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Konzerne wollen teure Atomkraft loswerden

Gero Rueter13. Mai 2014

Die Endlagerung von Atommüll und der Abriss der Atomkraftwerke kosten Milliarden Euro. Die Stromkonzerne wollen die unkalkulierbaren Kosten auf den Staat abwälzen. Ihr Plan stößt auf breiten Widerstand.

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Das Atomkraftwerk Grohnde (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die drei deutschen Stromkonzerne RWE, Eon und EnBW haben Großes vor: Sie planen offenbar, die Verantwortung für den Betrieb der Atomkraftwerke, ihren Rückbau und die Endlagerung des radioaktiven Abfalls in eine staatlich kontrollierte Stiftung zu überführen. Über einen solchen Plan berichtet das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" in seiner aktuellen Ausgabe. Damit könnten sich die Energiekonzerne von den teuren und risikoreichen Folgekosten der Atomkraft trennen.

Die vorgesehene Stiftung soll die gesamte Atomindustrie unter einem Dach vereinen. Die Stiftung könnte den Betrieb der verbliebenen neun Atomkraftwerke, die zwischen 2015 und 2022 stillgelegt werden sollen, weiterführen und sich um den Abriss von insgesamt 33 deutschen Atomkraftwerken und die Endlagerung der nuklearen Abfälle kümmern.

Im Gegenzug bekäme der Staat die milliardenschweren Rückstellungen der Konzerne, die für den Rückbau der Atomkraftwerke und die Endlagerung angespart wurden. Nach Angaben des Wirtschaftministeriums liegen diese bei 36 Milliarden Euro.

Atommüllfässer in Morsleben, 2009 (Foto: dpa)
Die Suche nach einem Endlager für hochradioaktivem Atommüll beginnt in Deutschland neu. Die Kosten sind ungewiss.Bild: picture-alliance/dpa

Sorge um Folgekosten der Atomkraft

Die Sorgen um die hohen und unkalkulierbaren Folgekosten aus der Atomkraft sind nicht neu. Bei den Koalitionsverhandlungen im vergangenen Dezember diskutierten Union und Sozialdemokraten über einen öffentlich-rechtlichen Fonds für die anfallenden Entsorgungskosten. Die Atomkonzerne sollten ihr angespartes Geld darin einzahlen. Verhindert werden sollte damit auch, dass die Rückstellungen für die Entsorgung im Falle einer Insolvenz der Energiekonzerne verloren gingen. Aus Angst, die schon angeschlagenen Energiekonzerne mit solch einem Fonds weiter zu schwächen, gab es jedoch keine Einigung im Koalitionsvertrag, sagte Energieexperte Ulrich Kelber (SPD) im DW-Interview.

Umweltschützer befürchten, dass die Rücklagen der Energiekonzerne nicht für den Abbau der Kraftwerke und die sichere Endlagerung für über 10.000 Jahre reichen werden. In einer Studie im Auftrag von Greenpeace errechnete das Forum für Ökologisch-soziale Marktwirtschaft die tatsächlichen Kosten für Rückbau und Entsorgung eines AKWs auf rund 1,8 Milliarden Euro und stützt sich dabei auf Studien aus dem Nachbarland Schweiz. Zudem zeigten die Erfahrungen bei Großprojekten, dass deren Realisierung stets teurer werde als geplant. Nach Ansicht von Greenpeace müssten deshalb die Energiekonzerne mit mindestens 44 Milliarden Euro vorsorgen.

Debatte um zukünftige Kosten

Die durch den "Spiegel" bekanntgewordenen Pläne stoßen auf Kritik und Vorbehalte in der Politik. "Getreu dem Motto 'Gewinne werden privatisiert, Verluste sozialisiert' wollen sich die Atomkonzerne jetzt billig aus der Verantwortung der von ihnen verursachten Atommüllfolgenschäden schleichen", sagt Hubertus Zdebel, atompolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke im Bundestag. Der schleswig-holsteinische Energie-und Umweltminister Robert Habeck (Grüne) betont, "die Bundesregierung dürfe mit den Energiekonzernen nicht über eine Auslagerung des Geschäftsrisikos in eine öffentlich-rechtliche Stiftung verhandeln".

Offener für die Überlegungen der Atomkonzerne über einen Altlastenfonds äußerte sich dagegen Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier: "Wir können nicht warten bis die Unternehmen pleite sind und am Ende der Steuerzahler die ganze Angelegenheit übernimmt."

Zurückhaltend reagiert die Bundesregierung. Es mache keinen Sinn, über etwas zu spekulieren, für das es keinen Anlass gebe, so Michael Schroeren, Sprecher der Umweltministerin. Er betonte auf Nachfrage, dass es keinerlei Kontakte zwischen seinem Ministerium und der Atomindustrie zu dem Thema gegeben habe. Deshalb gehe die Regierung weiterhin davon aus, dass die volle Verantwortung für die Entsorgung bei den Betreibern der Atomkraftwerke liege - also auch für die Kosten: "Es gilt das Verursacherprinzip."

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag: "Es gibt weder Verhandlungen noch Beschlüsse zu diesem Thema."Auf Nachfrage sagte er, das Dementi beziehe sich ausdrücklich nicht auf "Gespräche".

Die Atomkonzerne Eon, RWE und EnBW lehnen bisher jeden Kommentar zu der Veröffentlichung ab. Die Deutsche Umwelthilfe betont, die Energiekonzerne hätten sich vier Jahrzehnte lang mit der Kernenergie eine goldene Nase verdient. "Jetzt, wo es darum geht, Verantwortung zu übernehmen, stehlen sie sich mit einem faulen Kompromiss durch die Hintertür davon", so Hauptgeschäftsführer Jürgen Resch.