vor mehr als 100 Jahren zum Träumen verleitete, ist vielen seiner Landsleute heutzutage ein Graus. Stein des Anstoßes ist eine geplante Dependance des weltberühmten Pariser Kunstmuseums "Louvre" auf Saadijat.
"Louvre im Sand"
Frankreich sicherte Abu Dhabi bei dem Projekt technische Unterstützung zu und kündigte an, Leihgaben von Kunstwerken bereitzustellen. Außerdem darf die Museumsfiliale den prestigeträchtigen Namen "Louvre" im Namen führen. Kritiker bezeichnen das Projekt deshalb spöttisch als das "Louvre im Sand" und initiierten eine Petition gegen das Vorhaben. Bereits 1.300 Menschen, darunter 90 Museumsleiter und Kuratoren sowie Mitarbeiter des Kulturministeriums, hätten bereits unterzeichnet, berichtet das Kunstmagazin "La Tribune de l'Art".
Die französische Kunstszene macht aus ihrer Ablehnung keinen Hehl. Vom "Verkauf der Seele" ist die Rede. Das Abu-Dhabi-Projekt sei ein "diplomatisches Geschenk" an den ölreichen Staat. Bereits die Kooperation mit dem High Museum of Art in Atlanta, die im Oktober 2006 mit einer ersten Ausstellung begonnen hatte, erregte die Gemüter. Der frühere Direktor des Picasso-Museums in Paris, Jean Clair, kritisierte, dass Werke von Poussin und Raphael "in die reiche Stadt von Coca-Cola" geschickt würden, wofür der Louvre von den Sponsoren dick entlohnt werde. In der Tat verdient der Louvre an der Entleihung 5,5 Millionen Euro.
Auch Guggenheim-Museum in Abu Dhabi
Der französische Kulturminister Renaud Donnedieu de Vabres verteidigte die Pläne, der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate bei der Errichtung einer eigenen Version des berühmten französischen Museums zu helfen. "Es geht darum, das französische Kulturerbe in der Welt zu verbreiten, indem man die Werke für eine begrenzte Zeitspanne zur Verfügung stellt", erklärt Vabres. Auch Henri Loyrette, Direktor des Louvre, kann die Aufregung nicht verstehen. Der Louvre habe schließlich in seiner 200-jährigen Geschichte als Museum schon immer mit ausländischen Institutionen zusammengearbeitet.
Das Pariser Kunstmuseum folgt mit seinem Abu Dhabi-Projekt dem Beispiel des nicht minder bekannten Guggenheim-Museums. Neben seinen bereits existierenden Ablegern in Berlin, Venedig, Bilbao und Las Vegas baut das New Yorker Museum auch auf der "Insel des Glücks" eine neue Dependance. Schon im vergangenen Sommer zeigte sich der Kronprinz Abu Dhabis, Scheich Mohammed Bin Zayed Al Nahyan, von dem Engagement ausländischer Kulturinstitutionen begeistert. Die Eröffnung sei ein wichtiger Schritt in der Planung für den Kultur-Distrikt der Saadijat Insel. "Der Stadtteil wird das internationale Kulturzentrum im Nahen Osten." (chh)