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Koreanische Krise

Klaudia Prevezanos21. Oktober 2002

Nordkoreas heimlich entwickelte Atomwaffen belasten das Verhältnis zum Westen schwer. Dennoch erwarten Experten keine Eskalation der Lage. Stattdessen wollen Geberländer wie die EU-Staaten diplomatisch Druck machen.

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Frostige Atmosphäre: Vertreter Nord- und Südkoreas an einem TischBild: AP

Nun ist es heraus: Nordkorea hat eingestanden, unerlaubt Atomwaffen entwickelt zu haben. Dass zeitgleich in den vergangenen zwei Jahren Entspannungsgespräche mit dem südkoreanischen Bruderstaat vor sich gingen, scheint Kim Yong Nam nicht weiter zu stören. Der nordkoreanische Parlamentspräsident sagte am Sonntag (20. Oktober 2002) zu Vertretern aus Südkorea: "Wir sind unseren Weg gegangen und haben uns dabei nicht um das Wetter auf der koreanischen Halbinsel gekümmert." Nach den schwierigen Annäherungsversuchen der seit dem Korea-Krieg Anfang der fünfziger Jahre geteilten Staaten ist dies eine sprachliche Ohrfeige für den Süden. Doch im Anschluss an die Gespräche mit den Südkoreanern zeigte sich Kim, nach Staatschef Kim Jong Il zweitmächtigster Mann im Land, verhandlungsbereit mit den USA.

Hinfällige Vereinbarung

"Wenn die Vereinigten Staaten bereit sind, ihre feindliche Politik gegenüber dem Norden einzustellen, ist der Norden bereit, Sicherheitsbedenken mit Hilfe eines Dialogs zu lösen", sagte Kim am Montag. Am Mittwoch zuvor (16. Oktober 2002) hatte das US-Außenministerium bestätigt, dass Nordkorea heimlich Uran für nukleare Waffen herstellt. Daraufhin kündigten die Vereinigten Staaten Konsequenzen wegen Vertragsbruchs an. Denn im Oktober 1994 hatten die USA und Nordkorea ein Rahmenabkommen unterzeichnet, in dem das kommunistische Land auf ein Atomwaffenprogramm verzichtet. Als Gegenleistung sollte Nordkorea zwei Atomkraftwerke und jedes Jahr 500.000 Tonnen Heizöl erhalten. Inzwischen erklärte US-Außenminister Colin Powell die Vereinbarung wegen des Atomwaffenprogramms Nordkoreas für hinfällig.

Im nordkoreanischen Rundfunk wurde den USA am Montag vorgeworfen, ihren Teil der Vereinbarung nicht eingehalten zu haben. Die Reaktoren würden nicht wie versprochen bis 2003 fertig werden. Für den dadurch entstehenden Stromausfall müsse Nordkorea entschädigt werden. "Acht Jahre nach der Vereinbarung bewegen sich die USA immer noch um die Startlinie herum", hieß es in dem Beitrag. "Das ist entweder eine subtile Form der Drohung oder der Beginn von Verhandlungen über die Waffenrückgabe mit neuer Gegenleistung", sagt Joachim Krause vom Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel, im Gespräch mit DW-WORLD zum Eingeständnis Nordkoreas, Atomwaffen entwickelt zu haben.

Verzweifelte Lage

Warum das asiatische Land gerade jetzt zugegeben hat, Atomwaffen zu besitzen, ist auch in Expertenkreisen unklar. Dass Nordkorea Nuklearraketen haben könnte, ist hingegen nicht ganz überraschend. US-Geheimdienste berichteten schon vor Jahren von zwei Atombomben. Grund für Pjöngjangs Verhalten könnte die verzweifelte Lage im Land sein: Trotz Hilfe aus dem Ausland fehlten auch in diesem Jahr noch etwa 2,3 Millionen Tonnen Getreide, um die Bevölkerung zu ernähren. Seit 1996 sind an der anhaltenden Hungersnot im Land mindestens eine Million Menschen gestorben.

Obwohl die neue Situation das Verhältnis zwischen Nordkorea und den USA deutlich verschlechtert hat, rechnen Sicherheitsexperten nicht mit einer Eskalation der Lage. Die Vereinigten Staaten setzen zur Beilegung der Krise laut Außenminister Powell auf die Zusammenarbeit mit Verbündeten in der Region. "Es werden wohl zuerst alle diplomatischen Wege ausgeschöpft", sagt auch der Politikwissenschaftler Krause.

UNO-Sicherheitsrat soll handeln

Neben diplomatischen Gesprächen müssen Krause zufolge auch die Vereinten Nationen (UNO) eingreifen: "Wenn zentrale vertragliche Verpflichtungen missachtet werden, muss die UNO was machen." Neben dem Rahmenabkommen von 1994 verstößt Nordkoreas Atomprogramm gegen den Atomwaffensperrvertrag, die Sicherheitsbeschlüsse der Internationalen Atom-Energiebehörde (IAEA) und die gemeinsame Nord-Süd-Erklärung über die Entnuklearisierung der koreanischen Halbinsel. Krause erwartet darum vom UNO-Sicherheitsrat eine Resolution, die Nordkorea dazu verpflichtet, seine Nuklearwaffen an die IAEA abzugeben und Inspekteure ins Land zu lassen.

Wie die USA, erwägt auch die Europäische Union (EU), ihre Hilfsleistungen an Nordkorea zu unterbrechen. Allerdings wartet die EU-Kommission zunächst bis Ende der Woche, wenn der stellvertretende US-Außenminister John Bolton nach Brüssel kommt, um über die ersten Ergebnisse der Verhandlungen zu berichten. "Wir können uns aber nicht vorstellen, die Unterstützung fortzusetzen, wenn die nordkoreanische Regierung ihre Linie fortsetzt", sagte ein Kommissions-Sprecher auf Anfrage von DW-WORLD.