Kommunalwahlen im Kosovo
17. September 2009Die Belgrader Politiker sind sich einig, dass die Voraussetzungen für die Beteiligung der Kosovo-Serben an den Kommunalwahlen am 15. November nicht geschaffen sind. Im Kosovo ist die Sicht differenzierter. Das Bündnis „Veitstag“ aus Gracanica (der Veitstag fällt auf den 28. Juni und wird von den Serben als Gedenktag an die verlorene Schlacht auf dem Amselfeld 1389 gefeiert – Anmerk. der Redaktion) hat bereits bestätigt, dass seine Politiker zur Wahl antreten werden. Der Vorsitzende des Bündnisses Nebojsa Peric sieht in der Teilnahme die letzte Chance für die Kosovo-Serben, sich institutionell zu organisieren. „Die Kommunalwahlen sind unerlässlich, damit sich eine politische Führung in der serbischen Gemeinde herausfiltert, dass eindeutige politische Botschaften geschickt und Menschen, Persönlichkeiten ausgewählt werden, die die serbische Gemeinde vertreten.“
Peric vertritt die Ansicht, dass die Bereitschaft auf Seiten der Serben, zur Wahl anzutreten, bedeutend höher läge, wenn die Dezentralisierung der Verwaltung im Kosovo weiter vorangeschritten wäre und sich Kommunen mit serbischer Mehrheit herausgebildet hätten. „Allerdings hat sich die Einrichtung der Kommunen erheblich verspätet. Meiner Meinung ist das der Hauptgrund für die Angehörigen der serbischen Gemeinde, die Teilnahme an den Wahlen abzulehnen.“
Serbische Gemeinden fordern mehr Kompetenzen
Genau dieses Argument, die nicht umgesetzte Dezentralisierung, führen die Hauptgegner der Teilnahme serbischer Parteien an den Kommunalwahlen an. Dragan Velic ist Vorsitzender des Serbischen Nationalrates von Kosovo und Metohija. Er sagt, für die Wahlbeteiligung der Serben sei es notwendig, den Plan des ehemaligen UN-Sondergesandten für das Kosovo, Martti Ahtisaari, über die Dezentralisierung der Verwaltung zu ändern. „Mehr Zuständigkeiten müssen von der zentralen an die kommunale Verwaltung übertragen werden“, fordert Velic und fügt hinzu: „Außerdem müssen Schutzmechanismen für den Erhalt dieser Gemeinden eingeführt werden, damit die Zentralregierung im Fall von Veränderungen nicht einfach eine neu gebildete Gemeinde abschaffen kann, was nach dem aktuellen Ahtisaari-Plan möglich ist,“ sagt Peric.
Gemeinden existieren nur auf dem Papier
Für die schleppende Konstituierung mehrheitlich serbischer Kommunen macht Peric die internationale Gemeinschaft mitverantwortlich. „Im Februar vergangen Jahres hat das Parlament in Prishtina das von Ahtisaari vorgeschlagene Gesetzespakt gebilligt. Im Juni hat Präsident Sejdiu die entsprechenden Erlasse unterzeichnet. Seitdem aber existieren die Gemeinden Gracanica, Ranilug, Partes und Nord-Mitrovica nur auf dem Papier.“ Warum de facto nichts geschehe, fragt sich Peric. Er liefert die Antwort gleich mit: „Ich glaube, die internationale Gemeinschaft trägt die meiste Verantwortung“.
Neue Gemeinden nach den Wahlen
Der Chef des Internationalen Zivilbüros (ICO) und EU-Beauftragte im Kosovo, Pieter Feith, kündigte unterdessen die Konstituierung von drei neuen serbischen Gemeinden – Gracanica, Klokot-Vrbovac und Ranilug – sowie eine Erweiterung der bestehenden serbischen Gemeinde Novo Brdo gleich nach der Kommunalwahl am 15. November an. Laut dem Plan des ehemaligen UN-Chefunterhändlers Martti Ahtisaari sollen fünf Gemeinden gegründet werden.
Die neuen Gemeinden werden nach Angaben des ICO-Chefs auch einige erweiterte Befugnisse erhalten, wie den Schutz von religiösen Stätten und Kulturgut sowie die Bestellung von lokalen Polizeichefs. Feith erwartet, dass es demnächst auch Fortschritte bei der Bildung der Gemeinden Partes und Nord-Mitrovica geben wird. Kommunalwahlen in diesen beiden Gemeinden sollen gemäß den ICO-Plänen allerdings zu einem späteren Termin bis Mai nächsten Jahres stattfinden. Feith hofft nun, dass die Bürger dieser Gemeinden „die Zukunft in die Hand nehmen“ und sich an den Wahlen am 15. November beteiligen.
Autorinnen: Zulfija Jakupi / Mirjana Dikic
Redaktion: Birgit Görtz