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Regimekritiker wollen nicht ausreisen

13. Juli 2010

Während erste freigelassene Regimekritikern aus Kuba in Spanien eingetroffen sind, regt sich Kritik: zehn Dissidenten wollen die Ausreise aus ihrem Heimatland nicht als Vorbedingung für ihre Entlassung akzeptieren.

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Die Gruppe kubanischer Regimekritiker nach ihrer Ankunft in Madrid (Foto: AP)
Angekommen: Die freigelassenen Regimekritiker in MadridBild: AP

Insgesamt zehn politische Häftlinge in Kuba weigern sich, ihr Heimatland im Falle einer Freilassung zu verlassen und nach Spanien ausgeflogen zu werden. Die Regierung von Raúl Castro stelle die Dissidenten allein vor die Wahl "Gefängnis oder Verbannung", warf der Sprecher der kubanischen Menschenrechtskommission, Elizardo Sánchez, Präsident Castro vor. Er fordete, die Freiheit nicht an Bedingungen zu knüpfen. Zu den Häftlingen, die das Land nicht verlassen wollen, gehören der prominente Bürgerrechtler und Arzt Oscar Elías Biscet und der Journalist Pedro Arguelles.

Warum lassen sie diejenigen, die nicht ausreisen wollen, nicht einfach nach Hause?, fragte Laura Pollán, Sprecherin der "Damen in Weiß", einer Organisation von Angehörigen politischer Häftlinge. Selbst wenn ihr Ehemann, der 2003 zu 20 Jahren Haft verurteilte Héctor Maseda, sich fürs Exil in Spanien entscheiden sollte, will Pollán in Kuba bleiben und weiterkämpfen. So lange auch nur ein politischer Häftling hinter Gittern bleibt, wird es die "Damen in Weiß" geben, sagte Pollán der unabhängigen Internetzeitung Diario de Cuba. Der Erzbischof von Havanna, Jaime Ortega, hatte noch in der letzten Woche versichtert gesagt, die Ausreise sei keine Vorbedigung für die Entlassung.

Ausreise keine Vorbedingung

Inzwischen sind neun freigelassener Regimekritiker in Spanien eingetroffen. Zwei weitere werden am Donnerstag (15.07.2010) in Madrid erwartet. Unklar bleibt jedoch, was mit den übrigen Häftlingen geschieht. Der spanische Außenminister Miguel Angel Moratinos teilte in den vergangen Tagen mit, die Kubaner könnten nach ihrer Ankunft in Madrid entscheiden, ob sie im Land bleiben oder an einen anderen Ort gehen wollten. Dass Kubas behörden einer Wiedereinreise zustimmen, hält die opposition im Land allerdings für unwahrscheinlich.

Insgesamt will die spanische Regierung in den nächsten Wochen bis zu 20 freigelassene Oppositionelle aus Kuba aufnehmen. Nach Angaben der katholischen Kirche wird derzeit die Ausreise von 13 weiteren politischen Häftlingen aus Kuba vorbereitet.

Fariñas beendet Hungerstreik

Guillermo Farinas (Foto: AP)
Guillermo FarinasBild: AP

Die kubanische Führung hatte am vergangenen Mittwoch (07.07.2010) die Freilassung von 52 politischen Gefangenen angekündigt. Vorangegangen waren Verhandlungen Moratinos mit Kubas Staatschef Raúl Castro und dem vermittelnden Erzbischof von Havanna, Kardinal Jaime Ortega. Am Wochenende hatte die Diözese Havanna auf ihrer Webseite mitgeteilt, die ersten von insgesamt 52 kubanischen Dissidenten könnten sehr bald mit ihrer Freilassung und ihrer Ausreise nach Spanien rechnen.

Die Dissidenten waren 2003 zu drakonischen Haftstrafen von bis zu 28 Jahren verurteilt worden. Auch nach der Freilassung der insgesamt 52 Regimekritiker sitzen nach Angaben von Menschenrechtlern noch mehr als 150 Dissidenten in Kuba hinter Gittern. Unmittelbar nach der Ankündigung der Regierung in Havanna, Gefangene freizulassen, hatte der inhaftierte Regierungskritiker Guillermo Fariñas nach mehr als vier Monaten seinen lebensbedrohlichen Hungerstreik beendet.

Die "Damen in Weiß", eine Gruppe von Angehörigen politischer Gefangener in Kuba, demonstriert am Sonntag, 11.07.2010, für die Freilassung ihrer Söhne und Ehemänner (Foto: AP)
Auch ein Erfolg der "Damen in Weiß": seit Jahren demonstriert die Gruppe von Angehörigen politischer Gefangener für die Freilassung ihrer Söhne und EhemännerBild: AP

Fidel Castro gibt TV-Interview

Unterdessen zeigte sich am Montagabend der erkrankte kubanische Revolutionsführer Fidel Castro erstmals seit drei Jahren im Staatsfernsehen. Während der einstündigen Sendung kritisierte er die USA massiv und warf Washington unter anderem vor, für den Untergang der südkoreanischen Korvette "Cheonan" Ende März verantwortlich zu sein. Damit hätte ein Krieg zwischen Süd- und Nordkorea entfesselt werden sollen. Zugleich warnte er vor den wachsenden Gefahren eines Krieges mit dem Iran.

Eine Kubanerin sieht das Fernseh-Interview mit Fidel Castro (Foto: dpa/picture-alliance)
Erster TV-Auftritt seit drei Jahren: Fidel Castro beim "Runden Tisch"Bild: picture alliance / dpa

Unerwähnt ließ der in der Sendung als "Chefkommandant" vorgestellte Castro dagegen die nahezu zeitgleiche Freilassung der Regimekritiker. Die Dissidenten waren in seiner Amtszeit verhaftet worden. Dennoch bewerten Beobachter den Zeitpunkt von Castros Fernsehauftritt als Signal der Unterstützung für seinen Bruder und Amtsnachfolger Raúl Castro.

Offenbar möchte die kubanische Führung dem Verdacht entgegentreten, Raúl Castros Zugeständnisse an die Opposition könnten mit einem verschlechterten Gesundheitszustand seines Bruders zu tun haben. In dem Fernseh-Interview zeigte sich Fidel Castro entspannt und von stabiler Gesundheit, wenngleich seine Stimme brüchig klang.

Fidel Castro hatte 2006 die Amtsgeschäfte an seinen Bruder Raúl abgetreten. Er empfing aber immer wieder Staatsgäste - zu den häufigsten Besuchern gehörte Venezuelas Präsident Hugo Chávez. Außerdem veröffentlicht Castro eine regelmäßige Kolumne unter dem Titel "Reflexiones de Fidel", die vorrangig Kritik an den USA enthält.

Autor: Hartmut Lüning / Anne Herrberg (afp, ap, dpa, rtr, epa)
Redaktion: Eleonore Uhlich / Oliver Pieper