Kontrollierte Kostenexplosion
Obwohl der EU weniger wohlhabende und stark landwirtschaftlich geprägte Staaten beitreten, sei die Befürchtung einer Kostenexplosion durch die Ost-Erweiterung unbegründet. Zu diesem Schluss kommt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in einer Ende 2002 vorgelegten Untersuchung. Selbst wenn im Jahre 2013 zehn neue Staaten hinzugekommen seien, könnten die zusätzlichen Kosten aus dem Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gedeckt werden. Insgesamt könnten die Ausgaben für die EU sogar geringer ausfallen als heute.
Minus für arme Alt-Mitglieder
Einsparungen ergeben sich etwa durch verringerte Zahlungen an bisherige Mitgliedsländer. Bisherige Praxis ist, dass die EU-Mitgliedsstaaten Leistungen aus den Strukturtöpfen der EU erhalten, die ärmer sind als der Durchschnitt aller Mitgliedsländer. Für das DIW bedeutet dies, dass - anders als bei der Agrarpolitik - die heutigen Mitglieder künftig viel geringere Zahlungen in der Strukturpolitik bekommen werden. Der Grund: die Regionen, die heute in der EU unterstützt werden, werden relativ reicher, wenn das durchschnittliche EU-Einkommen sinkt.
Protest vorprogrammiert
Das bringt natürlich jene Länder auf die Barrikaden, die bislang aus den Mitteln der EU am meisten profitieren. So sieht das DIW wenig Bereitschaft der heutigen EU-Mitglieder, einzusparen und auf Mittel zu verzichten. Die Reform der kostenintensiven Strukturpolitik werde sehr schwierig, sei aber dringend notwendig. Das sei ein Thema für "die große allgemeine Schlacht um das EU-Budget im Jahre 2005 und 2006", sagt Christian Weise, Mitautor der DIW-Untersuchung, der Deutschen Welle. Das werde jetzt kein Thema in Kopenhagen sein.
Abschied von der Einkommenssicherung
Einsparungen seien aber notwendig, da neue Mittel beispielsweise für die Sicherheitspolitik frei gemacht werden müssten. Man müsse daher auch das Ziel der Einkommenssicherung für Landwirte abschaffen. Jeden Euro, den man dafür ausgebe, könne man nicht mehr für sinnvolle EU-Aufgaben ausgeben, wie zum Beispiel die Stabilisierung der neuen Mitglieder und jener Staaten, die dann in der neuen Nachbarschaft der Europäischen Union liegen werden: der Balkan, die GUS und Nordafrika.
Konzentration auf Arme
Die Ausgaben der EU sollten sich konsequenter als bisher auf jene Staaten konzentrieren, deren Bruttoinlandsprodukt pro Kopf unter dem Durchschnitt aller Mitgliedsländer liegt, meint das DIW. Man gebe heute noch sehr viel Geld für Mitgliedsstaaten aus, die über dem EU-Durchschnitt liegen. Die heutigen Verteilungsregeln seien also "relativ inkonsistent" und folgten dem Ansatz, dass "irgendwie jeder was abbekommen soll". Wenn man diesen Ansatz aber auf künftig 25 Mitgliedsstaaten übertrage, werde man äußerst aufgeblähte Ausgabeprogramme produzieren.
Neuer Abstimmungsmodus
Um solche Beschlüsse durchsetzen zu können, fordert das DIW ein verändertes Abstimmungsverfahren. Die bisher erforderliche Einstimmigkeit sei bei steigender Mitgliederzahl nicht mehr praktikabel. Das DIW setzt sich für die Einführung des Abstimmungsprinzips der "Doppelten Mehrheit" ein. Beschlüsse im Rat sollten nur dann zu Stande kommen, wenn die Mehrheit der Mitgliedsstaaten dahinter steht und diese Mehrheit aber zugleich auch eine Mehrheit der EU-Bevölkerung insgesamt repräsentiert. Bei 25 Mitgliedsstaaten käme also ein Beschluss nur zustande, wenn mindestens 13 Staaten dafür stimmten, die nicht die kleinsten wären. (Bericht vom 5.12.2002)