Krieg in der Ukraine, Gespräche in Minsk
1. September 2014Nach Angaben der ukrainischen Armee kämpfen russische Verbände im Osten des Landes bereits auf ukrainischem Territorium. Die Regierung in Kiew wirft Russland vor, militärisch aufseiten der Separatisten in den Konflikt eingegriffen zu haben: Ein Panzerbatallion soll in der Nähe des Flughafens der Stadt Luhansk gegen die Regierungstruppen gekämpft haben. Die ukrainischen Soldaten zogen sich nach Gefechten von dort zurück.
Präsident Petro Poroschenko sprach von einer "direkten und offenen Aggression", gegen sein Land. Nach den Worten von Verteidigungsminister Waleri Geletej ist ein "großer Krieg" ausgebrochen, "wie ihn Europa seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gesehen hat". Zehntausende Tote seien zu befürchten, schrieb Geletej auf seiner Facebook-Seite.
Lawrow dementiert, Merkel droht, Cameron warnt
Die Regierung in Moskau weist den Vorwurf zurück. Moskau habe keine Absicht, militärisch in der Ukraine zu intervenieren, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow. "Wir treten ausschließlich für eine friedliche Lösung dieser schwersten Krise ein - dieser Tragödie", sagte er laut der Agentur Interfax.
Für die Bundesregierung scheint der Fall hingegen klar: Bundeskanzlerin Angela Merkel warf Russland in ihrer Regierungserklärung am Montag vor, das Völkerrecht zu brechen. "Russland unternimmt den Versuch, bestehende Grenzen mit Gewalt zu verschieben", kritisierte sie. Inzwischen sei klar, dass es sich nicht um eine innerukrainische Auseinandersetzung, sondern um einen Konflikt zwischen Russland und der Ukraine handele. Sie drohte Russland mit weiteren Sanktionen durch die Europäische Union (EU). Es bestehe aber in der EU Einigkeit darin, dass es keine militärische Lösung des Konflikts gebe.
Die EU-Mitgliedsstsaaten diskutieren derzeit weitere Sanktionen gegen Russland. Innerhalb der nächsten Tage will Brüssel darüber entscheiden, ob und wie man die Strafmaßnahmen verschärfen will. Auch der britische Premierminister David Cameron hat Moskau mit Konsequenzen gedroht: Wenn Russland seine Politik nicht ändere, werde sich das Verhältnis zum Rest der Welt "radikal verändern".
Kontaktgruppe soll Ausweg aufzeigen
Während in der Ostukraine weiter geschossen wird, wollen die Vertreter der Konfliktparteien über eine Lösung des blutigen Konflikts reden. Im weißrussischen Minsk ist die Ukraine-Kontaktgruppe zusammengekommen.
An dem Treffen nehmen Vertreter der Ukraine, Russlands sowie der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) teil. Für die Ukraine ist deren ehemaliger Präsident Leonid Kutschma nach Minsk gereist. Russland wird von seinem Botschafter in der Ukraine, Michail Surabow, repräsentiert.
Die prorussischen Separatisten sind durch den stellvertretenden Anführer der Rebellen in der ostukrainischen Region Donezk vertreten. Andrei Purgin, Vize-Ministerpräsident der von den prorussischen Separatisten ausgerufenen Volksrepublik Donezk, ließ sich von der russischen Nachrichtenagentur Itar-Tass mit den Worten zitieren, er rechne nicht mit einem Durchbruch. Jede Seite werde eine Liste mit Punkten vorlegen, die sie bereit sei zu diskutieren.
Die Rebellen fordern unter anderem einen Sonderstatus für den Osten der Ukraine. Die besetzten Gebiete sollen nach ihrem Wunsch der Eurasischen Zollunion, die aus Russland, Weißrussland und Kasachstan besteht, beitreten dürfen.
sp/fab (afp/rtr)